SCHÖNHEIT
Wenn wir zu den nichtigeren Fragen von Schönheitsbegriffen kommen (Genießen von frischer Luft und Schönheit der nicht-verunreinigten Landschaft), finden wir, dass dies auch eine Sache ist, die in der Tora behandelt wird.
Stadtplan für Schönheit – in der Tora
lm wahrscheinlich ersten aufgezeichneten Beispiel von einer Stadtplanungs-Gesetzgebung lesen wir in der Tora, dass die 48 Städte, die für die Levijim reserviert waren, einen Gürtel von 1000 Ellen Weite um die Stadt herum als „migrasch“ (offene Landschaft) sowie auch weitere 2000 Ellen für landwirtschaftlichen Nutzen haben mussten. Was ist die Funktion des Migrasch? Raschi sagt: Migrasch – ein offener Platz um die Stadt herum als Verschönerung für die Stadt (noi la’ir); dort darf nicht gebaut werden, dort darf nichts gepflanzt oder angebaut werden. Nach Rambam sind diese Gesetze nicht nur auf die Ievitischen Städte, sondern auf alle Städte lsraels anwendbar.
Wir sehen, dass die Tora 3500 Jahre im Voraus den „Grünen Gürtel“ moderner Zeiten als Gesetzgebung vorausgesehen hat.
Sauberkeit – eine lebenswichtige Notwendigkeit
Der gleiche Abschnitt in der Tora dient als Basis für eine bemerkenswerte Verfügung, was uns zeigt, wie weit unsere Rabbiner „Rücksicht auf die Umwelt“ als Faktor für geistige Gesundheit betrachtet haben. Die Tosefta zu Bawa Mezia, die im Talmud erwähnt wird, erzählt die folgende Halacha: Wenn eine Quelle als Wasserversorgung für zwei Städte dient, aber die Versorgung für beide ungenügend ist, dann hat die Stadt, die der Quelle näher gelegen ist, Vorzug für alle ihre Bedürfnisse – Trinkwasser, Tiere, Wäsche etc. solange die Bedürfnisse gleichartig sind. Wenn man zwischen dem Trinkwasser der weiter entfernt gelegenen Stadt und dem Wasser für die Wäsche der näher gelegenen Stadt wählen muss, dann hat die weiter gelegene Stadt den Vorzug. Rabbi Jose hingegen sagt: sogar in diesem Falle kommt die näher gelegene Stadt zuerst; ihre Wäsche hat Vorzug vor dem Trinkwasser der entfernteren Stadt.
Um diesen überraschenden Entscheid von Rabbi Jose zu begründen, führt die Gemara eine Erklärung des Amora Schmuel an, der sagt, dass das ständige Tragen von schmutzigen Kleidern Depressionen und geistige Unbeständigkeit hervorrufen könne.
Die Gemara erzählt weiter, dass der Tanna lsi bar Jehuda einmal den Schiur von Rabbi Jose an drei aufeinanderfolgenden Tagen nicht besucht hatte. Vardimos, der Sohn von Rabbi Jose, traf ihn und fragte ihn, weshalb er abwesend gewesen sei?
„lch verstehe nicht die Gründe der Erklärungen Deines Vaters, wie kann ich denn noch kommen?“ antwortete er. „Sage mir, was Du nicht verstehst“, sagte Vardimos, “vielleicht kann ich behilflich sein“. „Es war der Entscheid von Rabbi Jose, dass die Wäsche des einen Vorzug genießt über lebenswichtige Notwendigkeiten des andern. Wo kann hier nur die Basis dafür in der Tora bestehen?“ fragte er. „lch werde es Dir erklären“, sagte Vardimos. „Es steht geschrieben: Die offenen Plätze sollen für ihre Tiere, ihr Eigentum und lechol chajasom – alle ihre lebenswichtigen Bedürfnisse sein“. „Was heißt ihre lebenswichtigen Bedürfnisse? Tiere und Eigentum sind schon erwähnt worden. Bedürfnisse im Sinne von Luft. Wasser etc. müssen nicht erwähnt werden. Ich kann es nur auf das Waschen von Kleidern beziehen, wegen der großen Gefahren (für geistige Gesundheit), die im ständigen Tragen von beschmutzten Kleidern besteht.“
Es sollte bemerkt werden. dass R. Acha Gaon in seinen Scheiltot erklärt, dass die Halacha nach Rabbi Jose beschlossen wird.
Es kann keine klarere Illustration für die Wichtigkeit der Halacha in Bezug auf die Reinheit der Umgebung geben.
Die Halacha nimmt auch die deprimierenden Einflüsse der atmosphärischen Verschmutzung wahr. Dies wird gezeigt durch das Verbot von Ziegelöfen innerhalb der Stadtgrenzen von Jerusalem. Der Grund ist die Verhinderung – des Schwärzens der sichtbaren Oberflächen der Gebäude.
Der Wert der Schönheit
Die Weisen der Tora betonen die Wichtigkeit von Sauberkeit, Schönheit und Natürlichkeit der Umgebung für die ausgeglichene Entwicklung der Persönlichkeit. Rabbi Abraham, der Sohn von Maimonides, zählt in seinem Buch „Was wir für den Dienst an G-tt benötigen“ den Genuss der Schönheit der Natur, wie das Betrachten von blumigen Wiesen, erhabenen Bergen und majestätisch fließenden Flüssen als wesentlich für die geistige Entwicklung sogar der höchsten Kategorie von Menschen auf. Und auch vor nicht zu langer Zeit hat einer der führenden Männer der Mussar-Bewegung, Rabbi Joseph Leib Bloch, der Gründer der Telser Jeschiwa, die Wichtigkeit der Entwicklung des ästhetischen Sinnes betont. Er kam zum Schluss, dass „ein großer Mensch mit allen seinen Möglichkeiten leben und aufmerksam und feinfühlig gegenüber allem sein muss. Er soll seine Gefühle nicht verneinen. Je größer er ist, desto wacher und lebendiger werden auch seine Gefühle sein. Sein Sinn für Schönheit wird sehr entwickelt sein; er wird mit Verwunderung und Erregung den Anblick der herrlichen Natur und den Ton von angenehmer Musik erleben. Der Anblick eines schönen Geschöpfes wird ihn in Ekstase versetzen… und er wird wissen, wie er diese Gefühle für den erhabenen Zweck, seinen Schöpfer anzuerkennen, benutzen… und über Seine Macht und Größe nachdenken soll.
(Erschienen in der Jahresschrift zum Jubiläum der Jüdischen Schule Zürich, herausgegeben von R’ A. Lewenstein SZL).
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