Ist Shawuot-Fest ein “männlicher” oder ein “weiblicher” Feiertag?

Datum: | Autor: Rav Awraam Kuperman | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Shawuot-Fest

Lasst uns darüber reden, ob das Shawuot-Fest in erster Linie ein männlicher Feiertag ist. Oder hat es auch mit Frauen zu tun?

Bevor wir antworten, müssen wir Einiges vorausschicken.

In unseren heiligen Büchern steht geschrieben, dass unsere Feiertage nicht nur eine Erinnerung an ein bestimmtes historisches Ereignis sind, sondern dass jedes Jahr der entsprechende Aspekt erneuert wird. Das heißt: jedes Jahr werden wir in der Nacht des Seder frei, und jedes Jahr bekommen wir wieder die Tora am Schawuot.

Es gibt eine wunderbare Bestätigung dafür aus dem Gebiet der Halacha. Es ist im Shulchan Aruch (gemäß dem, was in Gemara geschrieben ist) festgelegt, dass es verboten ist, am Vorabend des Schawuot-Festes einen Aderlass zu machen, denn der Heilige, gesegnet sei Er, erschuf einen vernichtenden Engel, der “Twoach” heißt [was „schlachten“ bedeutet], der alle Juden hätte töten sollen, hätten sie die Tora nicht angenommen. Aus diesem Grund besteht die Gefahr, dass der Aderlass mit dem Tod des Patienten endet.

Folgendes ist unklar: Wir haben die Tora schon vor Tausenden von Jahren erhalten?! Wenn es dem so ist, welche Art von Gefahr kann es in unserer Zeit geben? Die Antwort ist, dass solch eine Befürchtung jedes Jahr vorhanden ist: werden wir die Torah auf uns nehmen oder nicht? Und dieses Verbot ist so streng, dass die Weisen deswegen beschlossen haben, nicht nur am Vorabend von Shawuot, sondern auch am Vorabend eines jedes Joms Tov keinen Aderlass zu machen!

Und wenn dieser vernichtende Engel jedes Jahr neu erschaffen wird, umso mehr müssen wir jedes Jahr die Tora aufrichtig und von ganzem Herzen auf uns nehmen (Rav Eliashiw SZ”L sagte, dass dies geschieht, wenn wir während der Toralesung während des Morgengebets am Schawuot den “Asseret Hadibrot” (Zehn Geboten, wörtlich übersetzt “Zehn Aussagen”) zuhören.

Wenn es notwendig ist, die Tora neu anzunehmen, worin besteht diese Annahme?

Die Antwort ist einfach: naase ve-nishma – „Wir werden tun und wir werden zuhören“ (Schmot, 24:7). Dieser Grundsatz beinhaltet erstens, auf sich die die Erfüllung aller Gebote der Tora sowie die von den Weisen aufgestellten “Zäune” („wir werden tun“) anzunehmen und zweitens die Lehren der Tora zu hören und zu lernen („wir werden hören“).

Daher bezieht sich das Shawuot-Fest gleichermaßen auf Männer und Frauen, weil alle verpflichtet sind, die Gebote zu halten („naasse„). Auch das Tora-Lernen („venischma„) ist für alle verpflichtend, da Frauen die zahlreichen Gesetze, die sie erfüllen müssen (Schabbat, Kashrut usw.), lernen müssen, und auch die Männer haben ein zusätzliches Gebot, die Tora zu lernen, auch wenn es um Sachen geht, die keinen Bezug zur gesetzlichen Praxis haben.

Dies erlaubt uns zu verstehen, warum im “Tikkun” (Lernordnung für die Schawuot-Nacht) die Erwähnung aller 613 Gebote enthalten ist – weil wir wissen müssen, was wir tun werden!

In Anbetracht des oben Gesagten ist Folgendes unklar: warum wird in den Jeschiwot vor dem Schawuot-Feiertag [in Sichot Mussar] hauptsächlich über das das Gebot des Tora-Lernens und über den Fleiß beim Tora-Lernen (was nur für Männer gelten kann) gesprochen? Am Schawuot erhielten wir doch nicht nur das Gebot des Studiums der Tora, sondern auch die “Zehn Aussagen” und alle anderen Gebote (von denen viele für Frauen obligatorisch sind!).

Eine Begründung kann aus dem Talmud angeführt werden: Rabbi Josef bat, dass man ihm für Schawuot eine auserwählte Kalbin zubereitet, denn „wenn es diesen Tag nicht gäbe, wären viele Menschen namens Josef auf der Straße“. Raschi erklärt, dass der Raw Josef durch das Studium der Tora Größe erlangt hat. So verband Raw Josef diesen Tag hauptsächlich mit dem Studium der Tora und nicht mit den übrigen Geboten.

Man kann diese Frage auch auf der Grundlage des folgenden Prinzips beantworten: jeder muss mit dem fertig werden, was ihn betrifft.

Die Hauptaufgabe des Jeschiwa-Schülers ist es, das Gebot zu erfüllen, die Tora mit all ihren Bedingungen zu studieren. Mit anderen Worten, der „wir werden machen“ -Aspekt eines Jeschiwa-Schülers ist das Studium der Tora.

Zum Beispiel sagt uns der Jerusalemer Talmud, dass Aba Shaul seinen Sohn in eine andere Stadt geschickt hat, um dort die Tora zu lernen. Nach einer Weile wurde ihm gesagt, dass sein Sohn ein großer Gerechter ist, dass er die Kranken besucht und die Toten begräbt. Als Abba Schaul dies hörte, schickte er einen Brief an seinen Sohn: „Es gibt kranke und tote Menschen in unserer Stadt, ich aber habe dich geschickt, die Tora zu lernen.“

Deshalb wird der Kindsvater nach der Beschneidung seines Sohnes mit den folgenden Worten gesegnet: „Du sollst den Verdienst haben, ihn für Tora, für die Chupa und für gute Taten gross zu ziehen“ – gute Taten werden im Grunde genommen erst nach der Hochzeit getan! Bis dahin ist der hauptsätzliche Dienst – die fleissige Arbeit an der Tora, und deshalb spricht man in den Jeschiwot nur darüber.

Lasst uns mit dem Segen enden: sollen wir doch allen den Verdienst haben, die Tora zu empfangen – um sie zu lernen und zu erfüllen.

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