Wochenabschnitt Schemini – Verbindung zu G-tt durch die Absonderung von Kriechtieren

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Kriechtiere

„Verunreinigt nicht eure Seelen durch alles Kriechende, das sich auf der Erde bewegt… Denn Ich bin Haschem, Der euch aus Mizrajim heraufgebracht hat, um euch zum G’tt zu sein. Daher sollt ihr heilig sein, denn Ich bin heilig“ (11,43-45).

Chasal bemerken, dass an den anderen Stellen, an denen in der Torah die Rede von „Jeziat Mizrajim“ ist, immer „wehozeti – ich habe hinausgeführt“ steht.

Hier aber heisst es „haMa’ale – der heraufgeführt hat“. Haschem sagte: „Wenn Ich Jisrael nur darum aus Mizrajim geführt hätte, damit sie sich nicht durch den Genuss von ‚Scherazim‘ (Kriechtiere) verunreinigen wie andere Völker, so wäre allein das schon Grund genug für sie gewesen. Denn dies ist eine Erhöhung für sie, und darauf wird mit ‘heraufgeführt‘ hingedeutet“[1].

Die Meforschim (Kommentatoren) wundern sich über diese Aussage: Welcher Zusammenhang besteht überhaupt zwischen diesem Verbot und dem Auszug aus Mizrajim? Und weshalb handelt es sich gerade beim Verbot des Genusses der „Scherazim“ um eine besondere ‘Erhöhung‘ für Jisrael?

Raw Schimon Schwab sZl. weist auf den bekannten Ausspruch von Chasal bezüglich anderer „Issure haNa’ah“, dem Genuss verbotener Speisen hin, worüber es in der Parschat Kedoschim heisst (20,26): „Woawdil etchem min ha’Amim lihjot Li – Ich trennte euch von den Völkern, auf das ihr mir gehört“. Rabbi Elasar ben Asarja lernte daraus, dass man nicht sagen solle: „Es widert mich an, Schweinefleisch zu essen; ich möchte kein Mischgewebe aus Wolle und Leinen (Schatnes) tragen“. Stattdessen sage man: „Ich möchte es sehr wohl, doch was soll ich tun, da es mir mein Himmlischer Vater verboten hat“. Darum steht „Ich trennte euch von den Völkern, auf das ihr mir gehört“. Man soll sich von den Taten der Nochrim „leSchem Schamajim“ (zugunsten von Haschem) fernhalten, um Haschem zu gehören und um Ihn zu dienen und nicht aus eigenen Interessen und persönlichen Gründen“[2].

Nun gibt es eine weitere Aussage von Chasal, wonach derjenige, der שקצים ורמשים (“Abscheuliches” bzw. Kriechtiere und Gewürm) geniesst, ein „Mumar leHach’iss“, ein Abtrünniger aus Bösswilligkeit und Trotz ist, und seine Vergehen nicht einfach aus „Ta’awa“, weil es ihm dazu gelüstet, begeht.

Denn jeder normale Mensch ekelt sich vom Genuss solches Getier[3].

Demnach besteht ein grosser Unterschied zwischen den anderen Verboten der Torah und demjenigen vom Genuss der „Scherazim“: Alle Verbote sollen nämlich nur wegen des Gebotes der Torah befolgt werden, und nicht, weil man sich davor ekelt oder sie verabscheut. Bei den „Scherazim“ hingegen kann diese Behauptung „Man tue es lediglich leSchem Schamajim“ gar nicht vorgebracht werden, da jeder Mensch sich normalerweise auch so vor ihnen ekelt, und wer sie dennoch isst, gehört ganz sicher nicht mehr zum inneren Kreis von Jisrael!

Doch dieses Gefühl haben nur die Bne Jisrael, die es sich bei ihrem Auszug aus Mizrajim erworben haben, als Hkb“H sie aus der Mitte aller Völker ausgesucht und zu „Seinem“ Volk erwählt hat. Das Verbot der „Scherazim“ offenbart somit das Innerste der jüdischen Seele, die so erhaben ist, dass sie solch niedriges Getier abstoßend findet, so wie Hkb“H – der über alles Erhabene – deren Genuss abstoßend findet![4]

So bemerkt der Mahara“l von Prag sZl., dass die Kriechtiere das Niedrigste und die von der ‘G’ttlichen Heiligkeit‘ am entferntesten befindlichen Geschöpfe sind[5]. Wer sie daher isst, anstatt sich von ihnen fernzuhalten, zeigt damit, dass er den Scherazim gleich sehr weit entfernt von der ‚Keduschat Jisrael‘ steht! Denn jeder gewöhnliche Jehudi steht seit dem Auszug aus Mizrajim, als Hkb“H die Bne Jisrael von der 49. Stufe von Tum’ah (Unreinheit) erhoben hat, höher als die unterste Stufe der Kriechtiere, auch dann, wenn er nicht auf einer besonders hohen geistigen Stufe steht.

Dieser minimale Unterschied zwischen Jisrael und den „Umot haOlam“, diese kleine Emporhebung ihrer Seele, hätte bereits dem ganzen Zweck von „Jeziat Mizrajim“ erfüllt!

Warum? „Denn Ich bin Haschem, Der euch aus Mizrajim heraufgebracht hat, um euch zum G’tt zu sein. Daher sollt ihr heilig sein, denn Ich bin heilig“. Denn mit dieser Absonderung von der untersten Stufe von Tum’ah beginnt man bereits, auf dem Weg der Heiligkeit zu gehen und verbindet sich so mit Haschem.

An diesem ersten Schabbat nach ‘Pessach’, soll uns mit dem Leinen dieser Parscha daran erinnert werden, den Versuch zu unternehmen, die Heiligkeit der vergangenen Tage auch in die Tage von ‘Sefirat haOmer’, der Vorbereitungszeit zu “Matan Tora”, weiter zu entwickeln. Wir haben uns dank der Entsorgung des ‘Chamez’ vor Pessach von der Tum’ah entfernt, und mit dem wieder erlebten inneren Auszug aus Mizrajim auf die ersten Stufen der Heiligkeit. Nun müssen wir auf diese aus Mizrajim “herauf führende Leiter” weiter empor steigen bis wir an die Spitze der ‘Keduschah’ gelangen – der “Berg Sinai”.

  1. Baba Mezia 61b
  2. Raschi gemäss Torat Kohanim zur Stelle
  3. Horijot 11a
  4. Ma’ajan Bet haSchoewa (P. Schmini 11,45)
  5. Mahara”l in Gewurot Haschem (Kap.49/S.173). Siehe auch Kli Jakar zu Wajikra 11,45

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