Wochenabschnitt Tezawe – Weshalb wird Mosches Name nicht in dieser Parscha erwähnt?

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Name

וְאַתָּה תְּצַוֶּה אֶת בְּנֵי יִשְׂרָאֵל וְיִקְחוּ אֵלֶיךָ שֶׁמֶן זַיִת זָךְ… לְהַעֲלֹת נֵר תָּמִיד  – „Und du befehle den Söhnen Jisraels, dass sie zu dir reines Olivenöl nehmen sollen… um ein ständiges Licht aufgehen zu lassen”.

Bekannt ist die Frage, weshalb Mosches Name in dieser Parscha nicht vorkommt.

Immerhin wird sein Name seit Parschat Schmot – wo von seiner Geburt berichtet wird – bis zu seinem Ableben in Parschat weSot-haBeracha, stets erwähnt[1].

Manche sehen den Grund darin, dass, weil sich Mosche Rabenu wegen seiner großen Bescheidenheit lange geweigert hatte, sich als Führer des jüdischen Volkes nach Mizrajim zum Par’oh zu begeben, hatte er die ‘Kehuna’ (das Priestertum) an Aharon abgeben müssen und wurde stattdessen zum ‘Levi’ herabgestuft[2]. Als in dieser Parscha die heilige ‘Awodah’ zum ersten Mal dem Aharon und seinen Kinder gelehrt und übergeben wird, wird Mosches Namen nicht erwähnt[3]. Die Torah lehrt uns hier, wie man auf die Gefühle der Menschen achtgeben muss und sie nicht verletzen darf. Hat mal jemand Rüge und Strafe einstecken müssen, so soll er nicht ständig daran erinnert werden. Wurde die Strafe nämlich bereits vollzogen, so gilt man als vollständig rehabilitiert und darf daher nicht mehr daran erinnert werden!

Der Brisker Raw sZl. fragte, weshalb bei den Spenden das Mischkan auch Olivenöl und die für das Ketoret (Räucherwerk) benötigten Spezereien aufgezählt werden.

Für diese Handlungen dürfen nämlich keine Spenden einzelner Personen (Jachid) verwendet werden. Stattdessen müssen sie, wie alle ‘Korbanot Zibbur’ (Opfergaben der Gemeinde), durch Mittel aus der Kasse des Bet haMikdasch erworben werden.

Er vermutet daher, dass in den ersten sieben Einweihungstagen des Mischkans noch kein Geld aus der durch die ‘Machazit haSchekel-Abgabe’ zu füllenden Gemeindekasse verwendet wurde. Erst am achten Tag, am Rosch Chodesch Nissan, wurden daraus erstmals die Korbanot bezahlt. Deshalb blieb dieses Datum auch in Zukunft als Stichtag erhalten, ab dem man die durch die jährlichen ‘Halbe-Schekel-Abgaben’ eingenommenen Gelder ihrem Zweck entsprechend einsetzen konnte. Wie der Ramban schreibt, wurde auch an den ersten sieben Einweihungstagen die Lichter der ‘Menorah’ entzündet und ‘Ketoret’ auf dem kleinen ‘Misbeach’ (Altar) verräuchert[4]. Nachdem also das dazu benötigte Öl und die Spezereien nicht aus Mitteln der gemeinsamen Spendenkasse erworben wurden, die erst ab dem achten Tag benutzt werden durfte, musste sie von einzelnen Sponsoren gespendet werden[5].

Dies klingt auf den ersten Blick ungewöhnlich :

Aus welchem, zweifellos gewichtigen Grund durfte man die Mittel der Gemeindekasse erst ab Rosch Chodesch Nissan benutzen, was zur Folge hatte, dass man während der ersten sieben Tage auf die Spenden Einzelner angewiesen war? Schließlich war die ‘Awodah’ auch an den ersten sieben Tagen keine “Privatangelegenheit” der Kohanim, sondern erfolgte im Namen des gesamten Volkes!

Wir finden jedoch an den ersten sieben Tage der Einweihung des Mischkan noch verschiedene andere Unterschiede zur ‘Awodah’ des achten Tages. An den ersten sieben Tagen verrichteten nicht die Kohanim die ‘Awoda’, sondern Mosche Rabenu, der diesen Dienst in ganz weissen Kleidern anstelle der üblichen Kleider der Kohanim ausführte[6]. „Dies passte zu Mosches Charakter”, erklärte der Lubliner Raw, Rabbi Meier Schapiro sZl., „der bescheidenste aller Menschen auf der Erde, der sich selber für nichts Besonderes hält und sich daher geweigert hatte, der Anführer des Volkes zu sein, verrichtet den heiligen Dienst bis zur Übernahme durch seinen Bruder Aharon nicht in den offiziellen Amtskleidern eines Kohen. Stattdessen verwendet er einfache, weisse Kleider.

Er setzt damit ein klares Zeichen, dass er, Mosche, ‘Levi’ und nicht ‘Kohen’ ist; sein Dienst ist nur provisorisch[7].

Die Hauptaufgabe von Aharon haKohen war das Entzünden der Menorah, am Jom Kippur die Verräucherung des Ketoret im ‘Kodesch haKodaschim’ (dem Allerheiligsten) hinzu. Vielleicht wurde deswegen Wert darauf gelegt, dass erst ab dem Dienstantritt von Aharon, am Rosch Chodesch Nissan, die Mittel für das Öl der Menorah und die Zutaten des ‘Ketoret’ aus der Gemeindekasse kamen. Damit wurde deutlich gemacht, dass nur Aharon haKohen, der von G’tt auserkorene Diener, das gesamte Volk beim Opferdienst vertreten und für sie Sühne erwirken konnte. Daher kam das Feuer von Haschem auch erst am achten Tag auf das Misbeach hernieder.

Mosche Rabenu hingegen ist ein ‘Levi’, der treue Begleiter [‘Levi’ vom Wort ‘Levaja’ abgeleitet]. Er begleitet ständig das jüdische Volk und weicht nie von seiner Seite, hat daher auch kein eigenes Privatleben, ist jeden Moment für die Bedürfnisse des Volkes da und vermittelt zwischen ihm und G’tt. Deshalb verrichtete er den Dienst im Mischkan während der ersten sieben Einweihungstage, der Übergangszeit bis zum Amtsantritt des eigentlichen Kohen. Auch hier verkörpert er den perfekten Vermittler zwischen Volk und den Kohanim, der obersten Kaste des Volkes.

Hat er seine Aufgabe als Vermittler erfüllt, tritt er leise und ohne grosses Aufsehens wieder ab.

Und gerade deshalb wird sein Name in dieser Parscha nicht erwähnt, um Mosches Bescheidenheit zu betonen, wie er trotz siebentägigen Dienst wieder von diesem hohen Posten wie selbstverständlich abtritt, ohne jegliches Gefühl einer Demütigung, als ob er gar nicht da war!

Somit lässt sich erklären, weshalb Hkb”H bei der Spende des Olivenöls den Ausdruck „weJikchu Elecha“„sie sollen zu dir nehmen” verwendet. Was hat denn Mosche damit zu tun? Der Grund ist, dass an den ersten sieben Tage das Öl nicht aus der Gemeindekasse stammte, sondern von einzelnen Spendern, da der G’ttesdienst im Mischkan an diesen Tagen der Milu’im durch Mosche Rabenu als Vermittler und Vorbereiter zwischen dem Volk und dem Kohen getätigt wurde.

In diesem Sinne deutet der Or haChajim haKadosch auch die einleitende Formulierung „weAta Tezawe”„Und du befehle”, eine Ausdrucksweise, die von der Torah bei der Übergabe der Mizwot normalerweise nicht verwendet wird.

Stattdessen heisst es immer: „Daber el Bne Jisrael”„Rede zum jüdischen Volk”. Der Or haChajim interpretiert das Wort ”תְּצַוֶּה” anhand des aramäischen צַוְתָּא – verbinden/begleiten, wie es heisst (Tehilim 91,11): „Ki Mal’achaw jeZawe lach” – „Seine Engel werden dich begleiten”. Haschem sagte zu Mosche: Du begleitest das Volk – du wirst, wie jetzt, kein eigenständiges Leben führen, sondern der ständige Begleiter des jüdischen Volkes sein! Dein Name wird nicht explizit erwähnt werden, weil du nicht nur in einer Generation als ‘Mosche Rabenu’ lebst. Jeder Talmid Chacham in künftigen Generationen wird einen Funken von deiner Neschama besitzen[8], weil auch sie die Begleiter Jisraels sind und wie du zwischen dem Volk und G’tt vermitteln: לְהַעֲלֹת נֵר תָּמִיד” – „um ein ständiges Licht aufgehen zu lassen”, dem einfachen Volk zu helfen sich zu G’tt empor zu erheben und Ihm näher zu kommen.

  1. Siehe Ba’al haTurim Anfang P. Tezawe
  2. Sewachim 102a und Midrasch Schmot Rabba 3,17
  3. Pa’aneach Rasa
  4. Ende Parschat Pekudej
  5. Chidusche haGri’s (-Brisk) auf Torah
  6. Awoda Sara 34a, Schmot Rabba 37,1 und Raschi Wajikra 8,28
  7. Siehe ausführlich Imre Da’at P. Tezawe
  8. Tikune Sohar (Tikun 69)

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