Wochenabschnitt Ekew – Der 40-jährige Wüstenaufenthalt – eine Lehrzeit für ‘Bitachon’

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Wüste

„weHaja Ekev tischme’un” – „Es wird sein, weil/wenn ihr hören werdet [auf die Gesetze von Haschem]…“

Bekannt ist der Spruch des Rabbi Menachem Mendel von Kozk sZl., der diesen Passuk auf folgende Weise interpretiert, wobei das Wort „Ekev“ mit „Ferse/Fußende“ übersetzt wird: „Das Ende wird doch immer so sein, dass ihr auf die Gesetze von Haschem hören werdet! – Weshalb müsst ihr dann immer zuerst warten, bis euch G’ttes Strafen dazu ermahnen und zwingen?“

Diese Lehre zu Beginn dieser Parscha passt sehr zum restlichen Inhalt der Parscha.

Mosche Rabenu erinnert nochmals an die großen Wunder, die dem Klall Jisrael geschahen und betont, dass Haschem sie beschützen wird. Es gebe keinen Grund zur Furcht bei der Inbesitznahme von Erez Jisrael, auch wenn die ‚Meraglim‘ (Kundschafter) das Gegenteil behauptet hatten. „Vierzig Jahre lang hat euch G’tt in der Wüste beschützt und mit allem Nötigen versehen, mit ‚Mon‘ ernährt und eure Kleider vor Fäulnis bewahrt!“ (8,2-4) Aber וְיָדַעְתָּ עִם לְבָבֶךָ – „Wissen sollst du mit deinem Herzen“, כִּי כַּאֲשֶׁר יְיַסֵּר אִישׁ אֶת בְּנוֹ ה‘ אֱלֹקֶיךָ מְיַסְּרֶךָּ – „G’tt züchtigt dich wie ein Vater seinen Sohn“ (8,8).

Es heißt nicht: „weJadata biLewaweche” – „Wissen sollst du in deinem Herzen“, sondern im Lewawecha”mit deinem Herzen“. Diese Erkenntnis soll nicht nur ein tief im Herzen gedachter Gedankengang sein, vielmehr soll es „mit deinem Herzen“ eine Gewissheit im Kopf (Da’at) und ein Gefühl des Herzens sein. Nur auf diese Weise versteht man den 40-jährigen Wüstenaufenthalt nicht (nur) als Strafe, sondern (auch) als eine Lehrzeit, in der das jüdische Volk lernte, auf G’tt zu vertrauen.

Als Haschem Jisrael nach Erez Jisrael führen wollte, wurde es nämlich von den ‚Meraglim‘ irregeleitet, bis es sich vor den dort vorhandenen Gefahren fürchtete und sein G’ttvertrauen (Bitachon) verlor. Jetzt musste es für weitere 38 Jahre in der Wüste verweilen und sich dabei dieses fehlende G’ttvertrauen wieder aneignen. Die täglichen Gefahren des Wüstenlebens vor Augen und den g’ttlichen Schutz als ständigen Begleiter um sich wissend, stärkte ihre ‚Emuna‘ (Glaube) und ihr ‚Bitachon‘.

Somit wirkte Haschem der Irreführung der ‚Meraglim‘ entgegen, die im jüdischen Volk Zweifel an diesem Schutz gesät hatten.

Nach diesen 40 Jahren erkannte das Volk, dass Hkb“H nicht nur mit Wundern und übernatürlichen Mitteln die Welt beherrscht, wie er dies bei „Jeziat Mizrajim” (Auszug aus Ägypten) und „Keriat Jam Suf“ (Spaltung des Roten Meeres) gezeigt hatte, vielmehr erkannten sie, dass „lo al haLechem lewado jichje ha’Adam“ – „nicht durch das Brot selbst lebt und existiert der Mensch“, „ki al kol moze pi Haschem“ – „nur durch die g’ttlichen Befehle und Kräfte” (8,3), denn auch das Brot, die Natur selbst, ist ein g’ttliches Produkt.

Das ganz gewöhnliche und alltägliche Leben ist genauso von G‘tt bestimmt und beherrscht, wie Er es dem Volk die vergangenen 40 Jahre zeigte. Weshalb sollte es dann in Erez Jisrael anders sein?!

An diesem Punkt angelangt musste jeder erkennen, dass auch das lange ‚Galut Mizrajim‘ nicht einfach eine Schicksalswendung der Geschichte gewesen war und G’tt die Bne Jisrael eines Tages einfach so hinausführte. Auch dem Galut ging ein genauer Plan voraus, ähnlich wie dem Exil in der Wüste – eine Zeit der Lehre und Vorbereitung.

Das Galut Mizrajim lehrte dem Klall Jisrael, die Existenz G’ttes zu erkennen, die 40 Wüstenjahre lehrten es die „Haschgacha Pratit“ (g’ttliche Vorsehung über dem Einzelnen).

Letzteres hätten sie aber auch aus der „Jeziat Mizrajim“ lernen können, aus der Art und Weise wie diese zustande gekommen war. Doch die ‚Meraglim‘ blendeten sie und verstopften ihr Herz. Daher mussten sie durch große Mühe und unter extremen Bedingungen ihren Glauben an den immerwährenden g’ttlichen Schutz von neuem erwerben.

Erst danach waren sie reif und bereit für ihren Einzug ins ‚Heilige Land‘, wo jeder seinen eigenen Grund und Boden erhielt und bearbeitete. Damit dennoch die künftige tägliche Beschäftigung mit der Natur und die materiellen Besitztümer ihr ‚Bitachon‘ und ‚Emuna‘ an Haschem nicht schmälern würde, befahl Mosche Rabenu: „We’achalta we’sawata“ – „Du wirst essen und satt werden”, „uBerachta et Haschem Elokecha al ha’Arez haTowah ascher natan lach“„Danach sollst du Haschem deinen G’tt für das gute Land, dass Er dir gegeben hat, loben und danken, und nicht selbstsüchtig und stolz werden, sich allen Erfolg seiner eigenen Leistung und Kraft zuzuschreiben” (8,7-18).

Somit ist verständlich, weshalb die Erwähnung von „Jeziat Mizrajim” in der ‚Birkat haMason‘ nicht in der ersten Beracha, sondern erst in der zweiten Beracha erwähnt wird.

Die erste Beracha (הַזָּן אֶת הָעוֹלָם) wurde nämlich durch Mosche Rabenu als Dank für den Erhalt des ‚Mon‘ in der Wüste, verfasst. Die zweite Beracha (נוֹדֶה לְּךָ) wurde durch Jehoschua bin Nun als Dank für den Erhalt von Erez Jisrael verfasst. „Wir danken Dir Haschem, dass Du unseren Vätern ein herrliches, gutes und geräumiges Land vererbt und uns aus dem Land Mizrajim geführt, aus dem Haus der Sklaverei erlöst hast”.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT