Pfade zur Erziehung – Häusliche Harmonie

Datum: | Autor: Rav Matityau Salomon | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Harmonie

Rabbi Matisjohu Salomon ist Maschgiach Ruchani (geistiger Aufseher) der berühmten Jeschiwa „Beth Medrasch Govoha“ in Lakewood, New Jersey. Er ist ein Schüler von Rabbi Elijahu Lopian SZL.

Fortsetzung

Kap. 4: Häusliche Harmonie

Wie lehren wir also unsere Kinder, Kawod für ihre Eltern zu haben? Wir können sie nicht einfach hinsetzen und ihnen den Pasuk in der Torah vorlesen und sagen, dass sie dieses Gebot befolgen müssen. Es genügt nicht, ihnen einfach das Gesetz zu sagen. Kinder zu lehren, Kawod für ihre Eltern zu haben, ist ein sehr wichtiger Teil des Chinuch. Man muss einen Ablauf befolgen und die richtigen Schritte unternehmen.

Es beginnt alles mit Schalom Bajit, häuslicher Harmonie zwischen Mann und Frau.

Es kann keinen echten Kawod für Eltern geben, wenn es kein Schalom Bajit gibt. Wenn ein Kind eine wunderschöne Beziehung zwischen seinen Eltern sieht, wenn es die Liebe zwischen ihnen spürt, wenn es erkennt, wie ihr Verstand sich trifft wenn sie vor Problemen stehen, wenn es erlebt, wie sie gütig und respektvoll miteinander sprechen, dann wird es von Natur aus seine Eltern respektieren. Doch wenn es Uneinigkeit im Hause sieht, wenn es Missgunst und Abneigung sieht, wenn es Zwietracht erlebt, wenn seine Eltern nicht anständig zu einander sprechen und vielleicht auch noch negativ über einander, wie kann man dann von ihm erwarten, dieselben Eltern zu ehren? Wie kann man von ihm erwarten, seine Eltern zu respektieren, wenn sie einander nicht respektieren und ehren?

Ohne Schalom Bajit sind die Fundamente des Hauses in Trümmern und zerstört. Ohne Schalom Bajit kann es keinen Kawod für Eltern geben und ohne Kawod gibt es keinen Chinuch.

Es scheint mir, dass die ganze Mizwa von Schana Rischona, dass der Mann seiner Frau während des ersten Jahres der Ehe besondere Aufmerksamkeit schenken soll, aus dem Grund gegeben wurde, dass man ein solides Schalom Bajit haben soll, bevor die Kinder kommen. Wenn im Haus eine Atmosphäre von Kawod herrscht, so kann das Kind Kawod für seine Eltern haben.

Der Chatam Sofer äussert dazu einen interessanten Gedanken. Die Torah spricht über die Strafe, die ein Ben Sorer uMore erhält, ein rebellischer Sohn (Dewarim 21:18). Die Gemara sagt (Sanhedrin 71a), dass dieses Gesetz nur gilt, wenn Mutter und Vater „dieselbe Stimme“ haben. Wir nehmen an, dass ihre Stimmen gleich tönen müssen, entweder hat sie eine männliche Stimme, oder seine Stimme tönt wie die einer Frau. Doch der Chatam Sofer versteht das anders. Er sagt, die „gleiche Stimme” bedeutet, dass sie beide dieselbe Meinung haben. Sie sprechen dieselbe Sprache zu ihren Kindern; sie haben die gleiche Weltanschauung. Sie haben die gleichen Meinungen, und selbst wenn sie manchmal nicht der gleichen Meinung sind, so finden sie einen Kompromiss, der beiden passt. Sie bilden eine einige Front gegenüber ihren Kindern, ohne Streit und Unstimmigkeit. Sie sprechen „mit einer Stimme“. Denn wenn sie das nicht tun, so kann der rebellische Sohn für sein Verhalten nicht verantwortlich gemacht werden, denn er hat keinen echten Chinuch erhalten.

Die Kette der Tradition

Die Torah sagt uns (Wajikra 19:3): „Ein Mann soll seine Mutter und seinen Vater fürchten, und ihr sollt meinen Schabbat hüten.” Was ist die Verbindung zwischen diesen zwei Teilen des Pasuk? Die Gemara erklärt (Jewamot 5b): Man könnte meinen, man müsse den Eltern gehorchen, auch wenn sie einem sagen, den Schabbat zu entweihen. Deshalb sagt uns die Torah, dass das nicht zutrifft.

Der Meschech Chochma findet das sehr erstaunlich. Weshalb würde es jemandem einfallen, dass man seinem Vater folgen muss, wenn er einem sagt, man müsse eine Aweira machen? Wir haben doch die Regel von „Diwre haRaw weDiwre haTalmid Diwre mi schom’im – wem gehorchen wir, wenn es einen Konflikt zwischen den Worten des Lehrers und den Worten des Schülers gibt?“ Weshalb sollten im Zusammenhang mit der Mizwa von Kibud Aw wa’Em die Regeln anders sein?

Die Antwort, so erklärt er, liegt in der grossen Wertschätzung der Mizwa von Kibud Aw wa’Em.

Wir wissen, dass die Asseret Hadibrot, die Zehn Gebote, in zwei Gruppen von je fünf geteilt waren. Die erste Gruppe auf der rechten Seite besteht aus Mizwot ben Adam la Makom, Mizwot, die sich auf unser Verhältnis zum Ribbono schel Olam beziehen. Die zweite Gruppe, die auf der linken Seite steht, besteht aus Mizwot ben Adam leChaweiro, Mizwot, die unser Verhältnis mit anderen Menschen bestimmen. Die Mizwa von Kibud Aw wa’Em ist die fünfte Mizwa in der ersten Gruppe. Wäre ihr Zweck nur, dass wir unsere Dankbarkeit und Wertschätzung für unsere Eltern ausdrücken, so würde sie nicht in diese Kategorie gehören. Es ist klar, dass es noch einen weiteren Aspekt bei dieser Mizwa geben muss.

Die Aufgabe der Eltern, so der Meschech Chochma, ist es, als „Leitung“ für die Überlieferung der Mesora zu dienen, der ungebrochenen Kette der jüdischen Tradition, von der früheren Generation zur nächsten. Jeder Aspekt des jüdischen Lebens kommt durch Überlieferung von unseren Eltern zu uns. Sie lehren uns von frühester Kindheit an, was richtig und was falsch ist, welche Einstellungen angebracht sind, welche Bräuche uns am Herzen liegen müssen, und die unzähligen anderen Lehren, die das reichhaltige Gewebe unseres Lebens ausmachen.

Wenn ihre Arbeit jedoch wirksam sein soll, so müssen wir sie ehren, denn wenn wir das nicht tun, wird sich ihr Einfluss auf uns vermindern.

Infolgedessen, schliesst der Meschech Chochma, könnten wir vielleicht denken, dass wir unsere Eltern ehren müssen, egal was sie uns auftragen, auch wenn das mitunter eine Entweihung des Schabbat bedeuten würde. Denn wenn wir die Erlaubnis haben, unseren Eltern auch nur gelegentlich nicht zu gehorchen, so würde das ihre Fähigkeit untergraben, die Mesora an uns weiter zu geben. Deshalb muss uns die Torah sagen, dass wir nicht gehorchen dürfen, wenn Eltern einem sagen, dass man gegen die Gesetze des Schabbat verstossen soll.

Also ist es so wichtig, dass Kinder ihre Eltern ehren, dass wir vielleicht denken würden, es sei besser, die Gesetze des Schabbat zu entweihen, als einen Mangel an Respekt gegenüber unseren Eltern zu zeigen. Wie können wir dann denken, dass es lobenswert ist, uns auf die Stufe unserer Kinder zu senken und auf den Respekt zu verzichten, der uns als Eltern zusteht? Wenn wir von unseren Kindern keinen Respekt verlangen, so werden sie nicht hören, was wir ihnen zu sagen haben. Sie werden keine Autorität respektieren. Und wir werden unsere Rolle als Bewahrer der Mesorah nicht ausführen können.

Respektvolle Stimmung

Es genügt nicht, wenn Eltern verlangen, dass ihre Kinder sie respektieren. Im Haus muss eine respektvolle Stimmung herrschen. Der Vater soll regelmässig mit den Kindern über die wunderbaren Dinge sprechen, welche die Mutter für die Familie tut. Er soll sie auffordern, ihre Wertschätzung zu zeigen, indem sie ihr einen Kuss geben und ihr sagen, wie speziell sie ist. Und die Mutter soll den Kindern sagen, welch einen guten Vater sie haben und sie soll ihnen ein Beispiel sein, indem sie aufsteht, wenn er das Zimmer betritt. Das ist guter Chinuch.

Der Chason Isch schreibt, dass Kinder mehr von Beispielen lernen, die ihnen vorgelebt werden, als von Lektionen und Worten. Respekt muss eine natürliche Nebenerscheinung der Stimmung und der Faktoren zu Hause sein.

Raw Elya Lopian sagte einmal: Was geschieht, wenn ein Junge eines Tages aufsteht und sagt: „Weshalb soll ich meinen Vater respektieren? Woher weiss ich, dass er mein Vater ist? Nur weil er das behauptet? Vielleicht ist er nicht mein Vater?” Also geht er zu seinem Raw und der Raw zeigt ihm eine Gemara (Chulin 11a), dass gemäss den Regeln der Wahrscheinlichkeit man annehmen kann, dass der Mann, der mit seiner Mutter verheiratet ist, auch sein Vater ist. Der Junge akzeptiert den Entscheid des Rabbiners und sagt: „In Ordnung, ich werde ihn basierend auf der Regel der Wahrscheinlichkeit respektieren.” Ist das Respekt oder nicht vielmehr das Gegenteil? Ein Mensch muss seinen Vater respektieren, weil es die natürlichste Sache ist, das zu tun. So wurde er aufgezogen, denn das war die Atmosphäre in seinem Elternhaus.

Das sind also die grundsätzlichen Prinzipien. Zuerst muss es Schalom Bajit zwischen Mann und Frau geben.

Die Kinder müssen sehen, dass ihre Eltern einander lieben und respektieren. Dann werden sie das Gefühl haben, dass auch sie sie respektieren müssen. Und sie werden sich dem öffnen, was ihre Eltern ihnen zu geben haben, ob es nun Anweisungen sind, Ratschläge oder sogar Zurechtweisung. Das ist die Basis eines guten jüdischen Hauses.

Fortsetzung folgt ijH

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT