Halacha – Vorschriften für Rosch Haschana
1. In allen Kadeschim, die man von Rosch-Haschana bis Jom-Hakipurim spricht, wiederholt man das Wort לעילא; das heißt, man sagt לעילא לעילא (und nicht mit ולעילא ו; und da im Kadisch fünfundzwanzig Worte sein müssen und man das ganze Jahr לעילא מן כל ברכתא sagt, so sage man jetzt לעילא מכל ברכתא.
2. Manche pflegen am Rosch-Haschana und am Jom-Hakipurim alle Schmona-Esrej Gebete gebeugt mit gesenktem Haupt zu sprechen; da man sich jedoch bei der Bracha von מגן אברהם und von מודים am Anfang und am Ende bücken muß, darum müssen sie sich, bevor sie zu diesen Orten kommen, aufrichten, um sich dem Gebot der Weisen s. A. entsprechend zu bücken. Auch darf man sich nicht am Anfang einer Bracha oder am Ende einer Bracha bücken, an einem Ort, für den es die Weisen s. A. nicht angeordnet haben. Besser ist darum, mit aufgerichteten Gliedern, aber mit gebeugtem Herzen und mit Tränen zu beten. Daß manche mit lauter Stimme zu beten pflegen, untersage man; man bete vielmehr leise wie das ganze Jahr hindurch; manche erlauben, die Stimme etwas zu erheben, aber nicht viel. Man achte darauf. die Gebetsworte richtig auszusprechen, daß man keine Punktierung ändere. und verschaffe sich ein sehr korrektes Gebetbuch oder Werk der Festgebete‚ um daraus zu beten.
3. Das ganze Jahr sagt man im Gebet הא‘ הקדוש und מלך אוהב צדקה ומשפט außer von Rosch-Haschana bis nach Jom-Hakipurim, da muß man המלך הקדוש und המלך המשפט sagen, weil an diesen Tagen der Heilige, gel. sei Er, Seine Herrschaft zeigt, die Welt zu richten. Wenn man sich geirrt und הא‘ הקדוש gesagt hätte oder im Zweifel wäre, ob man הא‘ הקדוש oder המלך הקדוש gesagt, wenn man sich sofort erinnert … sagt man המלך הקדוש und braucht nicht von vorn anzufangen; ebenso ist die Vorschrift bei המלך המשפט; wenn man sich aber erst nach dieser Zeit erinnert, dann muß man bei הקדוש המלך das Gebot von vorn anfangen (selbst, wenn man nur im Zweifel ist, weil die drei ersten Brachot wie eine zu betrachten sind. Und selbst der Vorbeter bei der Wiederholung des Gebetes muß wieder von vorn anfangen, und muß man dann die Keduscha noch einmal sagen. Aber bei המלך המשפט braucht selbst der Einzelne nicht einmal die eine Bracha zu wiederholen, weil er in dieser Bracha das Wort מלך erwähnt hat. Wenn man während des ganzen Jahres sich geirrt und המלך הקדוש oder המלך המשפט gesagt hätte, braucht man nicht zu wiederholen.
4. lm Maariw von Schabbat in der Bracha vom Inhalt der sieben Brachot . . . מגן אבות sagt man ebenfalls הא‘ הקדוש anstelle von המלך הקדוש. Wenn sich der Vorbeter geirrt und הא‘ הקדוש gesagt hätte, wenn er sich sofort erinnert innerhalb der Zeit, um שלו‘ אליך רבי sagen zu können, sagt er noch die Worte המלך הקדוש; später aber wiederholt er nicht.
5. Wenn man זכרנו vergessen hätte oder בספר חיים, וכתוב, מי כמוך und sich erst erinnert, wenn man bereits ‘ברוך אתה ה gesagt hat, da man den Schem schon gesagt hat, vollendet man die Bracha und betet nach der Ordnung weiter und braucht nicht zu wiederholen. Ebenso, wenn man vergessen hat, ובכן תן פחדך… zu sagen, und bereits mit המלך הקדוש geschlossen hat, und sogar, wenn man auch nur bereits ברוך אתה ה gesagt hat, schließt man mit המלך הקדוש und sagt אתה בחרתנו.
…
7. Wenn Rosch-Haschana auf Schabbat fällt, gibt es Orte, an denen sie (bei Kabbalat Schabbat) לכו נרננה wie an einem anderen Schabbat sagen, an manchen Plätzen fangen sie bei מזמור לדוד an, und an manchen Orten fangen sie bei השבת מזמור שיר ליום an: jeder Ort halte an seinen Gebräuchen fest.
8. Nach der Vollendung des Maariw-Gebetes am ersten Abend pflegt ein jeder zum anderen zu sprechen: Zu einem guten Jahr mögest du eingeschrieben und besiegelt werden. Zu einer Frau sagt man: תכתבי ותחתמי (dasgleiche in der weiblichen Form). Am Tag aber sagt man es nicht, weil das Einschreiben bereits vor der Hälfte des Tages vollendet ist; am zweiten Abend pflegen es auch manche zu sagen, weil zuweilen das Gericht am zweiten Tag stattfindet.
9. Bei der Mahlzeit am Abend pflegt man Vorzeichen für ein gutes Jahr zu machen: man taucht das Stück Brot von המוציא in Honig, und nachdem man eine Olive groß gegessen hat, sagt man: Möge es wohlgefällig vor Dir sein, uns ein gutes und süßes Jahr zu erneuern! Dann taucht man etwas Süßapfel in Honig ein, sagt darüber die Bracha בורא פרי העץ und ißt es; und dann spricht man ebenfalls: Möge es wohlgefällig… Man pflegt vom Kopf eines Tieres zu essen und sagt: Möge es wohlgefällig sein, daß wir vorwärtskommen und nicht zurückbleiben! Man bemühe sich nach Kopf von einem Schaf, damit es auch zugleich ein Gedenken an den Widder Jizchaks sei. Auch Kräuter ißt man solche, die in jener Gegend einen Gutes bedeutenden Namen haben, wie in unseren Ländern Möhren; und man sagt: Möge es wohlgefällig sein, daß sich unsere Verdienste mehren. Manche pflegen, sich auch zu bemühen, Fische zu essen zu haben, weil dies andeutet, daß man gleich den Fischen fruchtbar werde und sich vermehre; man koche sie aber nicht mit Essig; denn man ißt am Rosch-Haschana keine sauren oder bitteren Sachen; man ißt fettes Fleisch und allerlei Arten von Süßem. Auch pflegt man keine Nüsse oder Mandeln zu essen, weil der Zahlenwert von אגוז (mit dem Wort selbst) gleich dem Zahlenwert von חטא (Sünde) ist; außerdem vermehren sie Husten und Räuspern, was beim Gebet stört. Man lerne bei Tisch Tora; manche pflegen die Mischnajot des Mesechtes Rosch-Haschana zu lernen.
10. Es ist recht, in den beiden Nächten von Rosch-Haschana den Eheverkehr zu unterlassen, selbst, wenn Rosch-Haschana auf Schabbat fällt; wenn es aber die Nacht des Untertauchens ist, übergehe man nicht das Eherecht der Frau und tauche sich am Morgen der Unreinheit wegen unter.
11. Wenn man am Rosch-Haschana sagt: Unser Vater, unser König, wir haben vor Dir gesündigt! schlage man nicht wie an Wochentagen und wie am Jom-Hakipurim mit der Faust auf die Brust, weil man am Rosch-Haschana, der ein Festtag ist, kein Sündenbekenntnis ausspricht; sondern man denke als Bedeutung: Unser Vater, unser König, wir haben vor Dir gesündigt, das heißt, unsere Vorfahren haben vor Dir gesündigt, indem sie Götzen dienten, wir aber haben keinen König außer Dir; darum, unser Vater, unser König, erweise uns um Deines Namens Willen.
12. Wenn man die Sefer-Tora aushebt, pflegt man die dreizehn Gnadeneigenschaften zu sagen; man beginne bei ויעבור und sage: der Ewige zog vor ihm vorüber und verkündete, der Ewige ist der Ewige… Am Schabbat sagt man an manchen Orten nicht die dreizehn Gnadeneigenschaften und auch nicht: Herr der Welt…
13. Die Maße für das Schofarblasen. Von vorneherein muß man so tun: Die Terua beträgt neun kurze Stöße; Schewarim mache man drei Schewarim nacheinander; jedes Schewer (Bruchstück) sei so lang wie drei kurze Sätze der Terua; findet sich, daß auch die Schewarim gleich neun kurzen Stößen sind. Man achte sehr darauf, die Schewarim nicht so lang zu machen, daß ein einzelnes Schewer gleich neun kurzen Stößen ist; denn damit hätte man sogar geschehenenfalls seine Pflicht nicht erfüllt. Die Tekiot sind langgezogene (einfache) Töne. In der Ordnung Tekia, Schewarim-Terua, Tekia sei jede Tekia so lang wie Schewarim mit Terua zusammen, das heißt so viel wie achtzehn kurze Stöße; und in der Ordnung Tekia, Schewarim, Tekia sei jede Tekia so lang wie Schewarim,. das heißt so lang wie neun kurze Stöße, und ebenso in der Ordnung Tekia, Terua, Tekia. Bei dem Blasen vor dem Mussaf-Gebet mache man die Schewarim mit der Terua zusammen in einem Atemzug; darum sage derjenige, der vorsagt, auf einmal Schewarim-Terua“; aber beim Blasen in der Wiederholung der Schmona–Esrej mache man sie in zwei Atemzügen, doch unterbreche man nicht dazwischen, sondern sie sollen unmittelbar aufeinander folgen; und der Vorsagende spreche sie ebenfalls beide auf einmal aus.
14. Wenn der Tokea die Brachot sagt, sage die Gemeinde nicht ברוך הוא וברוך שמו (siehe oben Kap. 6 § 8), sondern höre gut auf die Brachot und antworte nach jeder Bracha andächtig mit אמן. Von da an darf man bis nach allen Tekiot bei der Wiederholung der Schmona–Esrej nicht unterbrechen; darum rufe der Synagogendiener nicht aus: Schweigen gebührt sich zur Zeit des Gebetes! – wenn er auch sonst so auszurufen pflegt.
15. Die Leute pflegen zwischen den Ordnungen des Schofarblasens …יהי רצון zu sagen, wie in den Festgebetbüchern gedruckt ist; sie müssen sich aber sehr in Acht nehmen, daß sie die Namen der Engel, die darin erwähnt sind, nicht mit dem Mund aussprechen; in vielen Gemeinden sagt man die יהי רצון Gebete überhaupt nicht; und so ist es richtiger. Die Hauptsache ist, zu dieser Zeit zur Rückkehr mit ganzem Herzen erweckt zu werden, wie der Rambam s. A. (in den Vorschriften für die Rückkehr Kap. 3 Hal. 4) schreibt; folgendes sind seine Worte: Obschon das Schofar-Blasen am Rosch-Haschana ein Gesetz der Schrift ist (und als solches keiner Begründung bedarf), so ist es doch auch eine Andeutung für uns, zu sagen, erwachet, ihr Schlafenden, aus eurem Schlaf, und ihr Betäubten, ermuntert euch aus eurer Betäubung und prüfet eure Handlungen und kehret zurück in Besserung und gedenket eures Schöpfers; damit sind diejenigen gemeint, die die Wahrheit vergessen haben durch die Nichtigkeiten der Zeit und alle ihre Jahre irren durch Eitles und Leeres, das nicht nützt und nicht rettet; denkt an eure Seelen und bessert euren Wandel und eure Handlungen; ein jeder von euch verlasse seinen bösen Weg und seine Gedanken, die nicht gut… so weit seine Worte.
16. Bei der Wiederholung des Gebetes, wenn der Vorbeter sagt, „wir aber knien nieder…“, ist der Gebrauch, daß auch die Gemeinde mitsagt und die Knie beugt und sich verneigt‚ aber sich nicht aufs Angesicht niederwirft, außer am Jom-Hakipurim in der Ordnung des Tempeldienstes. Und auch der Vorbeter beugt sich auf seine Knie nieder, er darf sich aber während des Gebetes nicht von seiner Stelle bewegen; darum ist der Gebrauch, daß er etwas entfernt vom Pult steht, damit er sich auf seine Knie beugen kann, ohne sich von seiner Stelle zu bewegen; und die neben ihm stehen, helfen ihm, aufzustehen, damit er seine Füße nicht von der Stelle bewegen muß. Das Schofar-Blasen während der Wiederholung des Gebetes geschehe nicht durch den Vorbeter, außer, wenn er sicher ist, daß nicht dadurch sein Sinn gestört wird.
17. Beim Schofar-Blasen während der Wiederholung des Gebetes gibt es verschiedene Gebräuche, wieviel man blase; jeder Ort halte an seinem Gebrauch fest. Ebenso gibt es für das Schofar-Blasen nach dem Gebet verschiedene Gebräuche; nachdem man alles Blasen dem Ortsgebrauch gemäß vollendet hat, lege man das Schofar weg und blase nicht mehr; selbst wer am zweiten Tag Tokea sein will, blase nicht am ersten Tag, um sich zu üben.
18. Wenn eine Beschneidung stattfindet, vollziehe man sie nach der Haftara vor dem Schofar-Blasen; die Andeutung dafür ist: Gedenke des Bundes mit Avrohom (das ist die Beschneidung) und der Bindung Jizchaks (das ist das Schofar, das Widderhorn). Am Schabbat beschneidet man nach אשרי. Wenn man im Haus der Wöchnerin beschneiden muß, geschieht es nach dem Verlassen der Synagoge.
19. Wer die Pflicht des Schofar-Blasens schon erfüllt hat und für andere blasen muß, kann ebenfalls die Brachot sagen. Dennoch aber ist richtiger, daß derjenige, der die Pflicht noch erfüllen muß, selbst die Brachot sagt. Wenn jemand für Frauen bläst und selbst die Pflicht schon erfüllt hat, sage er nicht die Brachot, sondern eine der Frauen sage die Brachot, da nach der eigentlichen Vorschrift Frauen vom Schofar-Blasen befreit sind, weil es ein Gebot ist, das die Zeit herbeiführt (an eine bestimmte Zeit gebunden ist.) Manche sagen, wer die Pflicht schon erfüllt hat, blase überhaupt nicht für Frauen; und wer für Frauen blasen wolle, blase, bevor er das Blasen in der Synagoge gehört hat, sage die Brachot über das Blasen und habe dabei die Absicht, sich selbst auch damit der Pflicht zu entledigen. Nur sei dies nicht in den ersten drei Stunden (dem ersten Viertel) des Tages; denn zu dieser Zeit blase kein Einzelner (außerhalb der Gemeinde); oder er blase für sie in der Zeit, in der man in der Synagoge bläst, oder nach dem Blasen in der Synagoge, nur habe er die Absicht, mit diesem Blasenhören (in der Synagoge) seine Pflicht noch nicht zu erfüllen, sondern erst mit dem Blasen, das er vor der Frau blasen wird, und spreche die Brachot darüber. Und obschon er nachher wieder in die Synagoge geht, um Mußaf zu beten und das Blasen während des Gebetes zu hören, so zwingt ihn diese Unterbrechung doch nicht, noch einmal die Bracha zu sprechen; denn das ganze Blasen ist ein Gebot. Wenn die Frau schwach ist und vor dem Blasen essen muß, kann sie essen.
20. Wenn man aus der Synagoge geht, gehe man mit Ruhe und Würde, freudig und frohen Herzens, voll Zuversicht, daß der Ewige die Stimme unseres Gebetes und unseres Blasens in Erbarmen gehört hat, und ißt und trinkt, der gütigen Hand des Ewigen entsprechend; doch achte man darauf, nicht übermäßig zu essen; die Furcht vor dem Ewigen ruhe auf jedem Angesicht; auch lerne man Tora bei Tisch. Nach dem Benschen lege man sich nicht schlafen, sondern gehe in die Synagoge und sage mit der Gemeinde Psalmen bis zum Mincha-Gebet; nur, wem der Kopf schwer ist, kann etwas schlafen, bevor er in die Synagoge geht.
21. Nach dem Mincha-Gebet gehe man zu einem Fluß, (um an das Verdienst der Bindung Jizchaks zu erinnern; im Midrasch steht nämlich: Als unser Vater Avrohom mit seinem Sohn Jizchak zur Bindung ging, verwandelte sich der Ankläger in einen Fluß, um ihn zu verhindern; aber unser Vater Avrohom ging durch den Fluß hindurch, bis das Wasser zu seinem Halse reichte; erst da rief er: Hilf mir, O G-tt; siehe, das Wasser ist bis zum Leben gedrungen; und noch einen Grund gibt es: Weil wir an diesem Tag den Heiligen. gel. sei Er, als König über uns preisen und man Könige am Fluß zu salben pflegt, um anzudeuten, daß ihr Reich nicht aufhören möge. Es ist gut, daß es außerhalb des Ortes geschehe und daß im Fluß Fische sind. (um zu gedenken, daß wir mit diesen lebenden Fischen verglichen werden, wie diese im Netz gefangen werden, so werden auch wir im Netz des Todes und des Gerichtes gefangen; dadurch werden wir umso mehr über unsere Rückkehr zum Ewigen nachdenken. Noch ein Grund ist: es sei dies ein Vorzeichen, daß der böse Blick über uns wie über die vom Wasser bedeckten Fische keine Macht habe und daß wir den Fischen gleich fruchtbar seien und uns vermehren. Manche sagen, der Grund sei, wie die Fische keine Augenlider haben und ihre Augen stets geöffnet sind, so flehen wir zu dem ewig offenen Auge der Vorsehung.) Wenn kein Fluß da ist, in dem Fische sind, geht man an einen anderen Fluß oder an einen Brunnen und sagt die Verse (Mich. 7, 18): Gibt es noch einen G-tt gleich Dir… wie in den Gebetbüchern die Ordnung von תשליך (wirf in des Meeres Tiefen alle ihre Sünden) steht. Man schüttelt die Säume der Gewänder ab, das soll nur ein Hinweis sein, daran zu denken, die Sünden abzuschütteln und seine Wege von heute an und weiter zu untersuchen und zu prüfen, damit die Gewänder weiß und frei von jeder Sünde seien. Wenn der erste Tag auf Schabbat fällt, geht man am zweiten Tag.
22. Wenn man in die Synagoge zurückgekehrt und die Zeit, für das Abendgebet noch nicht herangekommen ist, vermeide man, sich mit Freunden zu unterhalten, daß man nicht, was der Ewige verhüte, zu leerem Geschwätz komme, sondern beschäftige sich mit Tora oder den Psalmen oder mit einem Moralbuch, weil heilig der Tag unserem Herrn.
23. Die zwei Tage Rosch-Haschana werden wie ein langer Tag betrachtet und sind eine Heiligkeit. (Siehe oben Kap. 99 § 2.) Darum sind die Gesetzeslehrer verschiedener Meinung, ob man in der zweiten Nacht beim Kiddusch und ebenso beim Anzünden der Lichter und ebenso beim Schofarblasen am zweiten Tag שהחיינו sprechen soll oder nicht. Denn manche sagen, weil sie eine Heiligkeit sind und man bereits am ersten Tag שהחיינו gesprochen hat, braucht man es nicht noch einmal am zweiten Tag zu sprechen. Darum pflegt man beim Kiddusch in der zweiten Nacht eine neue Frucht auf den Tisch zu legen, damit der Segensspruch שהחיינו beim Kiddusch sich auch auf die Frucht beziehe; oder man zieht ein neues Gewand an. Hat man dergleichen nicht, so hindert es nicht, und man spricht beim Kiddusch ,שהחיינו(weil wir wie jene Gesetzeslehrer für richtig halten, die sagen, daß man die Beracha שהחיינו sprechen muß; ebenso eine Frau, wenn sie in der zweiten Nacht die Lichter anzündet, (wenn überhaupt der Gebrauch ist, dabei שהחיינו zu sprechen, dann jedenfalls) ziehe sie, wenn es möglich ist, ein neues Gewand an oder lege eine neue Frucht hin, damit die Bracha שהחיינו sich auch darauf beziehe; hat sie dergleichen nicht, so hindert es nicht. Ebenso, wer am zweiten Tag Schofar bläst; wenn es ihm möglich ist, ziehe er ein neues Gewand an. Wenn der erste Tag auf Schabbat fällt, braucht man das nicht, da man die Beracha שהחיינו über das Schofar noch nicht gesprochen hat.
Übersetzung von Rabbiner Dr. Selig Bamberger SZL