nach alter jüdischer Überlieferung wörtlich aus dem Aramäischen ins Deutsche übersetzt.
Der Originaltext wurde aus alten jemenitischen Handschriften von Rabbi Josef Kifach, Jerusalem in Jahre 5741 (1981) herausgegeben.
Megilat Antiochos ist eine Aufzeichnung der schweren Zeiten unter griechischer Herrschaft, Galut Jawan, als das jüdische Volk gegen grausamen Terror für seinen Bund mit G-tt und für Torah und Mizwot kämpfen musste – und von den Wundern und der Befreiung, den Siegen, Rettungen und Kämpfen, welche G-tt für unsere Vorfahren in jenen Tagen ausführte. Es ist nicht bekannt, von wem und wann diese Megila verfasst wurde, noch ist der Zeitpunkt bekannt, wann sie aufgeschrieben wurde. Wie Raw Sa’adia Gaon (Ägypten und Babylonien, 882-942) in der Einleitung zu seiner arabischen Übersetzung von Megilat Antiochos schreibt, wurde sie nicht mit Newu’a (Prophetie) geschrieben – hat also nichts mit den 5 Megilot oder den anderen 24 Büchern des Tenach (die jüd. Bibel) gemeinsam.
Doch stellt sie eine ununterbrochene Überlieferung aus jenen Tagen dar. Der grosse Raw Sa’adia Gaon sah es für richtig und notwendig an, Megilat Antiochos auf Arabisch zu übersetzen und seiner arabischen Übersetzung/Erklärung des Tenachs anzuhängen. Bei den jemenitischen Juden ist sie erhalten geblieben.
In früheren Jahren war es in den Schulen Jemens Brauch, am Chanukka mit den Kindern diese Megila zu lernen.
1) Es war in den Tagen des Antiochos, des Königs der Griechen; er war ein grosser und mächtiger König, stark in seiner Herrschaft, und alle Könige hörten auf ihn. 2) Er eroberte viele Länder und nahm mächtige Könige gefangen, zerstörte ihre Burgen, verbrannte ihre Paläste und kerkerte ihre Helden ein. 3) Am Ufer des Meeres baute er eine grosse Stadt als seinen königlichen Sitz und nannte sie auf seinen Namen Antiochia. 4) Auch Bagros, sein Statthalter, baute sich eine andere Stadt ihr gegenüber und nannte sie Medinat Bagros, und so sind ihre Namen bis heute. 5) Im dreiundzwanzigsten Jahr seines Reiches, im zweihundertdreizehnten Jahr nach dem Bau dieses G“tteshauses (des Bet Hamikdasch), wandte er sein Angesicht, um nach Jeruschalajim hinaufzusteigen.
6) Er hob an und sagte zu seinen Offizieren: Ihr wisst doch, dass das jüdische Volk in Judäa, welches unter uns lebt, unseren Göttern nicht dient – sie befolgen unsere Sitten nicht, und sie missachten die Gesetze des Königs, um ihren eigenen Gesetzen zu folgen. 7) Auch hoffen sie auf den Tag des Untergangs der Könige und Herrscher und sagen: „Wann wird unser eigener König über uns regieren – und wir werden Meer und Land beherrschen und die ganze Welt wird in unsere Hand gegeben?“ Es ist keine Ruhmestat für eine Regierung, sie auf der Erde zu lassen.8) Kommt, lasst uns jetzt gegen sie ziehen – wir werden den Bund, welchen man mit ihnen geschlossen hat, zerstören: Schabbat, Chodesch und Milah.
9) Diese Sache war recht in den Augen seiner Fürsten und in den Augen aller seiner Armeen.
10) Zur selben Stunde erhob sich Antiochos, der König, und sandte Nikanor, seinen Statthalter, mit einer grossen Armee und viel Volk. Er kam nach Jeruschalajim, tötete dort viele, und stellte ein Götzenbild im Bet Hamikdasch auf, an jenem Ort, von dem der G“tt Israels zu Seinen Dienern, den Propheten, gesprochen hatte: „Dort werde ich meine Schechina ruhen lassen für ewig.“
11) Zu jener Zeit schlachteten sie ein Schwein und brachten von seinem Blut in die Asara (Hof) des Heiligtums.12) Und als Jochanan, der Sohn Mattitjahus, diese Dinge hörte, wurde er von Zorn und Wut erfüllt, sein Gesichtsausdruck veränderte sich, und er überlegte in seinem Herzen, was zu tun. 13) Sogleich machte sich Jochanan, der Sohn Mattitjahus, ein Schwert, zwei Spannen lang und eine Spanne breit, und zog es unter seinem Kleid an. 14) Er kam nach Jeruschalajim, stand am Stadttor, sprach zu den Pförtnern und Wächtern: „ich bin Jochanan, der Sohn des Mattitjahu, Priester von Judäa, ich bin gekommen, vor Nikanor zu treten.“
15) Dann gingen die Wächter und Pförtner hinein und sprachen zu Nikanor:
„Der Hohepriester von Judäa steht beimTor.“ Da sagte er ihnen: „Er soll hereinkommen.“ 16) Dann wurde Jochanan vor Nikanor geführt. Nikanor rief aus: „Jochanan, du bist einer der Rebellen, welche gegen den König rebelliert haben und nicht den Frieden der Regierung wollen!“ 16) Jochanan antwortete vor Nikanor: „Nun bin ich vor Euch gekommen, um zu tun was Ihr wollt.“ 17) Nikanor antwortete und sagte zu Jochanan: „Wenn du nach meinem Willen tun willst, nimm ein Schwein und schlachte es (als Opfer) dem Götzen – und ich werde dir königliche Kleider anziehen, dich auf dem Pferd des Königs reiten lassen, und du wirst wie einer der Freunde des Königs sein.“
19) Als er diese Worte hörte, erwiderte Jochanan und sagte: „Mein Herr, ich fürchte mich vor den Kindern Israels, vielleicht werden sie erfahren, dass ich so getan habe, und mich steinigen. Mögen alle jetzt von Eurer Gegenwart hinausgehen, vielleicht erzählen sie es dem Haus Israel.“ 20) Dann entfernte Nikanor alle aus seiner Gegenwart. 21) In diesem Moment erhob Jochanan, der Sohn Mattitjahus, seine Augen zum Himmel und ordnete sein Gebet vor dem Herrn der Welt und sprach: „Mein G“tt und G“tt meiner Väter Awraham, Jizchak und Jisrael.“ 22) Und so sagte er: „Gib mich nicht in die Hand dieses Unbeschnittenen – wenn er mich tötet, wird er gehen und sich im Haus seines Götzen (Dagon) rühmen und sagen ‚mein Gott hat ihn in meine Hand gegeben.'“
23) Sogleich ging er drei Schritte auf ihn zu, stiess das Schwert in sein Herz und warf ihn erschlagen in die Asara (Hof) des Heiligtums.
24) Jochanan rief aus vor dem G“tt des Himmels: „Mein Herr! rechne es mir nicht als Sünde an, dass ich ihn in Deinem Bet Hamikdasch getötet habe. Nun liefere (in unsere Hände) alle die Völker, die gekommen sind, die Juden von Jeruschalajim zu verführen.“ 25) Dann ging Jochanan an jenem Tag hinaus und kämpfte gegen diese Völker und erschlug unter ihnen eine grosse Anzahl. Das Volk, das sich vom Schwert retten konnte, floh zu Schiff zum König Antiochos. 26) Und die Zahl der Toten, die er an jenem Tag erschlug, war zweiundsiebzigtausend und siebenhundert, denn sie brachten sich gegenseitig um.
27) Bei seiner Rückkehr baute er eine Säule und benannte sie „Makbej, Töter von Mächtigen“. 28) Als Antiochos hörte, dass sein Statthalter Nikanor getötet worden war, war er sehr bekümmert und er liess Bagros, den Rascha, rufen, den Volksverführer. 29) Antiochos, der König, rief aus und sagte zu Bagros: „Wisst Ihr nicht, habt Ihr nicht gehört, was die Kinder Israel mir angetan haben – sie haben meine Armee getötet, meine Lager und Fürsten geplündert.“
30) „Nun verlasst ihr euch auf euren Reichtum oder auf eure Häuser? Kommt jetzt – lasst uns gegen sie ziehen. Wir werden ihren Bund, welchen man mit ihnen geschlossen hat, zerstören: Schabbat, Chodesch und Milah.“ 31) Dann erhob sich Bagros, der Rascha, und sein ganzes Lager und kam nach Jeruschalajim. 32) Er tötete viele in der Stadt und verhängte ein Vernichtungsdekret über Schabbat, Chodesch und Milah.
33) Deshalb – das Wort des Königs war absolut – wenn jemand seinen Sohn beschnitt, brachte man den Mann und seine Frau und hängte sie gegenüber dem Kinde.
34) Und eine Frau gebar einen Sohn nach dem Tode ihres Mannes. Sie beschnitt ihn am achten Tag und kletterte auf die Stadtmauer – den Sohn, den sie beschnitten hatte in ihrer Hand. 35) Sie rief aus: „Man sagt dir Bagros, der Böse! Der Bund unserer Väter wird nie von uns aufhören und nicht von unseren Kindeskindern.“ Sie warf ihren Sohn hinab und fiel ihm nach, und sie starben beide. Und viele von den Kindern Israels taten desgleichen und brachen nicht den Bund ihrer Väter.
36) Zu jener Zeit sprachen die Kinder Israel einer zum andern: „Kommt, wir wollen am Schabbat in einer Höhle ruhen – damit wir nicht dazukommen, Schabbat zu entweihen; und man verriet die Juden an Bagros. 37) Dann sandte Bagros bewaffnete Männer – sie kamen an den Eingang der Höhle und sprachen: „Kinder Israels! Kommt zu uns heraus und esst von unserem Brot und trinkt von unserem Wein – und was wir tun, sollt ihr auch tun.“ Da riefen die Kinder Israels einer dem andern zu: „Wir gedenken, was uns am Berg Sinai befohlen wurde: ‚Sechs Tage sollt ihr eure Arbeit tun und am siebten Tag ruhen‘ – nun, es ist besser für uns zu sterben, als den Schabbat zu entweihen.“ 39) Deshalb, als sie (die Juden) ihnen nicht gehorchten, brachten sie feuchte Hölzer und zündeten sie am Eingang der Höhle an – um die tausend Männer und Frauen starben.
40) Danach gingen die fünf Söhne Mattitjahus, Jochanan und seine vier Brüder, und kämpften gegen diese Völker.
41) Sie erschlugen eine grosse Anzahl, und die übrigen flohen in die Meeresprovinzen. Denn sie vertrauten auf den G“tt des Himmels. 42) Darauf setzte sich Bagros, der Rascha, in ein Schiff und floh zum König Antiochos und mit ihm Männer, die vor dem Schwert geflohen waren.
43) Bagros hob an und sagte zu Antiochos: „Oh König! Ihr habt ein Dekret erlassen, um in Judäa Schabbat, Chodesch und Milah zunichte zu machen. Grosser Widerstand herrscht dort, und würden sogar alle Völker, Nationen und Sprachen gegen sie ziehen, hätten sie keinen Erfolg gegen die fünf Söhne Mattitjahus, welche mächtiger sind als Löwen, leichter als Adler und unerschrockener als Bären. 44) Nun, oh König! möge mein Rat Euch gefallen – denn wenn Ihr mit diesen Lagern Krieg führt, werdet Ihr vor allen Königen beschämt werden. 45) Deshalb, sendet einen Brief an alle Städte Eures Reiches: ‚Es mögen kommen alle Offiziere der Städte, und mit ihnen alle Völker und auch panzerverkleidete Elefanten.'“
46) Da fand die Sache in den Augen Antiochos Gefallen – er sandte und liess die Offiziere der Städte rufen, und es kamen alle Völker und mit ihnen panzerverkleidete Elefanten.
47) Zum zweiten Mal erhob sich Bagros und kam nach Jeruschalajim. Er schlug dreizehn Breschen (in die Mauern des Heiligtums), schnitt den Wasserzufluss der Stadt ab, und verbrannte einen Teil ihrer Steine, bis sie zu Staub wurden. 48) Er dachte in seinem Herzen: „Dieses Mal können die Kinder Israel mir nicht beikommen, denn gross ist mein Heer und stark sind meine Hände“ – und der G“tt des Himmels dachte nicht so.
49) Als die fünf Söhne Mattitjahus dies hörten, erhoben sie sich und gingen nach Mizpeh in Gil’ad, dem Ort, an dem sie in den Tagen des Propheten Schmuel Rettung erfahren hatten. 50) Grosses Fasten ordneten sie an, und sie setzten sich auf Asche, Erbarmen zu erflehen vom G“tt des Himmels.
51) Sogleich fiel ihrem Herz ein guter Rat ein. Ihre Namen waren Jehuda der Erstgeborene – Schimon, der zweite – Jochanan, der dritte – Jonathan, der vierte und Elasar, der fünfte.
Bevor er sie in den Krieg schickte (betete ihr Vater für sie und) segnete ihr Vater sie und sprach zu ihnen:
Jehuda, mein Sohn, Ich werde (G“tt) für deine Taten danken wie (für die Taten von) Jehuda, dem Sohn Ja’akows, der zu einem Löwen verglichen wurde. Und du, mein Sohn Schimon, ich werde (G“tt) für deine Taten danken wie (für die Taten von) Schimon, dem Sohn Ja’akows, der die Einwohner von Schechem erschlug, die sich wegen seiner Schwester Dinah schuldig gemacht hatten. Und du, mein Sohn Jochanan, ich werde (G“tt) für deine Taten danken wie Awner, der Sohn des Ner, des Heerführers von Jisrael. Und du, mein Sohn Jonathan, ich werde (G“tt) für deine Taten danken wie (für die Taten von) Jonathan, der Sohn des Scha’ul, der die Philister tötete. Und du, mein Sohn Elasar, ich werde(G“tt) für deine Taten danken wie (für die Taten von) Pinchas, dem Sohn des Elasar, der für seinen G“tt eiferte und die Kinder Israel vor dem g“ttlichen Zorn rettete.
Daraufhin erhoben sich die fünf Söhne Mattitjahus an jenem Tage und führten Krieg gegen jene Völker und erschlugen eine grosse Anzahl von ihnen. Und von ihnen wurde Jehuda getötet. 52) Sobald sie sahen, dass Jehuda getötet worden war, kehrten sie zu ihrem Vater zurück. Er sagte zu ihnen: warum seid ihr zurückgekehrt? 53) Sie antworteten: „Jehuda, unser Bruder, ist getötet worden, der uns alle aufwog.“ 54) Mattitjahu antwortete und sprach zu ihnen: „Ich werde mit euch hinausziehen, und ich werde kämpfen gegen diese Völker, dass die Kinder Israel nicht untergehen – und ihr sollt die Trauer für euren Bruder beenden.“
55) Mattitjahu zog hinaus an jenem Tag mit seinen Söhnen und führte Krieg gegen die Völker.
56) Und der G“tt des Himmels liess alle Helden dieser Völker in ihre Hände fallen, und sie erschlugen eine grosse Anzahl von ihnen – jeder, der ein Schwert zog oder einen Bogen spannte, und alle Offiziere; von ihnen (den Helden) blieb kein Überrest. Die Überlebenden flohen in die Meeresprovinzen. Elasar gab sich ab mit dem Töten eines Elefanten, und er ertrank in den Elefantenexkrementen. 57) Seine Brüder suchten ihn unter den Lebenden und unter den Toten und fanden ihn nicht; danach fanden sie ihn in den Elefantenexkrementen ertrunken.
58) Die Kinder Israel freuten sich, dass ihre Feinde in ihre Hand gegeben waren; manche verbrannten sie im Feuer, und manche durchbohrten sie mit dem Schwert, und manche erhängten sie auf Bäume. Und Bagros, den Rascha, den Volksverführer, verbrannte das Volk, das Haus Israel, im Feuer. 59) Als Antiochos, der König, hörte, dass sein Statthalter Bagros und alle Offiziere mit ihm getötet worden waren, setzte er sich in ein Boot und floh in die Meeresprovinzen. An jedem Ort, an den er kam, rebellierte man gegen ihn – „Flüchtling! Flüchtling!“ sagte man ihm; da warf er sich ins Meer.
60) Danach kamen die Kinder Israel ins Bet Hamikdasch, bauten die Breschen und reinigten das Bet Hamikdasch von den Toten und von Unreinheit.
61) Sie suchten Olivenöl, das rein war, um die Lichter anzuzünden. Sie fanden nur eine Flasche, welche mit dem Ring des Kohen Gadol (Hohepriesters) gesiegelt war aus den Tagen des Propheten Schmu’el, und sie wussten, dass es rein war. 62) In ihr war (Öl) um für einen Tag zu zünden, und G“tt des Himmels, der Seinen Namen dort ruhen liess, gab seine Bracha (Segen) hinein, und sie zündeten davon acht Tage an.
63) Deswegen leisteten die Söhne von Chaschmonai, sie und alle Kinder Israel, diesen Schwur und legten als Verbot auf: 64) Mitzuteilen den Kindern Israel, diese acht Tage Simcha (Freude) und Ehre zu feiern, wie die Festtage, die in der Tora stehen; an ihnen anzuzünden, um ihren Nachkommen mitzuteilen, dass ihr G“tt ihnen Befreiung vom Himmel aus schuf; an ihnen keinen Hesped (Klagerede, Nachruf) zu halten und nicht zu beweinen; kein Fasten zu verordnen – aber jeder, der ein Gelübde (zu fasten) bereits auf sich genommen habe, solle es erfüllen.
66) Aber Chaschmonai und seine Söhne und Brüder verordneten nicht, Verrichtungen und Arbeiten zu unterlassen; und von dieser Zeit an hatte das griechische Königreich keinen Ruhm mehr.
67) Und die Söhne von Chaschmonai und die Söhne ihrer Söhne nahmen Königswürde an; von dieser Zeit bis zur Zerstörung des G“tteshauses waren zweihundertsechs Jahre. 68) Deshalb hüten die Kinder Israel diese Tage in all ihren Exilen, und sie nennen sie Tage von Simcha vom fünfundzwanzigsten Tag des Monats Kislew. 69) Und bis zur Ewigkeit werden sie von ihnen nicht weichen – welche in ihrem Bet Hamikdasch ihre Kohanim, Lewi’im und alle Chachamim (Weisen) auf sie (Israel) und ihre Kindeskinder für ewig genommen haben.
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