„Das Land, wohin du kommst, es in Besitz zu nehmen, ist nicht wie das Land Mizrajim, aus dem ihr gezogen seid, wo du deine Saat aussätest und mit deinem Fusse tränktest (durch die Überflutung des Nils). Sondern das Land wohin ihr zieht… durch den Regen des Himmel trinkt es Wasser. Es ist ein Land, das Haschem dein G‘tt (selbst) beachtet, ständig sind Seine Augen darauf gerichtet…” (11,10-12)
Worin besteht der Zusammenhang zwischen der natürlichen Art und Weise wie Erez Jisrael bewässert wird und der ‚Haschgacha Pratit‘, der besonderer himmlischen Vorsehung, mit der Hkb“H das ‚Heilige Land‘ im Auge überwacht?
Raschi kommentiert den Unterschied in der Bewässerung zwischen Erez Jisrael und Mizrajim als Lob und Vorteil von Erez Jisrael gegenüber Mizrajim. In Ägypten bewässerte der Nil nur das angrenzende, flache Ufer, während das Wasser für das Hochland hinaufbefördert werden musste. In Erez Jisrael hingegen wird das ganze Land, niedrige wie hohe Stellen, durch das himmlische Wasser – den Regen – getränkt, während die Einwohner ungestört schlafen. Für das bald sesshaft werdende Wandervolk, das sich darauf wappnete, nun zu echten Landwirten und Bauern zu werden, war diese Kunde eine frohe Nachricht, wurde ihnen doch damit die Arbeit segensreich vereinfacht.
Hier wird jedoch nur der Vorteil von Erez Jisrael gegenüber Mizrajim betont, aber nicht dessen Vorteile gegenüber allen anderen Länder der Welt. Zudem besitzt die Abhängigkeit des Landes vom Regen des Himmels auch eine Kehrseite: falls dieser nämlich chalila ausbleibt oder – wie heutzutage – in zu geringen Mengen fällt.
Deshalb erklärt der Passuk: „Tamid Ene Haschem Elokecha Ba – ständig sind die Augen G’ttes auf ihr gerichtet“.
Das Land wurde nicht wie die anderen Länder der Welt der Überwachung und Verwaltung von „Sareh Ma’ala“ (Mal‘achim) übergeben, sondern Hkb”H selbst kontrolliert und verwaltet es [1]. Dies zeugt von seiner Liebe gegenüber Erez Jisrael, kommentiert der ‚Zeror haMor‘. Es ist wie das Gleichnis vom König, der seinen Sohn dermassen liebt, dass er ihn jeden Tag sehen möchte. Er gibt ihm daher seine Parnassa nur in täglichen Rationen, anstatt ihm auf einmal eine grosse Summe Geld zu überweisen. In diesem Sinn gab der heilige Tana ‚Rabbi Schim’on bar Joachai‘ seinen Schülern den Sinn des täglichen ‚Mon‘ in der Wüste zu verstehen[2].
Damit aber diese Liebe von Haschem zu Jisrael, und die dadurch erzwungene tägliche Hoffnung und Bitachon, und das damit verbundene Bangen und Bitten von seiten Jisraels zu Hkb”H auch in Erez Jisrael anhält, wurde die Natur des gelobten Landes dem täglichen himmlischen Mon angepasst. In diesem Land gibt es nämlich keine feste Naturgesetze, die das Klima und Wetter bestimmen und regeln – es is „Ene Haschem“, die g‘ttliche Vorsehung, die selbst diese Dinge im ‚Heiligen Land‘ regeln.
Doch all dies hängt von den Bewohnern des Landes, den Bne Jisrael ab, gemäss deren Beachtung der Tora und Mizwot. „Unser sittliches Verhalten in Erez Jisrael unterliegt einer steten Überwachung“ schreibt Raw Hirsch sZl., „das Gedeihen dieses Landes ist nicht den blossen Konsequenzen einer einmal gegebenen Naturordnung überlassen. Sie ist vielmehr Gegenstand der dich für seine sittlichen Menschheitszwecke bestimmenden, überwachenden und erziehenden Waltung G’ttes“.
Dementsprechend bemerkte einst einer unserer ‚Gedole haDor‘: „Wer sind nun die wahren „Zionisten“ in diesem Land? Diejenigen, welche die letzte Grenze der Sittlichkeit und des Z’niut brechen wollen, oder sind es diejenigen, die diese mit ‚Messirut Nefesch‘ achten und stärken?“
So verkündet die Tora die Bedingungen für den Erhalt des Regens in Erez Jisrael im gleich darauf folgenden Abschnitt (11,13-14): „Wehaja in schamoa tischme’u el Mizwotai… Wenatati Metar Arzechem… – wenn ihr auf meine Gebote hört… so werde Ich eurem Land Regen geben”. Die Beachtung der Tora und Mizwot sind die meteorologischen Ursachen des Witterungswechsels und der Niederschläge in Erez Jisrael. „Die himmlische Regenspende ist jedesmal ein Akt unmittelbarer g’ttlicher Fürsorge, und nicht lediglich eine Konsequenz eines geordneten Zusammenwirkens elementarer Naturgesetze. Die primäre Ursache bleibt die g’ttliche Vorsehung, wie Chasal sagen: „Der Schlüssel für Regen bleibt in der Hand von Hkb“H und wird keinem Boten (dauerhaft) übergeben!“ [3]
Quellennachweis:
- [1] Sifri Ekew 42
- [2] Joma 76a
- [3] Chumasch Hirsch gemäss Ta’anit 2a