So wie im Himmel, so auf der Erde – Teil 14 – Der Garten Eden

Datum: | Autor: Rabbi Ezriel Tauber SZl | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Eden
Rabbi Ezriel Tauber SZl – L’ilui nischmat Hamechaber
Fortsetzung

Der Garten Eden

Inhalt:

  • Erläuterung der Verse den Garten Eden betreffend
  • Die innige Beziehung zwischen dieser und der nächsten Welt
  • Ein Perspektive über das Leiden
  • Die Bedeutung im Moment zu leben

„Und Haschem/G-tt pflanzte einen Garten im Osten in Eden; und dorthin stellte er den Menschen, den er schuf.“[1]

(Genesis 2:8)

Der Garten Eden ist ein Synonym für Ewigkeit. Deshalb wurde er mikedem gepflanzt, was gewöhnlich mit „gegen Osten“ übersetzt wird. Mikedem hat aber auch die Nebenbedeutung „ursprünglich“ oder „uranfänglich“. Das heißt, dass der Garten Eden (Eden heißt „Vergnügen“) ein uranfänglicher Ort ist. Ein Bereich vor aller Zeit, eine „Zeit“ von zeitloser Zeit.

Genauso wie die g-ttliche Seele der ewige Teil des menschlichen Wesens ist (siehe vorhergehendes Kapitel), ist der Garten Eden der ewige Teil des Globus: Er ist die Seele der Welt. Das erklärt, weshalb gesagt wird, dass eine Seele, die himmlische Belohnung verdient, aus dieser Welt in den Garten Eden eingeht. Sie kehrt in ihr Heim zurück und das ist ihre Belohnung.

Oft vergessen wir oder wissen es nicht einmal, dass der Garten Eden ursprünglich nicht als Ort der Belohnung der jenseitigen Welt gedacht war.

Er wurde auf dieser Erde „angepflanzt“, und hätte Adam nicht gesündigt, wäre die ganze Welt ein Garten Eden geworden. Dies ist auch das Ziel der heutigen Weltgeschichte: zu dem Punkt zurückzukehren, an dem Adam sündigte, und sich von dort aus in die ganze Welt zu verbreiten wie die vier Flüsse, die dem Garten Eden entsprangen.

Es ist deshalb ein Fehler, dualistisch zu denken, nämlich dass es zwei völlig voneinander unabhängige Welten gäbe: Olam Haseh, „diese Welt“, und Olam Haba, „die zukünftige Welt“ (also das Leben nach dem Tod). In Wahrheit gibt es nur eine einzige Welt.

Diese Welt hat sich nur noch nicht zum Garten Eden gewandelt, wie es vorgesehen war.

Wir haben ebenso Unrecht, wenn wir einfach glauben, dass Menschen, die sich himmlischen Lohn verdient haben, eine Welt verlassen und in die nächste eingehen wie jemand, der von einer Wohnung in eine andere zieht. Wenn der Schabbat kommt, ziehen Sie dann in eine andere Behausung? Ändern Sie Ihren Standort? Nein, Sie beschäftigen sich mit dem Schabbat im gleichen Haus oder in der gleichen Wohnung, die Sie auch während der Woche bewohnen. Wenn es ein richtiges jüdisches Heim ist, verwandelt sich diese Wohnung. Sie hat die Atmosphäre des Schabbats angenommen.

Der Abfall – physischer wie geistiger – wird hinausgeworfen. (Hoffentlich werden beide Arten auch während der Woche entfernt.) Das beste Tischtuch wird aufgelegt. Das beste Geschirr wird hervorgenommen. Alles ist weiß. Sie sind nicht in eine andere Wohnung umgezogen. Sie haben die Luft nicht ausgewechselt. Sie haben einfach die Umgebung, in der Sie die Woche über gelebt haben, in einen Schabbat verwandelt.

Diese Welt ist wie ein Wochentag, der zum ewigen Schabbat führt.

Eines Tages wird er die kommende Welt werden, Olam Haba. So wie Sie sich selbst dazu erziehen, dieses Leben zu erfahren, werden Sie auch das Leben nach dem Tod erfahren … außer dass die Erfahrung dort viel reiner und intensiver sein wird. Aber die grundsätzliche Erfahrung ist dieselbe; Ihre grundsätzliche Persönlichkeit hier ist Ihre grundsätzliche Persönlichkeit dort.

In diesem Sinn gibt es wirklich nur eine einzige Welt: diese Welt. Diese Welt wird jedoch eines Tages zur kommenden Welt, zum Garten Eden. Wenn Sie das Leben nach dem Tod als Garten Eden erleben wollen, dann müssen Sie lernen, in welcher Weise das gegenwärtige Leben Elemente besitzt, die der Erfahrung des Garten Eden ähnlich sind.

Im Jetzt leben

Manchmal geben Menschen das Leben auf. Sie sagen: „Ich kann in diesem Leben nicht glücklich werden. Ich hoffe, dass ich in der nächsten Welt ein besseres Leben haben werde.“ Sie denken, solange sie hier leiden, verdienen sie es, in die zukünftige Welt zu kommen, Olam Haba.

Das ist fehlgeleitetes Denken.

Man kann nicht wirklich Olam Haba entwickeln, wenn man nicht Olam Haseh hat. Während man Schmerzen nicht verhindern kann und es natürlich ist, diese nicht zu lieben, haben doch schmerzliche Lebenslagen ihren eigenen Wert.

Das Wissen, dass das, was man hier durchmacht, einen Schlüssel beinhaltet, das Olam Haba zu verbessern, kann die Fähigkeit verstärken, das Leben jetzt zu genießen und zu erfahren. Leiden muss keine Entschuldigung für Stagnation und Verzweiflung zu sein. Wenn man nichts im Olam Haseh macht, was wird man im Olam Haba haben? Deshalb muss man die Kraft finden, immer sein Bestes zu geben, auch in schwierigen Zeiten.

Wie kann man inmitten von Leiden glücklich sein?

Die Antwort lautet: durch das Bewusstsein, dass jede Sekunde des Lebens ein Samenkorn von Olam Haba beinhaltet. Die Wahrheit ist, dass das Wenige, das in schwierigen Zeiten erreicht wurde, gewöhnlich viel mehr bedeutet, als das, was unter einfachen Bedingungen erzielt wurde. Jede Erfahrung in diesem Leben – inklusive schwieriger Zeiten – ist die nukleare Kraftquelle für die Freude, die Sie in der zukünftigen Welt erfahren werden. Mit diesem Wissen kann ein Mensch lernen, sogar in schwierigen Zeiten innere Ruhe und Zufriedenheit ausstrahlen.

Jeder Moment hat seinen Wert

Jeder Moment hat seinen Wert – sogar Momente (oder Lebensabschnitte) des Schmerzes oder des Leidens. Das Leben eines jeden Einzelnen wurde so angelegt, dass es Milliarden von Momenten gibt, jeder mit seiner einzigartigen Antwort, die es zu erfahren und in denen es sich zu entscheiden gilt. Es liegt jedoch an einem selbst, den Wert jeden Augenblicks zu entdecken. Und niemand kann diese Entdeckung für einen anderen machen. Er bleibt ein unentdecktes Juwel, wenn man nicht die Verantwortung für seine Entdeckung übernimmt.

Jeder von uns muss sich ständig fragen: Was gibt mir das JETZT? Jeder Moment des Lebens ist ein Juwel. Wenn Sie nicht versuchen die Bedeutung und die Aufgabe dieses Moments zu entdecken, was tun Sie dann? Jetzt ist der Moment da, etwas zu erreichen, denn wenn Sie das JETZT nicht nutzen, wann werden Sie den Moment wiederbekommen? Er kommt nie mehr zurück.

Ein gewisser heiliger Jude wachte jeden Morgen auf und pflegte zu sich zu sagen:

„Guten Morgen und willkommen, einundzwanzigster Ijar (oder welcher Tag es auch immer war). Was für ein großartiger Tag! Wir haben seit Beginn der Schöpfung auf dich gewartet. Wir haben so lange auf dich gewartet, und nun ist die Zeit so kurz. Wir werden nur die nächsten 24 Stunden zusammen sein. Danach werde ich dich nie wiedersehen. Deshalb lass mich beginnen. Ich verspreche, ich werde jede Sekunde mit dir verbringen.“

Dies ist die Haltung, mit der wir unsere Zeit optimieren müssen.

Auf der anderen Seite muss auch gesagt werden, dass sogar ein ganzes Leben vergeudeter Augenblicke wieder gutgemacht werden kann. Jedes Element unserer Vergangenheit kann zum Guten gewendet werden. Die Idee ist, eine Wahl von solch hoher und weitreichender Qualität zu treffen, dass es einen wieder in den ursprünglichen Zustand der Seele zurückversetzt, wieder zu einem Wesen werden lässt, das nach dem G-ttlichen Ebenbild geschaffen wurde.

Das Wunderbare am Schreiben mit dem Computer ist, dass man keine Angst davor haben muss, Fehler zu machen.

Zuvor musste man Tipp-Ex benutzen oder sogar die ganze Seite neu schreiben. Heute klickt man auf die Stelle, wo der Fehler sich befindet, korrigiert ihn und das Textverarbeitungsprogramm reorganisiert einem die ganze Seite. Das Gleiche gilt auch für unsere geistigen Fehler. Die Vergangenheit ist nie ganz verloren, solange wir leben. In einem einzigen, tief empfundenen Moment der stärksten Gefühle kann jeder zu seinem ursprünglichen Zustand als Bürger der Seele „zurückkehren“. Und wenn wir das tun, machen wir all unsere früheren Fehler wieder gut. So wie die Eingabe einer Korrektur am Computer kann ein einziger Moment der „Rückkehr“ die vergangenen Momente des Lebens verändern.

Es mag nicht einfach sein. Aber die Wahrheit ist, dass solch eine Veränderung innerhalb eines Augenblicks stattfinden kann. Das wahre Ich ist das Seelen-Ich und das Seelen-Ich hungert nach Wahrheit. Manche Menschen deprimiert es, dass sie es nicht schaffen, sich mit ihrer ewigen Seele zu identifizieren. „Rückkehr“ bedeutet, nochmals sich selber zu werden – das Seelen-Ich, das keine Lethargie und Selbsttäuschung toleriert. Wenn Sie in der Vergangenheit Fehler machten, waren das nicht Sie. Ihr wahres Ich ist das „Ich“, das Sie in einem Moment nackter und nüchterner Wahrheit entdecken. Solch ein Moment ist meistens schmerzhaft, wenn Sie aber Ihr wahres Selbst entdecken – wiederentdecken -, sind Sie im Besitz eines Teils von Ihnen, den Sie ewig lieben können, und es gibt nichts Schöneres als das.

Spiritualität hat nichts mit Wahrsagen, Geisterbeschwörung oder ähnlichen Dingen zu tun.

Spiritualität ist das Leben im Jetzt. Eine wahre Quelle der Spiritualität lehrt uns, wie wir im Jetzt leben sollen… im Moment, dessen Teil wir alle sind.

Fortsetzung folgt ijH

  1. Bereschit 2,8

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