Wochenabschnitt Ki Tissa – Kann man sich durch Lösegeld von der Sünde freikaufen?

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Lösegeld

כִּי תִשָּׂא אֶת רֹאשׁ בְּנֵי יִשְׂרָאֵל לִפְקֻדֵיהֶם, וְנָתְנוּ אִישׁ כֹּפֶר נַפְשׁוֹ לַה‘ בִּפְקֹד אֹתָם. וְלֹא יִהְיֶה בָהֶם נֶגֶף בִּפְקֹד אֹתָם.

„Wenn du erhebst die Häupter der Söhne Jisraels nach ihren Gezählten, so soll jeder von ihnen eine Sühne/ein Lösegeld seiner Person/Seele an Haschem geben wenn man sie zählt, damit keine Plage unter ihnen sei, wenn man sie zählt“ (30,12).

Gemäss Raschi war die Abgabe der „halben Schekalim“ eine Vorsichts- und Schutzmassnahme vor dem „Ajin haRa“ (‘böses Auge‘), das bei einer Personenzählung hervorgerufen wird. Anstatt der Menschen sollen Gegenstände oder wie in diesem Fall Geldstücke gezählt werden, die deshalb vom Passuk als „Kofer Nefesch – Lösegeld“ bezeichnet werden[1].

Nach einer anderen Auffassung von Chasal galten die Schekalim aber als echtes Lösegeld, um für die Sünde des „Egel haSahaw“ (‘goldenes Kalb‘) zu sühnen. Darüber wunderte sich jedoch Mosche Rabenu und fragte: „Wie kann ein Mensch Lösegeld für seine Sünden bezahlen?“ Da nahm Hkb“H von unter dem ‘Kiseh haKawod‘ (Thron G’ttes) einen halben Schekel aus Feuer hervor, zeigte ihn Mosche und sprach (30,13): „Seh jitnu – Dies sollt ihr geben“[2]. Wie ist diese Antwort zu verstehen?

Schlomo haMelech sagt in Mischle (10,2): „uZedaka tazil miMawet – Zedaka rettet vom Tod“.

Die Mizwa von Zedaka bewirkt keine wirkliche, direkte Sühne für jegliches Vergehen. Es ist nicht möglich, sich einfach durch eine blosse Geldspende von seinen Sünden und Vergehen freizukaufen! Als echte Teschuwa gilt nur die „Teschuwat haMischkal“, die ausgewogene und ausgleichende Rückkehr. Bei dieser muss zuerst die Wurzel des Übels erkannt, sofort beseitigt und gesühnt werden.

Für jede Awera muss die Teschuwa in Form von „Mida keneged Mida“ (Maß um Maß) erfolgen, in der passender und der Sünde entsprechender Weise. Wozu nützt dann die „Zedaka“? Sie hat die Kraft, einen „Aufschub“ zu erreichen und rettet sogar vom Tod diejenigen, über die die Todesstrafe verhängt wurde, jedoch ohne deren Sünde zu sühnen. Diese bleibt erhalten und muss noch getilgt werden. Durch die erlangte Gnadenfrist hat man aber die Zeit, sich mit der Wurzel der Sünde zu befassen und sie auszumerzen. Dies ist auch der Sinn des Zedaka-Gebens im Monat Elul und an den allgemeinen Fasttagen (Ta’anit Zibbur), die unter dem Motto von „Teschuwa, Tefila uZedaka“ stehen. Die eigentliche Aufgabe ist und bleibt die Teschuwa, während die Tefila und die Zedaka lediglich helfen, Erhörung vor G’tt zu finden, dass Er uns genug Zeit, Kraft und die dafür nötige ‘Sijata diSchmaja‘ gibt, richtig Teschuwa machen zu können, und er bis dahin die Bestrafung aufschiebt.

Dies war auch der Sinn der „halben Schekel-Abgabe“.

Die Bne Jisrael wurden darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich mit der Zedaka der Mischkan-Spende und der „Machazit haSchekel“ nur einen Zeitaufschub erkaufen konnten und sich noch immer mit ihren begangenen Fehlern zu beschäftigen haben. Die fehlende Hälfte erinnerte daran, dass sie mit der Schekel-Abgabe ihre Teschuwa noch nicht abgeschlossen hatten und sie durch die erwähnte ausgewogene „Teschuwat haMischkal“ zu ergänzen hatten („Schekel“ ist verwandt mit „Mischkal“).

Dies war die Antwort auf Mosches Frage. Durch Geld allein kann in der Tat keine Sühne erkauft werden.

Die wahre Kapara (Sühne) muss durch harte und ernste Arbeit an sich selbst erzielt werden. Durch die Zedaka kann man sich aber vor G’tt Gehör zum Aufschub der Strafe bekommen. Dies zeigte Haschem dem Mosche, als Er „von unter dem Kiseh haKawod eine halben Schekel aus Feuer hervor nahm“. Siehe, die Zedaka findet Gehör vor mir, denn sie steigt und lodert wie ein Feuer zum Himmel hinauf und dringt bis zum „Kiseh haKawod“ hervor!

Demgemäß müssen die Worte „liPkudehem / bifkod“ des obigen Passuks nicht wie erwähnt mit „zählen“ übersetzt werden, sondern mit „gedenken/sich erinnern“, gleichbedeutend wie „Pakod jifkod Elokim etchem – G’tt wird euch gedenken“ (Bereschit 50, 24).

Demzufolge ist der Passuk so zu verstehen: „Ki Sissa et Bne Jisrael“ – wenn die Jehudim ihren Kopf erheben möchten und sich vor der Strafe für die begangenen Vergehen retten wollen, „liPkudehem“ – so sollen sie sich vor Haschem gedenken lassen und Gehör finden, um einen Aufschub der Strafe zu bewirken. Wie wird dies erreicht? „weNatnu Isch Kofer Nafscho“ – dies kann mit einem Lösegeld, durch die vor dem Tod rettende „Zedaka“, erreicht werden.


  1. Raschi 30, 12 und 15 (erste Erklärung)
  2. Psikta Rabbati Kap. 16

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