Wochenabschnitt Korach – Die Wichtigkeit des Glaubens an Mosches Prophetie

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
korach

Die Wichtigkeit des Glaubens an Mosches Prophetie

Über ein trauriges Kapitel aus der Wüstengeschichte unseres Volkes hat uns die Tora im dieswöchigen Wochenabschnitt berichtet: „Korach und seine Genossen“ wagen einen Aufstand gegen Mosche Rabenu und Aharon haKohen mit der folgenden Behauptung: Sie seien herrschsüchtige Tyrannen, die die Herrschaft über das Volk an sich gerissen und sich die Würde der Kehuna (Priestertums) angemaßt haben. Wenn überhaupt Kohanim nötig waren, so wären doch alle dazu würdig, denn (16,3) „kol haEdah kulah Kedoschim“, die ganze Gemeinde, alle einzelnen Mitglieder, sind heilig! Warum also erhebt ihr euch über das Volk?[1]

Doch ein gewisser Aspekt in Korachs Verhalten ist schwierig nachzuvollziehen. Chasal sagen über Korach, dass er behauptete: „Die Tora stammt nicht vom Himmel, Mosche ist kein Nawi und Aharon kein Kohen Gadol!“[2]

Wie kommt ein so kluger Mann wie Korach, der ein Träger des Aron haKodesch, also eine herausragende Persönlichkeit war, dazu, eine solche Stellung gegen den ‚Manhig haDor‘ (Führer der Generation) einzunehmen? Glaubte er wirklich an die Richtigkeit seiner Hetze? Hatte er denn nicht selbst ‚Jeziat Mizrajim‘ und ‚Matan Tora‘ miterlebt?

Es herrschte wohl kaum ein Zweifel darüber, dass Mosche die Bne Jisrael aus Mizrajim geführt, so viele Wunder gemacht hatte und dass zuletzt die Tora durch ihn am Sinai gegeben wurde. All das hatte ja das ganze Volk mit eigenen Augen gesehen.

Die von Korach aufgeworfene Glaubensfrage war aber, wie es um den Status von Mosche Rabenu nach der Sünde der Meraglim stand.

Denn nachdem das Volk sowieso in der Wüste bleiben wird und – wie ‚Eldad und Mejdad‘ in ihrer Prophezeiung verkündet hatten[3] – auch Mosche in der Wüste sterben wird, glaubte Korach, dass Mosches Führerschaft nun ihr Ende erreicht hat. Daher behauptete Korach: „Raw lachem… – es ist zuviel für euch…!“ Es gibt für euch keinen Grund mehr sich fortan über die Gemeinde zu erheben, denn alle sind heilig – wir sind alle gleichwertig.

Wie Chasal berichten, wurde bei Matan Tora das ganze Volk zur Madrega der ‘Newuah’ (Prophetie) erhoben und hörte daher mit eigenen Ohren, wie Hkb“H zu ihm sprach. Korach verstand daher nicht, weshalb Mosche jetzt noch immer dem ganzen Volk als Vormund und Führer vorstehen musste. Korach und seine Gemeinschaft glaubten, dass sie wegen ihrer früheren Newuah bei ‘Matan Tora’ befugt sind, in Zukunft Mosches Worte kontrollieren zu können, falls diese ihnen unglaubhaft erschienen.

Ihre menschliche „Negia“ (Eigeninteresse) bewirkte, dass sie die ihnen von Hkb“H geschenkte Newuah völlig falsch interpretierten. Statt sich zu fragen, weshalb ihnen plötzlich eine so hohe Stufe gegeben worden war, die sie ja gar nicht aus eigener geistigen Arbeit verdient hatten, liessen sie sich von ihr blenden und glaubten sich Mosche ebenbürtig.

Rabbi Josef Albo sZl., der ‚Ba’al ha’Ikarim‘ (ca. 5204/1444), erklärt in seinem Fundamentalwerk zur jüdischen Emunah ausführlich, weshalb diese Erhebung des Klall Jisrael zur Newuah überhaupt nötig war. Es ging dabei nicht etwa darum, dass Hkb“H dem Klall Jisrael selbst die Tora und ihre Mizwot von „Mund zu Mund“ sagen wollte. Dafür genügte es völlig, wenn das durch Mosche Rabenu geschähe – was ja schließlich auch der Fall war. Hkb“H wollte jedoch, dass das ganze Volk die Echtheit der ‘Neuwah von Haschem‘ aus eigener Erfahrung erlebte und dabei die ausdrückliche Ernennung von Mosche zum „Gesetzgeber des Volkes“ von Hkb“H hörten.

So hörten sie, wie Hkb“H nach ‘Matan Tora’ zu Mosche sagte (Dewarim 5,27-28): „Geh und sage ihnen: ‚Kehrt zurück in eure Zelte!‘ Du aber, bleibe hier bei Mir, und Ich werde dir alle Gebote, Gesetze und Rechte sagen, die du ihnen lehren sollst, damit sie diese erfüllen…..“ Mosche Rabenu wurde somit ausdrücklich als der einzige Gesetzesgeber ausgewählt, dessen Worte als Fortsetzung der Newuah von Matan Tora galten. Die Übergabe der „Tora min haSchamajim“ fand daher nicht nur bei Matan Tora statt, sondern wurde während der ganzen Lebenszeit von Mosche Rabenu fortgesetzt[4].

Es war daher mehr als eine bloße Anmaßung, sich Mosche gegenüber als gleichwertig zu betrachten und als befugt, seine Worte zu kontrollieren. Das war eine regelrechte G’tteslästerung!

Hkb“H hatte Mosche eigens für diese Aufgabe ausgesucht und für vertrauenswürdig befunden, während Korach und seine Gemeinschaft darüber ihre Zweifel hatten!

Gemäss dem erwähnten Ba’al ha’Ikarim basiert der gesamte jüdische Glauben auf drei ‚Ikre Emuna‘ (Glaubensgrundsätze), ohne die er keine Existenz hat.

a) „Meziut Haschem – der Glaube an die Existenz G’ttes“,

b) „Tora min haSchamajim – den Erhalt der Tora vom Himmel“, zu dem, wie erwähnt, der Glaube an Mosches Newuah gehört,

c) und „S‘char weOnesch – der Glaube an die Belohnung beim Erfüllen der Tora oder der Bestrafung im gegensätzlichen Fall“[5].

Korach aber, der nicht an die Newuah von Mosche Rabenu auch nach Matan Tora glaubte, fehlte es daher am Glauben an „Tora min haSchamajim“. Da nun die gesamte jüdische Religion ohne die Emuna an Mosches Newuah nicht bestehen kann, stellte sich Korach somit selbst aus den Reihen des jüdischen Volkes hinaus.

Somit verstehen wir die Einleitung der Tora zu dieser furchtbaren Tragödie (16,1): „Wajikach Korach – Korach nahm“. „Was nahm er?“, fragen Chasal und antworten, „er nahm sich selber“[6]. Damit wird in kurzer Form das eigentliche Problem von Korach beschrieben: Korach hat sich selber aus der jüdischen Religion zurückgezogen, in dem er an dessen fundamentalen Glaubensgrundsätze Zweifel hegte – und das war sein Untergang!

Wörtererklärung:
  • Chasal = Unsere Weisen (Zeit der Mischna und Talmud)
  • Jeziat Mizrajim = Auszug aus Ägypten
  • Madrega = geistige Stufe
  • Manhig haDor = Führer der Generation
  • Matan Tora = Übergabe der Tora am Berg Sinai

  1. aus „Belehrung und Mahnung“ von Raw S. Breuer sZl.
  2. Jeruschalmi Sanhedrin 10,1
  3. siehe Raschi zu Bamidbar 11,28
  4. Sefer ha’Ikarim Ma’amar 1, 17-18
  5. ibid. 1,4
  6. Raschi gemäss Midrasch Tanchuma

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT