Erinnerungen von Raw Jitzchak Silber SZ”L
Mit Genehmigung seines Sohnes Raw Benzion Silber schlito
Wir setzten die Publikation der Auszüge aus dem Buch der Erinnerungen von Raw Jitzchak Silber SZ”L fort. Raw Jitzchak Silber ist eine herausragende Gestalt der letzten Generation, dem es nicht nur gelungen ist, während der Sowjetzeit nichts von seiner Einhaltung von Tora und Mitzwot aufzugeben, sondern auch wortwörtlich Tausende Talmidim aufzustellen.
Fortsetzung
Beschneidung unter Verbot
Zu den „geserot“ der sowjetischen Macht zählte auch das Verbot der Beschneidung (Brit-Mila). Darüber, wie die Jiden dieses Verbot umgingen, habe ich bereits in meinen anderen Büchern erzählt. Ich wiederhole nun ein wenig.
Heutzutage ist der Name von Mordechai-Aaron Asnin nur Wenigen bekannt. Er war ein echter Held, der während seines Lebens zwanzigtausend jüdische Knaben beschnitten hat.
In Minsk gab es zahlreiche Mohelim, doch sie bekamen es alle mit der Angst zu tun, als die Machthaber Beschneidungen verboten. Rav Asnin war der einzige, der furchtlos seine Tätigkeit weiter ausübte, es kam vor, dass er am Tag zwölf, dreizehn Beschneidungen vornahm. Er hat dafür nie auch nur eine Kopeke genommen – höchstens ein wenig Lekach (Honigkuchen) und eine Kerze: beim Licht der Kerze lernte er, die Honigkuchen aber brachte er seinen Enkelkindern mit. Er hatte selbst, G’tt sei Dank, eine große Familie – acht Kinder und zahlreiche Enkel. Der Staatsanwalt Chodos, einer der verbissensten Mitglieder der Jevsekzija in Minsk, ließ diesen Mohel inhaftieren.
Rav Asnin wurde am Vorabend der Pessach-Feiertage festgenommen.
Es war vor seiner Verhaftung gelungen, eine Mitteilung hierüber ins Ausland zu übermitteln. Die Proteste der jüdischen Gemeinschaft weltweit konnten den Rabbiner retten: er wurde nicht lange inhaftiert – kurze Zeit später wurde er aus der Haft entlassen. (Als ich in Amerika war, kamen zwei Jiden zu mir, die zusammen mit Asnin im Gefängnis gesessen hatten.)
Aus der Haft entlassen, blieb er weiter seinen Prinzipien treu.
Aus Erfahrung wusste er, dass, wenn jemand zu ihm kam und um eine Beschneidung bat, man das Ganze nicht aufschieben durfte, damit die Behörden einem nicht in die Quere kamen.
Er sagte sofort:
-Wo ist das Kind? Bringt es so schnell es geht her.
Das war gewöhnlich seine Antwort. Als der Rabbiner einmal erkrankt war (das war, als seine letzten Lebenstage bereits nah waren), kam eine Frau zu ihm und bat um eine Beschneidung.
Der Rabbiner antwortete mit seiner üblichen Phrase:
-Also dann, bringt das Kind so schnell es geht her.
Die Angehörigen sträubten sich:
-Du bist doch krank, wie soll das gehen?
Der Rabbiner winkte nur mit der Hand ab:
-Egal. Solang ich noch am Leben bin, muss ich Beschneidungen machen. An dem Tag, an dem ich sterbe, werde ich aufhören.
Und so machte er seine letzte Beschneidung.
Am nächsten Tag starb Rav Mordechai. Sein Enkel, Reb Lejb Rosenhaus, lebt heute in Israel.
Wie Sie sehen, haben sich zu dieser Zeit noch einige Jidn trotz des Verbots nicht davon abbringen lassen, das Gebot der Beschneidung durchführen zu lassen. Hierfür war es aber notwendig, sich allerlei Spitzfindigkeiten auszudenken.
In den dreißiger Jahren wurde in Weißrussland einem Jiden – er war Mitarbeiter des NKWD (dem Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten – einer rigorosen Einrichtung, die Andersdenkende verfolgte) – ein Sohn geboren. Die Ehefrau will, dass der Sohn beschnitten wird. Wie soll das gehen? Der Ehemann fand einen Ausweg: „Ich gehe auf Dienstreisen. Wenn man es mir dann bei meiner Rückkehr sagt – dann wusste ich eben nichts davon.“ Und so fuhr er für zwei Wochen fort.
Als er zurückkam und mit zwei Mitarbeitern ins Haus trat – was sieht er da?
Man hatte seinen Sohn gerade beschnitten und der Mohel befand sich auch noch im Haus! Und er selbst, so kann man es sagen, hat auch noch zwei Zeugen mitgebracht! Dem vom Pech Verfolgten wurde schwarz vor Augen. Er griff den Mohel mit den Worten an: „Ach, Du Gegner! Du Volksfeind! Was hast Du meinem Sohn angetan?!“ Der Mohel lief davon. Aber der Mohel wusste ja von der Finte, die dem erschrockenem Vater selbst nicht bekannt war: die beiden, die er mitgebracht hatte, waren auch schon bereits mit ihren Söhnen zu ihm gekommen.
Ein Jid, Kommandeur einer Grenzwacht, wollte seinen Sohn beschneiden lassen. Aber wie sollte man den Mohel in eine Gegend bringen, wo jeder sofort kontrolliert wird und jeder, den man dort nicht kennt, gleich auffällt? Der Kommandeur einigte sich mit dem Mohel darüber, dass dieser so tun solle, als ob er verbotenerweise die Grenze überschreiten will. Man würde ihn festnehmen und ihn selbstverständlich zum Leiter der Einheit bringen. Gesagt, getan. Der Kommandeur nahm den verhafteten Mohel mit sich nach Hause, der Junge wurde beschnitten und der Mohel wurde wieder freigelassen.
Diese Geschichte habe ich selbst von Rav Aaron Chazan gehört.
Ursprünglich aus Moskau, jetzt ein Einwohner Bnei-Braks, hatte er in Israel seine Autobiographie herausgegeben „Neged haserem“ („Gegen die Strömung“), in der auch diese Episode beschrieben war.
Übrigens erinnert sich Rav Chazan darin an verschiedene Begebenheiten, auch aus seiner eigenen Vergangenheit. Bei einem seiner Scherze darüber, dass die Jiden es sehr lieben „mit Schwierigkeiten fertig zu werden“, erzählte er, wie seine jüdischen Kollegen ihn damit aufzogen, dass er es sich in Bezug auf das Arbeiten am Schabbat „bequem mache“. Rav Chazan arbeitete in irgendeiner soliden Einrichtung und diese Scherze hörte einer der gestandenen Kommunisten aus dieser Zeit, der selbst, man kann es kaum glauben, ein Jid war.
Er knurrte den Ankläger an:
– Noch ein Wort – und ich mach Dich fertig! Was hast Du selbst in der Mittagspause gemacht? Hast alles in Dich reingestopft, genau, bis über beide Backen. Aber ich hab‘ den Chazan gesehen – außer Brot hat er nichts angerührt…
Übersetzung M. Vorobiev
Fortsetzung folgt ijH