Weltberühmt

Datum: | Autor: B. Pappenheim | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Prag

Wer war das?

Geschichten sind das Spiegelbild der Geschichte. Werfen wir also einen kurzen Blick auf das Spiegelbild: König Karl VI. ritt auf seinem Pferd an ihm vorbei: „Rabbi, durch welches Tor werde ich in Wien einreiten? Durch das Königstor oder das allgemeine Tor?“ Er bat, seine Antwort niederschreiben zu dürfen und überreichte dem König ein geschlossenes Couvert. Karl VI. dachte: „Meine Frage lässt darauf schließen, dass ich diesmal durch das Volkstor einreite. Aber wahrscheinlich vermutet er das. Was soll ich tun?“ Der König überlegte hin und her und ließ schließlich eine neue Bresche in die Stadtmauer schlagen. Neugierig riss er das Couvert auf und fand: „Ein König durchbricht die Umzäunung, ohne dass jemand Widerspruch anmeldet.“[1]

Zur Zeit seiner Bar-Mizwa waren beide Eltern nicht mehr am Leben. Er war schon mehrfach von Hand zu Hand gereicht worden: Der Mahra“m Asch (Rabbi Meir Eisenstadt), damals Raw in Prosnitz, erzog ihn wie sein eigenes Kind, Rabbi E. Ettingen, Rabbi Schimschon Wertheimer in Wien; Prag, Altona und wieder Prag – das waren die Stationen seines jungen Lebens.

Stürme verschiedener Art fegten über Prag hinweg.

Im Jahre 1713 starben ca. 3’400 Jehudim in Prag an der Pest. Er bemühte sich sehr, ihnen zu Hilfe zukommen. Als Karl VI. starb und die Erbschaftskriege um den Thron – Maria Theresia gegen Frankreich, Bayern, Spanien und Neapel – das Land erschütterten, floh er in das französische Metz. Der freudige Empfang, der ihm dort bereitet wurde, verärgerte die Herrscher Prags so sehr, dass sie sein Vermögen konfiszierten. Dennoch gelang es ihm später, von Metz aus das Dekret, welches die Jehudim aus ganz Österreich vertreiben wollte, rückgängig zu machen.

Tausende, buchstäblich Tausende, strömten nach Metz in seine Jeschiwa. Hier schrieb er sein Sefer zum Choschen Mischpat, eines seiner Sefarim, die zum Klassiker wurden. Allerdings wurde es erst nach seinem Tode durch seinen Enkel, dem Raw in Lichtenstadt herausgegeben. Auf dieses Sefer wurde das Wort von Chasal in abgewandelter Form gemünzt:

„Wer weise werden will – gebe sich mit Dine Mamonot ab; wer sich mit Dine Mamonot abgibt – nehme sein Sefer zur Hand.“

Seine Sefarim, nicht nur wie erwähnt zu Choschen Mischpat, sondern auch auf Jore Dea, Orach Chaim usw. gehören zur halachischen Weltliteratur und doch war er sich nicht zu gering, die Dine Schabat in Jüdisch-Deutsch zu übersetzen: „Lieber stehe ich Zeit meines Lebens vor der Welt als Dummkopf da, als die Schmach der Königin Schabat zu erleben.“ Sein Sefer auf Jore Dea trägt einen Doppelnamen, nicht nur seiner historischen Bedeutung im Tnach nach (Schmuel, Melachim), sondern auch wegen der wörtlichen Bedeutung „kurz, entschieden“ und „wunderbar ausführlich“.

Haskamot, Referenzen für seine Sefarim holte er nicht ein: Es sei zu viel Schmeichelhaftes in ihnen enthalten.

Einmal wandte sich ein Fürst an ihn: „Erkläre mir, Rabbi, die Überlebensfähigkeit der Jehudim trotz der Wirren der Zeit.” Er bat den Fürsten, 100 Hähne und Hühner in einem Gehege umher spazieren zu lassen. Der Fürst sandte 100 Stück kräftiges Geflügel. Er brachte ein mageres Hähnchen. Bald gab es im Hühnerhof ein großes Hick und Hack, Schnabel und Sporen wurden im Kampf eingesetzt. Das armselige Hähnchen, jeder Konkurrenz unwürdig, blieb unversehrt…

Er war schon weltberühmt, als er Raw in A.H.W. wurde.

Von überall, selbst aus dem entfernten Polen, seinem Geburtsland, strömten Schüler nach Hamburg-Altona.

Könnten wir es doch wie der Chid“o machen und die Tragik dieses Großen fast ignorieren, nur streifen!

Der Diwre Chaim von Zans, ein Enkel des Chacham Zwi, der mit vollem Respekt von seinem Onkel, dem Jawez, Rabbi Jaakow Emden, spricht, war in einer Sache mit seinem Onkel nicht der gleichen Ansicht. Es war das Thema, das den Olam Hatora vorübergehend spaltete. Es war noch immer die Angst vor Schabtaismus. Der Neffe war nicht mit dem Onkel, er war mit ihm und drückt es so aus: „Als er in seiner großen Jeschiwa saß und der Klang der Torastimmen wie eine Glocke tönte – war das dem Soton nicht genehm. Der Soton entfachte Streit, um die Stimme der Tora zu ersticken.”

Als er seinem grossen Gegner ins Olam Haemet folgte, fragte man den Noda Bijehuda, ob man ihn unweit von Raw Jaakow Emden begraben dürfe. „Sicher“, erwiderte der Noda Bijehuda, „sie haben Frieden miteinander geschlossen.

Er schrieb in weiser Voraussicht:

„Es wird eine Zeit kommen, in der nur die von uns beiden geschaffenen Werke eine Rolle spielen werden, jede Gegnerschaft aufgehoben sein wird.”

Er behielt recht. Beide begleiten uns durch die Geschichte.

Rabbi Jonathan Eibeschütz

Verfasser des Urim Wetumim, Kreiti upleti, Jaarot Dewasch etc. 1690-1764

  1. Pesachim 110

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