Welches Wetter für Jom Tow?

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Welches Wetter für Jom Tow?

Raw Scholom Mordechai Hakohen Schwadron, cler Großvater von Reb Scholom Schwadron, des Maggids von Jerulschalajim, war vor dem Krieg einer der führenden Poskirn in Polen. Er war als Maharscham miBrezhan bekannt. In der Stadt Brezhan in Galizien, wo er als Raw amtierte, gab es eine große Militär-Garnison, die dem Raw viele Schwierigkeiten bereitete.

Galizien stand damals unter österreichischer Herrschaft und alle jüdischen Männer mussten in der österreichischen Armee dienen. Einige konnten sich aus gesundheitlichen und anderen Grfinden vom Dienst befreien, doch viele andere, darunter auch orthodoxe Juden, mussten in der Armee dienen. Die Erfüllung der Mizwot, wie Dawenen, koscheres Essen und Schabbat, war in der Armee sehr schwierig.

Jeden Erew Schawuot ging der Brezhaner Raw zum Kommandanten der Garnison, um eine offizielle Bitte einzureichen.

Er verlangte, dass die jüdischen Soldaten am Jom Tow vom Militardienst befreit werden sollten, damit sie in der großen Schul dawenen und bei jüdischen Familien die Jom-Tow Mahlzeit einnehmen konnten. Meistens hatte er Erfolg und seiner Bitte wurde Gewähr geleistet.

Aber in einem Jahr blieb der Kommandant hart. „Es tut mir sehr leid, Herr Rabbiner Schwadron,“ erwiderte der Offizier kühl, „aber ich kann Ihnen dieses Jahr nicht helfen. Ich muss Ihnen die Bitte abschlagen.“

Zuerst war der Brezhaner Raw überrascht. Er war es gewohnt, jedes Jahr die Erlaubnis zu erhalten, sodass sein „Vor-Jom-Tow Besuch“ zu einer Routine geworden waren.

Warum machte der Offizier jetzt plötzlich solche Schwierigkeiten? Ohne zu zögern, wiederholte Raw Scholom Mordechai seine gewohnte Bitte, dieses Mal aber mit etwas mehr Nachdruck. Er betonte, wie treu und ehrlich die jüdischen Soldaten waren, und wie wichtig fiir sie ihre Feiertage waren. Der Offizier hörte höfflich zu. Es war aber dennoch offensichtlich, dass diese Worte wenig Eindruck auf ihn machten.

Als der Brezhaner Raw seine Rede beendet hatte, schüttelte der Kommandant den Kopf. „Herr Rabbiner! Sie verschwenden ihre und meine Zeit mit dieser Diskussion. Ich sehe keinen Grund, Ihrem Verlangen nachzukommen. Morgen werden hier grosse Militärübungen stattfinden, bei denen alle Soldaten mitwirken müssen – alle, ohne Ausnahme, auch die jüdischen Wehrpflichtigen. Herr Rabbiner, sie müssen verstehen, dass sie unmöglich morgen befreit werden können.“

Der Brezhaner Raw war sehr enttäuscht. Nicht nur konnte er die jüdischen Soldaten für Schawuot nicht frei bekommen, es schien sogar jetzt, dass sie mit grösster Wahrscheinlichkeit wegen der Manöver den Jom Tow mechalel sein müssten!

Veızweifelt versuchte er erneut, mit dem Kommandanten zu reden, und ihm irgendwie klar zu machen, wie wichtig die Freistellung der jüdischen Soldaten sei. Doch jetzt verlor der Offizier die Geduld und er antwortete schroff: „Auch wenn mich der Kaiser selbst bitten würde, diese Soldaten morgen zu befreien, würde ich es ablehnen! Die Regeln im Militär sind sehr klar. Ein Manöver ist so wichtig wie ein richtiger Kampf und kein Soldat darf sich davor drücken“. Der Brezhaner Raw gab aber noch nicht auf. „Vielleicht können Sie dieses wichtige Manöver auf einen anderen Tag verschieben?“. Das machte den Offizier aber nur noch wütender. „Was?“ schrie er grob, „eine Militärübung wegen einem jüdischen Feiertag verschieben? Kommt nicht in Frage.“

„Warum nicht?“ fragte Raw Scholom Mordechai verzweifelt. „Würden sie das Manöver nicht verschieben, wenn es regnen würde? Auch das ist G-ttes Wille!“

Der Offizier lachte jedoch nur spöttisch. „Regen? Jetzt? Bei diesem Wetter? Alle Bauern sind draussen und ernten ihr Getreide in der brütenden Hitze! Ha! Regen?! Und dieser Jude nennt sich ein kluger Mann!“

Damit wandte sich der Offizier um und ging empört davon.

Der Brezhaner Raw ging traurig nach Hause. Er sorgte sich sehr um das Schicksal der jüdischen Soldaten an diesem Jom Tow. Er erzählte seiner Familie und Mitgliedern der Kehila, was sich zugetragen hatte, und schloss mit der Bemerkung, „Wir haben das Unsrige getan. Jetzt ist es an Haschem, das Seinige zu tun!“

In der Schawuotnacht sagten er und seine Familie Tehillim und dawenten für die jüdischen Soldaten, aber bis zum Morgengrauen, zur Zeit, da Schacharit beginnen sollte, war kein Soldat für Jom Tow befreit worden.

ln der Militär-Garnison ertönte das Signalhorn, das alle Soldaten aufrief, sich für das Manöver bereitzustellen. Alle versammelten sich auf dem Exerzierplatz, während der Kommandant hochmütig kontrollierte, dass keiner der jüdischen Soldaten fehlte. Kein jüdischer Rabbiner würde ihn veranlassen, eine Übung abzusagen!

Als er jedoch den Offizieren signalisierte, mit den Übungen zu beginnen, gab es plötzlich eine lauten Knall.

Ohrenbetäubender Donner grollte und ein starker Wind blies ihnen heftig um ihre Ohren. Dicke Wolken drängten sich am Himmel. Der Offizier öffnete zuerst erstaunt seinen Mund, aber dann riss er sich zusammen, und wollte das Zeichen für den Beginn des Manövers geben.

In diesem Augenblick öffneten sich die „Schleusen des Himmels“ und alle Anwesenden wurden vom über den Platz fegenden Regen durchnässt, während der Wind immer stärker um die Ecken pfiff. Alle schauten den Kommandanten erwartungsvoll an, ob er wohl die Übung absagen werde. Der Offizier saß aber bewegungslos und stumm auf seinem Pferd, irı seiner triefend nassen Uniform.

Niemand wusste etwas von seiner Diskussion mit dem Stadtrabbiner, und niemand realisierte, welcher Kampf sich in seinem lnnem abspielte.

Während der Donner weiter grollte und die Blitze zuckten, peitschte der Regen immer stärker auf den Exerzierplatz.

Der Offizier realisierte, dass ihm keine andere Wahl blieb, als das Manöver abzusagen. „Dieser Rabbiner“, murmelte er zu sich, „muss ein Engel sein – und ich benahm mich so grob zu ihm!“

Demütig ritt er zur Synagoge, um den Brezhaner Raw um Verzeihung zu bitten und die Freistellung der Soldaten anzukündigen. Kein Armee-Offizier wagte es seit damals, die Bitte des Brezhaner Raws zu verweigern.

Viele Jahre später, als Raw Scholom Mordechai am 16. Schwat 5671 niftar wurde, folgte dieser Offizier der Lewaja bis zum Bet Hakewarot und blieb bei der ganzen Beerdigung dabei. Er wollte sehen wie die Juden einen Engel G’ttes beerdigen!

Mit freundlicher Genehmigung der Jüdischen Zeitung Zürich

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