Es ist ein bekannter Minhag vieler, im Monat Elul zweimal täglich das Kapitel (Tehilim 27) „leDawid Haschem Ori weJisch’i“ zu sagen. Darin sprach Dawid haMelech: „Im takum alai Milchama“ – falls sich ein Krieg gegen mich erhebt, „beSot ani boteach“ – darauf verlasse ich mich“.
Worauf verliess sich Dawid haMelech? fragen Chasal und antworten: „Er bezog sich auf den Passuk (Dewarim 33,7): „weSot liJehuda – dies sprach Mosche zu Jehuda“ [1].
Es ist offensichtlich, dass Chasal einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Psukim sehen, weil in beiden das Wort „Sot“ verwendet wird. Dennoch benötigt ihre Antwort einer eingehenden Erklärung: Worauf bezog sich Dawid haMelech, und worin besteht seine Verbindung mit Mosche und Jehuda?
An einer anderen Stelle wundern sich unsere Weisen sl. über die ungewöhnliche Einleitung zur Bracha von Mosche Rabenu an den Stamm von Jehuda – „weSot LiJehuda“ – die Mosche bei allen anderen Schewatim nicht verwendete. Chasal erklären, dass die Gebeine von Jehuda, während den ganzen 40 Jahren als die Bne Jisrael in der Wüste weilten, keine Ruhe fanden, weil er seinem Vater Jakov versprochen hatte, für Binjamins Rückkehr zu bürgen.
Da nahm sich Mosche Rabenu seiner an und sprach zu Hkb“H (33,6): „Jechi Re’uwen we‘Al Jamot – Re’uwen lebe und sterbe nicht“. Wer verursachte, dass Re’uwen Teschuwa machte, als er das Bett seines Vaters verschob? Jehuda war es, der zuerst sein Unrecht bei der Geschichte mit Tamar vor allen Menschen zugab. Wie kann es dann sein, dass Re’uwen lebt und seine Gebeine in Frieden ruhen, während Jehuda keine Ruhe findet – „weSot liJehuda“, hat er denn ein solches Los verdient? [2]
Demnach wird mit dem Wort „Sot“ die Teschuwa von Jehuda gemeint, zu der er den Re’uwen bewegte. Ähnliches finden wir auch in Bezug der ‚Awodat Jom Kippur‘, von der es heisst (Wajikra 16,3): „beSot jawo Aharon el haKodesch – damit soll Aharon in das Heiligtum kommen“. Womit soll Aharon am Jom Kippur ins ‚Kodesch Kodaschim‘ eintreten? Mit der erfolgten „Teschuwa“!
In diesem Sinn lassen sich auch die erwähnten Worte David haMelechs erklären, der sagte: „Im takum alai Milchama – falls sich ein Krieg gegen mich erhebt, „beSot ani boteach“ – darauf verlasse ich mich“.
Womit kann ich im Krieg den Feind und Gegner bezwingen? Mit der Kraft der Teschuwa.
Deshalb zogen in eine „Milchemet Reschut“, in einen freiwilligen Krieg nur solche Männer, die als Zadikim galten, d.h. die vollständige Kontrolle über alle ihre Taten besassen. Allerdings gibt es keinen Menschen auf der Erde, der nicht in irgendeinem Ausmass sündigt. Die Kunst der Zadikim ist es jedoch, dass sie sich einer solchen Verfehlung sofort bewusst werden und sogleich – ohne lange zu warten – darauf Teschuwa machen.
Wer wurde dagegen von der Front zurückgeschickt, wer durfte nicht an einem solchen Krieg teilnehmen? „kol haSoch bejn Tefila leTefila“, sogar wer zwischen dem Legen der ‚Tefilin schel Jad‘ und den ‚Tefilin schel Rosch‘ unterbricht, definieren Chasal [3]. Die ‚Tefilin schel Jad‘ symbolisieren bekanntlich die Taten des Jehudi, und die ‚Tefilin schel Rosch‘ sein Denken. Wer zwischen seine Taten – seinem begangenem Fehler, und seinen Mund – dem Widui und Zugeben seines Fehlers, unterbricht, indem er nicht sofort Teschuwa macht, der ist kein geeigneter Soldat. Er zögert zu lange, bis er seinen Fehler einsieht, diesen verbessert und daraus lernt – und dies kann tödliche Folgen haben!
Nachdem uns die Tora in ‚Parschat Schoftim‘ diese Verhaltensregel des idealen Kriegers lehrte, gibt sie uns nun zu verstehen, wie man sich bei der Rückkehr aus einem solchen Kampf verhalten muss, um schlechte Eindrücke und Erfahrungen, die man im Kampf gesehen oder erlebt hat, richtig zu verarbeiten: „Ki Seze laMilchama… – wenn du gegen deinen Feind in den Krieg gezogen bist und Haschem, Dein G’tt, ihn in deine Hand gegeben hat, und du von ihm Gefangene wegführst“. Man hat den Feind, den ‚Jezer haRa‘ zwar besiegt und Teschuwa gemacht, doch die bereits verinnerlichten Einflüsse und Gelüste drohen immer wieder emporzusteigen und versuchen es, den Menschen wieder ins Verderben zu stürzen.
„Und du hast unter den Gefangenen eine Frau von schöner Gestalt erblickt, und du begehrst sie….“ Der Trieb zum Bösen ist so stark, dass man ihn kaum bändigen kann. Darauf rät die Tora: „Sage deinem Trieb, dass du ihm nachgibst, doch solle er sich nur ein bisschen gedulden.”
„Bringe sie in dein Haus; sie schneide sich das Haar, entferne ihre (eigenen) Kleider und beweine ihre Eltern einen Monat lang“. Wenn für das Teschuwa-Machen die Regel der sofortigen Aktion galt, so wird jetzt nach der verrichteten Teschuwa genau das Gegenteil verlangt: geduldiges Abwarten bis der Trieb und die Lust sich wieder abkühlen.
Inzwischen beschäftige man sich mit dem Abschneiden der Haarpracht und der Entfernung der schönen Kleider, womit die Überredungskunst des ‚Jezer haRa‘ gemeint ist. Man soll darüber nachdenken, was der Trieb einem vorgaukelt. Ausserdem weine man über Vater und Mutter, dass man sich schon wieder von Hkb“H und Seiner Schechina entfernen wollte… – Auf diese Weise wird man auch mit einer ‚Eschet jefe Toar‘, die vom menschlichen Trieb in seiner Fantasie aufgeblasenen Scheingebilde törichter irdischen Vergnügungen fertig. Durch Tefila und Gewein erhält man insbesondere im Monat Elul die g’ttliche Hilfe, um die richtige Nadel zu finden, die auch die grössten und farbigsten aller Seifenblasen platzen lässt.
Quellennachweis:
- [1] Midrasch Bamidbar Rabba 13,4
- [2] Sota 7b und Raschi gemäss Midrasch Tanchuma
- [3] Sota 44b gemäss Raschi