„we’Awar alav Ruach Kin’ah weKineh et Ischto – und es kommt über ihn (den Ehemann) ein Geist der Eifersucht und er ist eifersüchtig auf seine Frau [warnt seine Frau]… (5,14)
Die ganze Parscha der „Sota“ mit all ihren Halachot und Auswirkungen beginnt erst nach einer ausdrücklichen Warnung des Mannes an seine Frau (im Beisein von Zeugen[1]), sich nicht alleine mit einem anderen Mann an einem unbeobachteten Ort aufzuhalten.
In der Gemara wird für das Wort „Kin‘ah“ zwei verschiedene Interpretationen gegeben:
a) Nach Resch Lakisch bedeutet es „Eifersucht“, die der Mann zwischen seiner Frau und ihren Freunden/Bekannten sät, und nach Abaje zwischen ihr und sich selbst.
b) Raw Nachman bar Jizchak hingegen versteht es als „Warnung“, denn der Mann warnt seine Frau[2].
Rabbi Jakov Zwi Mecklenburg sZl., der Raw von Königsberg kommentiert die zweite Deutung, dass diese nur eine Drascha der Chasal sei, da er in der grammatischen Wurzel des Wortes keinen Zusammenhang zwischen „Kin’ah“ mit „Warnung“ gibt[3]. Raw S.R. Hirsch sZl. hingegen verstand es auch hier in die Tiefe der Lehren von Chasal einzudringen und schreibt: „Es besteht eindeutig eine Verwandtschaft zwischen dem Wort קנה (Kinjan) – erwerben/besitzen und קנא (Kin’ah) – eifern/beneiden. Der Eifersüchtige versucht, sein Eigentumsrecht geltend zu machen und zu verteidigen. Wer jemanden um etwas beneidet, möchte diese Sache als sein berechtigtes Eigentum beanspruchen.
Der Besitz einer gewissen Sache oder der Wunsch nach Besitz lösen die Eifersucht und den Neid aus.
„weKineh et Ischto” – “auf seine Frau eifersüchtig zu sein“, heisst daher, seinen Anspruch auf seine Frau geltend machen, sie als ihm eigen zu fordern, sie an die Rechte erinnern, die er als Ehemann an ihrer Person hat und sie vor deren Verletzung „zu warnen“[4].
Der „Ruach Kin’ah“ der dem Mann überkommt, ist somit das Gefühl, dass er sich durch die Untreue seiner Frau verletzt sieht, oder verletzt zu werden droht – daher warnt er sie. Chasal deuten also gar nicht das Wort „Kin’ah“ als von „Warnung“ stammend, sondern erklären den Sinn dieses Eifers, dass der Ehemann damit eine Warnung ausdrücken möchte.
Da wir in der heutigen Zeit – ohne das Bet haMikdasch – kein „Mej-Sota“, kein „Untersuchungs-Wasser“ herzustellen können, wird vorgeschrieben, dass solche Warnungen heute nicht in Gegenwart von Zeugen vorzunehmen sind. So schreibt der Rambam: „Es ist eine Mizwa der Chachamim, dass die Bne Jisrael auf ihre Frauen achten… aber man mache dies nicht vor Zeugen, nur zwischen ihr und ihm, auf ruhige und bedachtsame Weise!“[5]
Aus den Worten des Rambam ist eindeutig seine ‘Haschkafa‘ (Betrachtungsweise) zu erkennen, wonach der ganze Zweck dieser „Kin’ah“ als private Angelegenheit zwischen Mann und Frau zu verstehen ist. Ferner ist hier nicht von Geschrei und Zwist die Rede, sondern von „ruhiger und bedachtsamer“ Zusammenarbeit zum gemeinsamen Aufbau einer harmonischen Ehe, eines jüdischen „Bajit Ne’eman“, in dem echter „Schalom Bajit“ herrscht.
Daher erklären Chasal, dass die Tora an dieser Stelle mit „Kin’ah“ nicht etwa die gewöhnliche Eifersucht und Neid meint, auf die der Ehemann quasi „ein Recht“ haben soll.
Stattdessen ist hier die Rede von einem „Ruach Tahara“ (einem reinen Geist)[6] – mit dem versucht wird, dem Eheleben Z’niut und Keduscha zu verleihen!
Daher ist die Einleitung von Resch Lakisch treffend, als er die seinen Schülern die ‘Parscha von Sota‘ lehrte und diese mit folgendem Ausspruch begann: „En mesawgin leAdam ela lefi Ma’asaw – dem Mensch wird sein Siwug (Ehepartner) nur gemäss seinen Taten zugeteilt“[7]. Wer etwas an seinem „Siwug“ auszusetzen hat, muss zuerst seine eigene Lage überdenken und seine „Awodat Haschem“ einer genauen Prüfung unterziehen. Schliesslich wurde ihm sein Siwug gemäss seinen eigenen Taten und seiner geistigen Stufe angepasst und ausgesucht!
Ist er jedoch nach seiner Heirat auf einer höheren ‘Madrega‘ (Stufe) aufgestiegen und hat seine Frau nicht ebenso geistig inspiriert und mitgezogen, so ist es seine Pflicht, diesen Schaden zu beheben und sie auf bedachtsame Weise zu fördern und mit sich zu nehmen, bis das Haus wieder im harmonischen Einklang steht.
Der Ehemann muss aber selbst Bilanz ziehen und seine eigenen Verfehlungen untersuchen und in Ordnung bringen.
Sein eigenes Abweichen hat sicher auch die Verfehlungen seiner Frau verursacht. Deshalb hat die Tora die Parscha des „Nasir“ an die Parscha der „Sota“ gehängt, wie Chasal folgern: „Wer eine Sota in ihrer Verfehlung sieht, der trenne sich vom Wein!“[8]
Dies bedeutet nicht, dass jeder, der eine Sota sieht, sich vom Wein trennen muss. Hier ist derjenige gemeint, der seine Frau eines fehlerhaften Verhaltens verdächtigt. Bevor er aber mit seinen Verdächtigungen fortfährt und sie beschuldigt, muss er zuerst das Gleichgewicht im Haushalt wieder herstellen und die Ursachen dieser Verfehlungen zuerst bei sich suchen.
- Rambam Hilchot Sota 1,1 und Schu“A (Ew“H 178,2) ↑
- Sota 2b-3a ↑
- haKetaw wehaKabbala zur Stelle ↑
- Chumasch Hirsch zur Stelle ↑
- Rambam Ende Hilchot Sota ↑
- Wie die Ansicht von Raw Aschi in Sota 3a ↑
- ibid. 2a ↑
- ibid. ↑