Die Auswirkungen der ‘Mabul’ – Das neue Gesicht der Erde – 3. Teil

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Mabul

Wie im letzten Kapitel anhand verschiedener Midraschim ausführlich nachgewiesen wurde, bestand die zweite Hälfte der Mabul aus einer sechsmonatigen eisigen Kälte. Woher diese eisige Kälte plötzlich eintrat, blieb allerdings ungeklärt.

Eisige Kälte durch Meteoriten-Einschlag?

In der Gemara gibt es eine interessante Aussage über den Beginn und das Ende der Mabul, die wir an dieser Stelle eingehend betrachtet möchten:

„Wenn nicht die Wärme des Masal (Sternbild) כסיל (Sirius/Orion) könnte die Welt nicht vor der Kälte des Masal כימה bestehen, und ohne die Kälte des Kimah könnte die Welt nicht vor der Wärme des Ksil bestehen… Als Hkb”H die Mabul über die Welt bringen wollte, nahm Er zwei Sterne aus dem Kimah fort und brachte dadurch die Mabul auf der Welt…”[1]

Wie Schmuel aus Nehardea an dieser Stelle erklärt, bildet sich das Masal כימה aus einer Gruppe von über 100 Sternen, und daraus sei sein Name entstanden כימה-כמאה. Gemeint sind damit die Plejaden (das Siebengestirn)[2], ein offener Sternhaufen, der mit blossem Auge gesehen werden kann und sich in der rechten Schulter des Sternzeichen Stiers (שור) befindet. [Bemerkenswert ist, dass die alten Griechen, wie auch die Wissenschaft bis zum 18. Jahrhundert nur von 7-36 Sterne sprechen, weil nur diese mit den damaligen Möglichkeiten zu erkennen waren, während man heute weit über 100 Sterne kennt.] Diese Sterne sind hauptsächlich im Monat Cheschwan kurz nach Einbruch der Dunkelheit im Osten sichtbar und verkünden daher den Winteranfang.

Während ‘Ksil’ und ‘Kimah’ normalerweise für ein stetiges Gleichgewicht des Klimas auf der Welt sorgen, änderte dies Hkb”H zu Beginn des Mabuls, indem Er zwei Sterne aus der Sterngruppe des ‘Kimah’ entfernte.

„Er öffnete damit zwei Fenster des Himmels (‘Arubot haSchamajim’[3]) und ließ aus diesen Löchern Wasser hinuntergehen”[4].

Diese Änderung wird an anderer Stelle von Rabbi Elieser ausführlicher erklärt[5]: „Am 17. Marcheschwan, am Tag an dem das Masal Kimah aufsteigt und die Wasserquellen zunehmen, änderte Hkb”H für die Generation des Mabuls die Ma’asej Berejschit (das von Ihm geschaffene Verhalten der Natur), weil auch sie die Ma’asej Berejschit (der normale Gang der Welt) verändert hatten. Daher ließ Er das Masal Kimah am Tag aufsteigen[6], entfernte zwei Sterne davon und ließ die Mabul über die Erde kommen”[7].

In der Gemara wundert man sich darauf: Da im Cheschwan sowieso die Regenzeit beginnt, worin bestand dann die (grosse) Änderung nach der Ansicht von Rabbi Elieser[8]. Sie beantworten dies mit den Worten von Raw Chisda: „Durch Heisses (גילוי עריות) (d.h. durch Unzucht) entarteten sie, durch Heißes wurden sie gestraft”[9].

Rabbi Elijahu, der Gaon von Wilna sZl. erklärt dies so: Indem Hkb”H zwei Sterne von Kimah entfernte, wurde sein Kälteeinfluss abgeschwächt und das untere Wasser begann stattdessen zu kochen[10].

In der Gemara wird weiter erklärt, wie Hkb”H die Mabul wieder beendete:

„Als Er sie wieder schließen wollte, nahm Er zwei Sterne aus dem Ajisch[11] und stopfte sie [die zwei Löcher im Kimah]…”[12].

Danach fragen Chasal, weshalb Haschem nicht einfach die zwei Sterne, die Er zuvor aus dem Kimah entfernte, wieder zurücklegte, und antworten, dass „eine Grube nicht mit ihrem eigenen Sand gefüllt werden kann”, und immer mindestens eine kleine Lücke offenbleibt. Da aber G’tt seit der Weltschöpfung nichts Neues mehr erschafft, füllte Er die Lücke mit anderen Sternen.

Was aber geschah mit den zwei Sternen von ‘Kimah’ selbst? Raschi und Rabenu Tam streiten sich darüber: Gemäss Raschi stellte sie Hkb”H nach der Mabul wieder an ihrem ursprünglichen Ort zurück und füllte nur die übriggebliebene Lücke mit den Sternen aus dem ‘Ajisch’[13]. Nach Rabenu Tam hingegen wurden die zwei Sterne von Kimah aufgelöst, deshalb musste das ganze entstandene Loch aus Sternen von Ajisch gefüllt werden[14].

Aus dem einfachen Wortlaut der Gemara, ist eher die Ansicht von Rabenu Tam ersichtlich, dass Haschem die zwei Sterne des Kimah tatsächlich nicht zurücklegte. Es stellt sich daher die Frage, weshalb sie aufgelöst und zerstört wurden? Haschem hätte doch damit wieder das Loch im Kimah wenigstens teilweise stopfen können (wie Raschi es erklärte)?

Es scheint, dass diese zwei Sterne von ‘Kimah’ während dem Verlauf des Mabuls zwar aufgelöst, jedoch eine wichtige Rolle dabei spielten und als Teil des Mabuls selbst verwendet wurden!

Es herrschen heute zahlreiche wissenschaftliche Studien darüber, wie es plötzlichem zu einem Aussterben der Dinosaurier und anderer “urzeitlicher” Tiere und Pflanzen kam. Wie schon erwähnt, kommt für die Wissenschaft die einfache Erklärung einer biblischen Mabul nicht in Frage. Dennoch kennen auch sie die Fakten, dass es einst eine solch gewaltige Katastrophe und Massensterben gab; Dies ist eine unbestrittene Tatsache!

Immer mehr festigt sich die Theorie eines gewaltigen Asteroiden- (oder Meteoriten-) Einschlags, der eine solche Kälte auf die Erde gebracht habe, dass die globale Temperatur unter dem Gefrierpunkt sank. Durch den Asteroiden-Einschlag sei nicht nur Staub, sondern auch gewaltige Mengen schwefelhaltiger Gase in die Atmosphäre gelangt. Diese verschleierten das Sonnenlicht und sorgen deshalb für eine Abkühlung. Alle Pflanzen erfroren und alle Lebewesen starben aus…

Selbstverständlich verlieren sich die Forscher bei all ihren Modellen zum Teil in abstrakte und unbewiesene Theorien und in noch absurdere Jahreszahlen. Doch uns interessiert von alledem nur eine Sache: Was ein solcher Einschlag bewirken könnte, falls dies tatsächlich geschehen war!

Uns eröffnet sich somit eine interessante Spekulation: Hat vielleicht Hkb”H – gemäss der erwähnten Erklärung von Rabenu Tam – die zwei Sterne des ‘Kimah’ aufgelöst, indem Er sie auf die Erde fallen ließ, damit sie die sechsmonatige Eiszeit einleitete? Und vielleicht gerade deshalb die Sterne aus ‘Kimah’, dessen Eigenschaft überhaupt die Erzeugung der Kälte ist?

Tatsächlich finden wir im Midrasch die Ansicht, wonach Hkb”H mit Hilfe der zwei “entwendeten” Sterne aus dem ‘Kimah’ Kälte auf die Erde brachte[15].

Der ”Aufstieg gewaltiger Mengen schwefelhaltiger Gase” passt zur bereits erwähnten Aussage des Midrasch, wonach das aus den unterirdischen Quellen stammende kochend heiße Wasser, mit dem das ‘Dor haMabul’ gerichtet wurde, schwefelhaltig war (s. Kapitel ‘die Mabul’) und wie bei der Zerstörung von Sdom auch Schwefel aus den Schleusen des Himmels herunterkam.

Vor rund 66 Millionen Jahren traf ein riesiger Meteorit die Erde.

All dies ist im Passuk in Amos (5,8) angedeutet:

עֹשֵׂה כִימָה וּכְסִיל וְהֹפֵךְ לַבֹּקֶר צַלְמָוֶת, וְיוֹם לַיְלָה הֶחְשִׁיךְ; הַקּוֹרֵא לְמֵי-הַיָּם וַיִּשְׁפְּכֵם עַל פְּנֵי הָאָרֶץ.

„[G’tt], der die Plejaden und den Orion geschaffen hat, verwandelt das Morgenlicht in Zalmawet (Schatten des Todes) und lässt den Tag zur Nacht verfinstern; der die Meeresfluten ruft und sie über die Erde ausgießt”.

Der Nawi erklärt wie Haschem bei der Mabul die Frevler strafte[16], indem Er das Gleichgewicht von Kimah und Ksil änderte, und dadurch ”den Morgen” – inmitten des Tages[17] – das Leben zum Tod verwandelte. Dies geschah durch zwei Vorgänge: ”Er ließ den Tag zu Nacht finster werden” – durch den Einschlag der Kimah-Sterne verdunkelte sich das Sonnenlicht, so dass alles auf der Erde gefror und ”ließ (davor) die Meeresflut über die Erde ausgießen”.

Eiskalter Wind

Nach dem Ende des Mabuls berichtet der Passuk (8,1):

„Wajawer Elokim Ruach al ha’Aretz wajaschoku haMajim – G’tt führte einen Wind über die Erde, da beruhigte sich das Wasser”.

Chasal deuten dieses וישוכו durch das beim König Achaschwerosch erwähnte (Esther 7,10) וחמת המלך שככה – der Zorn des Königs beruhigte sich”. Folglich entnehmen sie von hier ihre bereits zitierte Schlussfolgerung, dass das unterirdische Wasser erhitzt wurde, und dieses sich nun am Ende der Mabul abkühlte[18].

Interessant ist die Erklärung des Tosafisten Rabbi Efrajim aus Bonn, dass genau dies mit diesem Wind bezweckt wurde:

„Haschem ließ einen eiskalten Wind über die Erde wehen, damit sich die Hitze der Luft und das Wassers abkühlten”[19].

Fortsetzung folgt ijH

  1. Berachot 58b-59a (gemäss Ijow 38,3 und s.a. Raschi zu Ijow). Siehe ferner im Midrasch, dass Kimah die Bäume im Winter kühlt, und so das Wachstum der Früchte zurückgehalten wird (Bereschit Rabba 10,6, Bate Midraschot Bd2/S.185, Sefer ha’Aruch ‘Kesil’, Reda”k und Ibn Esra zu Amos 5,8 und Imre Noam (Chidusche haGr”o) zu Berachot 58b und Barak haSchachar, Likutim).
  2. Siehe Tana debej Elijahu Kap.2
  3. Bereschit 7,11
  4. Midrasch haGadol 7,11 und Raschi zu Rosch haSchana 11b. [Vergleiche Maharsch”o zu Berachot 59a und Ba’al haTurim 7,11]. – Man kann dies ‘kipschuto’ (im buchstäblichen Sinn) verstehen, dass damit das ‘Majim haEljonim’ (das im Himmel befindliche ‘obere Wasser’) gemeint ist (Ma’ase Towija S.38b, Jesnitz 5481), oder nur sinngemäß (Abrabanel 7,17) wie es im Artikel weiter erklärt wird.
  5. In diesem Artikel wird nur die Ansicht von Rabbi Elieser zitiert wonach der Mabul im Cheschwan begann, weil gemäß der Halacha unser Kalender gemäss R. Elieser gezählt wird (R”H 12a und Tosfot, Midrasch Bereschit Rabba 33, 7 und Seder Olam Rabba Kap.4).
  6. Weil die Mabul „inmitten des Tages” beginnen musste (siehe Bereschit 7,13 und Raschi).
  7. Rosch haSchana 11b und in Kürze in Seder Olam ibid. und Jeruschalmi Ta’anit 1,3. Siehe ferner Raschi ende R”H 35a!
  8. Die Änderung, dass das Masal Kimah bereits “am Tag” aufstieg, ist zu klein (siehe Raschi und ausführlicher in Imre Noam ibid., Ritw”o und Aruch laNer und Benijahu zu R”H 12a. [Des Weiteren siehe ‘Imrej Zerufa’ (Berlin 5516) abgedruckt in Kowez Meforschim zu R”H (Jerus. Nissan 5774)].
  9. R”H 12a. S.a. Raschi zu Nida 13a und zu Jeschaja 56,5. – Mehr dazu siehe oben im Kapitel ‘Die Mabul’ §1. [Eine weitere Erklärung siehe in Maharsch”o zu Sanhedrin 108b und ähnliches in Sichron Awraham zu R”H 12a]
  10. Imre Noam ibid., siehe auch Hagahot haGr”o zu Seder Olam Rabba Kap.4. – R. Jizchak Abrabanel schreibt jedoch (7,17), dass die zahlreichen Regenwolken die Sonne verdeckten und dadurch eine zunehmende Kälte entstand. Dadurch wich die Sonnenwärme und drang in den Boden ein, wo sie die unterirdische Wasserquellen erwärmte, so wie dies im Herbst der Fall ist.
  11. In der Gemara Berachot wird erklärt, dass mit „Ajisch” (Osch) „der Schwanz des Tierkreises Widder-Schaf” (יותא-Hyaden) gemeint ist. Auf welche Sterngruppe genau sich dies bezieht, gibt es eine grosse Meinungsverschiedenheit: a) Grosser Bär, b) Kleiner Bär, c) Grosser Wagen u.a. [S.a. ausführlich Ibn Esra zu Amos 5,8]
  12. Chasal lernen dies aus den Psukim in Ijow (38,31-32): הַתְקַשֵּׁר מַעֲדַנּוֹת כִּימָה אוֹ מֹשְׁכוֹת כְּסִיל תְּפַתֵּחַ, הֲתֹצִיא מַזָּרוֹת בְּעִתּוֹ וְעַיִשׁ עַל בָּנֶיהָ תַנְחֵם. S.a. Sche’iltot Anfang Parschat Wajero
  13. Raschi zu Berachot 59a, siehe Ta’awa le’Ejnajim (Algasi) und Semichat Chachamim zu Berachot u.a. [Siehe ausführlich in den Randglossen zu Tosfot R. Jehuda Sir Leone zu Berachot]. Auch im Midrasch haGadol (P. Noach 7,11) steht, dass Er die zwei Sterne wieder an ihrem Ort zurücklegte. – Siehe jedoch Raschi zu Ijow (38,32), dass Hkb”H mit diesen zwei Sternen das Loch im Ajisch füllte!
  14. Siehe Tosafot haRo”sch zu Berachot 3b und Sanhedrin 16a [Randglossen ibid.]. Siehe ferner Maharsch”o zu Berachot, dass Hkb”H ‘leatid lawo’ dem Kimah zwei neue Sterne erschaffen wird. Siehe auch ausführlich ‘Schlejma Mischnato’ zu Berachot 59a.
  15. Midrasch haGadol P. Noach 7,11 und Midrasch haBi’ur S.58
  16. Im Midrasch Bereschit Rabba 5,6 und Malbim zur Stelle, wird dieser Passuk (auch) auf die Mabul gedeutet. [S.a. Perusch Maharsa»w zu Bereschit Rabba 25,2 und Jefej Toar zu Bereschit Rabba 31,3]
  17. Siehe unter §35
  18. Sanhedrin 108b
  19. Rabenu Efrajim 8,1 und Tosfot haSchalem 8,1/§6

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