Wochenabschnitt Bo – Unser fixer Kalender ohne Unsicherheiten — ein Grund zur Freude?

Datum: | Autor: Rav Schimschon Raphael Hirsch | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Kalender
Bearbeitet von Dr. Ari Lewenstein und erschienen im Buch „Glanzlichter der Tora – Meore Hassar“.

Es kann aber nur der Unkundige den Zustand bejubeln, dass wir nicht mehr im Zweifel über den jeweiligen Monatsanfang sind. Unsere Gewissheit beruht ja auf dem Umstand, dass wir keine Semicha[1] mehr haben und damit kein Beit Din, und somit auch keine Heiligung des Neumonds aufgrund der Beobachtung (des neuen Monds) und keine Heiligung unserer Zeiten durch das Beit Din.

Nur die weise Voraussicht von Hillel dem Jüngeren, hat für diesen Mangel mit dem letzten Beit Din durch eine Heiligung aller zukünftigen רָאשֵׁי חֳדָשִׁים (Neumonde) für alle Zeiten der Zerstreuung stellvertretend vorgesorgt. Mit dem Fehlen von Heiligung des Neumonds aufgrund der Beobachtung fehlt aber unseren רָאשֵׁי חֳדָשִׁים und Feiertagen der wesentlichste Charakter, der sie zu unseren Zusammenkunftszeiten mit G-tt weiht. Es fehlt unser Beitrag zur Bestimmung des Zusammentreffens mit Ihm, es fehlt unser Zeichen, dass wir uns nach dieser Zusammenkunft sehnen.

Es fehlt auch das deutliche Zeichen, dass רֹאשׁ חֹדֶשׁ kein Naturkult, kein Mondfest ist.

Eben weil in der Gola (im Exil) unsere Monatsanfänge und demgemäss auch unsere Feiertage von vornherein fixiert und durch einen unabänderlichen Kalenderverlauf gegeben sind, besteht die Gefahr, dass unsere Feiertage den Charakter von frei bestimmten Zusammenkünften zwischen G-tt und uns verlieren, und dem Schein eines Naturkultes erliegen. Dagegen stehen unsere zweiten Feiertage im Galut, die an eine bessere Zeit erinnern, an die Zeit der Neumondsbestimmung gemäss der Beobachtung. Jene Zeit, als noch ein Beit Din die Monate heiligte, und die ganze Gola darauf wartete, zu erfahren, wann das grosse Zentrum in Jeruschalajim den רֹאשׁ חֹדֶשׁ und damit die Feiertage heiligte.

Deshalb begründet auch die Gemara in Beza 4b die Beibehaltung der zweiten Jomtowtage, trotz fixem Kalender, mit den Worten: aus Erez Jisrael haben die Weisen folgende Botschaft nach Bawel gesandt: Beachtet den Brauch eurer Väter (zwei Tage Jomtow zu feiern) — es kann durch den Druck der Zeiten die Gesetzeskunde und die Kenntnis unserer Kalenderbestimmung in Vergessenheit geraten. Das heißt: Ihr würdet dann nach eigener Berechnung die Neumonde bestimmen und vergessen, dass nicht die astronomische Berechnung und auch nicht die Wahrnehmung alleine, sondern die heiligende Festsetzung des Beit Din in Vertretung des ganzen Volkes die Neumonde und Festtage zu jüdischen Feiertagen macht.

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