Wochenabschnitt Bamidbar – Gemeinschaft in all ihrer Vielfalt

Datum: | Autor: Rav Schimschon Dovid Pincus | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Gemeinschaft

„Die Kinder Israels sollen sich in einer Reihe um das Offenbarungszelt aufstellen – ein jeder mit seinem eigenen Banner, mit den Zeichen seiner Stammhäuser“ (Bemidbar 2,2).

In diesen Zeilen gibt die Tora an, in welcher Reihenfolge sich die Kinder Israels um den Mischkan aufstellen sollten. Dadurch dass jeder Stamm an einem ihm zugewiesenen Platz stehen würde, jeder in seinem eigenen Lager, mit seiner eigenen Fahne, würden sie würdig sein, der Wagen der heiligen Schechinah zu werden.

Sicherlich gab es auch damals schon Menschen unterschiedlichen Ranges im Volk Israel, von den großen Gerechten bis zu einfachen Juden. Doch damit die Schechinah auf das Volk Israel herabsteigen konnte, wurden alle gebraucht.

Reicht es auf den ersten Blick nicht aus, dass die Schechinah nur auf die Gerechten herabkommt, und sie würden dem ganzen Volk zum Verdienst verhelfen?

Dies lehrt uns, dass die Schechinah nur dann auf das gesamte Volk Israel herabsteigen kann, wenn die gesamte Gemeinschaft Israels in all ihrer Vielfalt zusammenkommt, als wären sie ein Mensch.

Von unserem Vorvater Jaakov heißt es[1]: „Jaakov war sehr erschrocken und betrübt.” Unsere heiligen Weisen im Buch Sohar fragen: Wie ist es möglich, dass Yaakov, der Auserwählte der Vorväter, sich fürchtete? Die Antwort ist, dass er allein war, und das Gebet eines einsamen Menschen ist nur ein Schatten, und es kann nicht in der gleichen Weise wie das Gebet der Gemeinschaft akzeptiert werden. Schließlich schafft der Engel, der für die Gebete des Volkes Israel zuständig ist, für G-tt eine Ehrenkrone, die mit verschiedenen Farben bestickt ist – aus den Gebeten der Juden [eine Anspielung auf die Vielfalt des geistigen Lichts, das durch die Gebete der Juden von oben in alle Welten herabkommt – Anm. d. Red.]

Aus einem öffentlichen Gebet, das verschiedene „Farben“ enthält, kann man eine solche Krone für G-tt schaffen, während ein einsames Gebet nur eine Farbe hat und die Krone nicht schön gestickt werden kann. Im Buch “Rosh Hagiv’ah” schreibt unser Lehrer und Mentor Rabbi Pinchas, einer der Schüler des Wilnaer Gaon: „Was den Vorteil des gemeinschaftlichen Gebets betrifft: Jeder Mensch schafft eine ‚Farbe‘ nach dem Maß seiner Rechtschaffenheit und auch nach der Lebendigkeit und Freude seines Herzens zur Zeit des Gebets.

Es gibt einen, der mit Bitterkeit im Herzen betet, und einen, der schwarze Fäden zieht;

es gibt einen, der in seinem Reichtum betet, und einen anderen in seiner Armut; es gibt einen, der mit Freude über das erfüllte Gebot betet, und einen anderen, der nach intensivem Torastudium betet; der eine betet, während er vorher Tzedakah gibt, und ein anderer, während er bereut, und ein anderer, während er fastet, und der Farbton des Gebets des einen ist nicht wie der Farbton des anderen. Es gibt beredte Lippen, die mit ihrem Gebet Diamanten schaffen, und es gibt Lippen, die Funken von Feuerwerkskörpern und Edelsteinen entzünden, und es gibt eine Unzahl von verschiedenen Schattierungen, die aus den Gebeten des Volkes Israel hervorgehen.

Gesegnet sei Er, der das Geheimnis kennt, der sieht, was im Herzen eines jeden Menschen vorgeht, der die spirituelle Ebene und die Wurzel einer jeden Seele kennt, und aus allem zusammen ist diese schöne Krone gewoben und gestickt, die eine Krone sein wird, um das “Haupt” unseres G-ttes zu schmücken.

Aus diesem Grund sagten die Weisen (Kritot, 6):

„Ein Fasten (das Gebete einschließt – siehe Mischna Ta’anit), an dem die Frevler des Volkes Israel nicht teilnimmen, gilt nicht als Fasten“, denn die ganze Schönheit einer Krone besteht manchmal mehr aus schwarzen Punkten als aus weißen, roten oder goldenen, und ohne diese ist es unmöglich – denn die Krone wird gerade dann vollkommen schön, wenn alle Punkte zusammengefügt sind; und wenn sie nicht einen Hauch von Schwarz hätte usw.

Wir sollten also eine Lehre aus dem Verhalten unseres Vorfahren Jaakov ziehen: er war der Auserwählte der Vorväter, sein Gesicht war unter dem Thron der Herrlichkeit des Schöpfers eingemeißelt – und doch wollte er sich nicht nur auf sein Gebet verlassen, denn er war allein [obwohl seine Seele die Seelen des Volkes Israel einschloss!] Was soll man von denen sagen, die eine Synagoge in der Stadt haben und nicht dorthin gehen, um in der Gemeinde zu beten?“

Wenn man jedoch in der Gemeinde betet, schließt sich auch das Gebet eines Menschen, dessen geistiges Niveau niedrig ist, dem gemeinschaftlichen Gebet an und wird Teil der herrlichen Krone Deshenigen, Der die Welten belebt.

  1. im Wochenabschnitt “Wajischlach”

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