Wochenabschnitt Massei – Die Mitschuld des Kohen Gadols am Totschlag infolge ungenügender Lehrtätigkeit ’seines‘ Priesterstammes

Datum: | Autor: Rav Schimschon Raphael Hirsch | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Kohen
Bearbeitet von Dr. Ari Lewenstein und erschienen im Buch „Glanzlichter der Tora – Meore Hassar“.

Bekanntlich liegt der Schwerpunkt des Berufes der Kohanim und Levijim, deren höchster Vertreter der Kohen Gadol ist, in den Begriffen Lehre und Sühne: Sühne (כַּפָּרָה) im Heiligtum und Lehre (הוֹרָאָה) außerhalb des Heiligtums. Diese beiden Elemente sind eng miteinander verbunden, gilt doch die Sühne, welche die Kohanim im Heiligtum vollziehen, fast ausschließlich der שְׁגָגָה, dem gedankenlosen Abirren vom rechten Weg. שְׁגָגָה geschieht vor allem durch einen Mangel an Ernst und Pflichtgefühl, der zu Gedankenlosigkeit und Unvorsichtigkeit führt. Es ist die Aufgabe und das Ziel des Priestertums, durch beständige Lehre im Volk den Geist der Erkenntnis und den Ernst zur exakten Pflichterfüllung so sehr zu verbreiten, dass jeder Mensch in Jisrael seine Schritte und Taten mit Umsicht und Vorsicht abwägt. Diese Haltung schließt Leichtsinn und sträfliche Gedankenlosigkeit aus und schützt damit auch vor שְׁגָגָה.

Wenn sträfliche Gedankenlosigkeit, שְׁגָגָה, zu einem Kapitalverbrechen, wie der Tötung eines Menschen geführt hat, so liegt in dem Ereignis ein Vorwurf und eine Mahnung an die Priester und an deren höchsten Repräsentanten, den Kohen Gadol.

Es ist dem Kohen Gadol und seinen Priesterkollegen nicht gelungen, den Geist des Ernstes und der Umsicht in der Erfüllung der Torah so weit im Volk zu verankern, dass eine sträfliche Unvorsichtigkeit, die zum Tod eines Unschuldigen führte, vermieden werden konnte. Damit trägt der Kohen Gadol als Repräsentant aller Kohanim eine Mitschuld am Geschehen, eine Mitschuld, die erst mit seinem Tod gesühnt wird. Mit seinem Tod wird so in tragischer Weise die andere Aufgabe des Kohen, כַּפָּרָה, Sühne zu vermitteln, erfüllt.

Interessanterweise wird der unabsichtliche Mörder gerade in eine Stadt von Levijim verbannt, womit er völlig dem Einfluss der Levijim, der Gehilfen des Priestertums, übergeben wird. Offensichtlich ist dies ein wichtiger Aspekt des Sühneprozesses des רוֹצֵחַ בְּשׁוֹגֵג und zugleich eine Möglichkeit der Wiedergutmachung des Priesterstammes. In diesem Umfeld soll dem רוֹצֵחַ der hohe Wert des menschlichen Lebens, des צֶלֶם אֱלֹקִים, wieder bewusst gemacht werden. Gleichzeitig soll ihm Umsicht und Vorsicht zur neuen Richtschnur seines zukünftigen Lebens werden.

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