Lohn einer guten Tat

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Lohn

Raw Zemach Zarfati war einer der führenden Rabbanim in Tunis, und lebte vor ca dreihundert Jahren. Raw Zarfati pflegte jeweils um Mitternacht aufzustehen, um Tikun Chazot zu sagen und Tora zu lernen. So war es auch in einer Winternacht. Es war stockdunkel, und Raw Zarfati suchte einen brennenden Holzspan, mit dem er seine Kerze anzünden könnte – doch fand er nichts dergleichen. Dies betrübte ihn sehr, da er ohne Kerze weder dawenen noch lernen konnte. Was sollte er bloß tun? „Ah!“ dachte Raw Zarfati, „Ich werde zum Bäcker gegenüber gehen. Dort brennt der Ofen doch die ganze Zeit. Bestimmt wird mir jemand dort eine Kerze anzünden.“

Er ging hinaus, überquerte die Strasse zur arabischen Bäckerei und klopfte an die schwere, metallene Türe.

Zuerst gab es keine Reaktion, aber Raw Zarfati gab nicht auf. Bald vernahm er eine müde Stimme: „Wer ist da?“ „Es ist Zarfati von gegenüber. Ich möchte nur meine Kerze anzünden“, erklärte der Raw. Der Bäckergehilfe Musa erkannte die Stimme des heiligen Mannes, der auch bei den Arabern sehr verehrt wurde. „Nur einen Moment“, antwortete Musa, der diesem großen Mann einen Gefallen tun wollte. „Ich muss nur den schweren Bolzen von der Türe entfernen.“ Es war gar kein Leichtes, den dicken metallenen Riegel von der Türe zu heben, aber Musa hatte zu großen Respekt vor dem Raw,um ihm etwas zu verweigern. „Es tut mir leid, Musa“, entschuldigte sich der Zadik, „aber ich brauche die Kerze ganz dringend, damit ich beten und lernen kann. Würdest du mir gestatten, mein Licht am Feuer in deinem Ofen anzuzünden?“ „Ich werde dem Raw helfen“ , erwiderte Musa, und nahm das dünne Holz von der Hand des älteren Mannes. Bald war er mit dem brennenden Span in der Hand zurück. Der Raw hielt schützend seine Hand über das Holz, während Musa ihn hinaus begleitete. Der Wind blies ihm ins Gesicht, aber der Raw schützte die Flamme. Hinter sich hörte er, wie Musa den schweren Riegel wieder ins Schloss hob.

Raw Zarfati kam an seine Türe, ständig seine kostbare Flamme schützend. Dann blieb ihm jedoch keine andere Wahl. Er musste mit der freien Hand den Türgriff drehen, um ins Hausinnere zu gelangen. Sobald er die Hand zur Türe ausstreckte, blies der Wind das Feuer aus. „Gam su letowa,“ sagte er sich. „Es ist alles zum Guten. “ Er machte sich gleich nochmals auf den Weg. Abermals klopfte er an. Dieses Mal antwortete Musa schneller. Während er mit Mühe den schweren Bolzen von der Türe schob, wischte er sich den Schweiß von der Stirne. „Es tut mir furchtbar leid, Musa, dass ich dich wieder stören muss“,entschuldigte sich der Raw, „aber der Wind hat mir das Licht ausgeblasen. Darf ich dich bitten, nun direkt die Kerze anzuzünden?“ Musas Respekt vor dem Raw war größer als der Drang nach Schlaf. „Ja, natürlich“ , sagte er und nahm dem Raw die Kerze ab.Er ging zum grossen Ofen und hielt danach dem Raw die brennende Kerze entgegen. „Vielen Dank, Musa. Gute Nacht.“

Der Raw ging wieder auf die Straße, bemüht, seine kostbare Flamme zu schützen. Aber bevor er sein Haus erreicht hatte, war die Flamme wieder erloschen.

„Wenn es bloss geschehen wäre, bevor Musa die Türe wieder verschlossen hat,“ sagte er zu sich selbst. „Ich will ihn doch wirklich nicht nochmals stören, aber was soll ich tun?“ Er klopfte wieder an die schwere Türe. „Bitte, Musa, öffne mir die Türe nochmals.“ Stille. Der Raw klopfte wieder. Musa rief ihm zu: „Ich bin zu müde, um die Türe nochmals zu öffnen. Komm am Morgen zurück.“ „,Musa, ich bitte dich“ , rief der Raw. „Ich brauche ein Licht um beten und lernen zu können! Es wird Dir auch Segen bringen!“ Diese Worte schienen ins Herz des müden Mannes zu dringen, denn kurz danach hörte der Raw von der andern Seite der Türe Schritte. Dieses Mal dauerte es länger, um den schweren Türriegel zu lösen. Der Raw hörte das Quietschen von Metall, während Musa unter großer Anstrengung den Riegel hob. Dann folgte das dumpfe Geräusch, als dieser zu Boden fiel. Die Türe öffnete sich langsam bis der Raw eintreten konnte. Zum dritten Mal diese Nacht betrat der Raw die warme Backstube. Ohne ein Wort nahm Musa die Kerze und gab sie kurz darauf Raw Zarfati zurück. Seine Augen waren halb geschlossen vor Müdigkeit. „Sei gesegnet, Musa“, sagte der Raw dankbar. Dann wandte er sich wieder der dunklen Nacht zu. Musa torkelte müde ins Bett zurück. Aber ihm war keine Ruhe vergönnt. Nur eine Minute später wurde er ein viertes Mal vom Klopfen an der metallenen Türe gestört. Dieses Mal konnte er sich nicht mehr beherrschen. Er war richtig wütend. Zornig zerrte er am Riegel und ließ diesen mit einem lauten Krach zu Boden fallen. Draussen stand der Raw, der bedauernd um denselben Gefallen wie zuvor bat. „Den ganzen Tag lang mühe ich mich ab, und arbeite mit dem Teig am heißen Ofen“, reklamierte Musa. „Bald ist es schon Zeit, um meine Arbeit erneut zu beginnen. Viermal hat mich der Raw geweckt und aus dem Bett gerufen. Jedes Mal habe ich den schweren Riegel von der Türe heben müssen. Dann habe ich ihn wieder zurückschieben müssen. Gibt es denn kein Ende?“ Der Raw erwiderte Musa in ruhigem Ton. „Zuerst einmal möchte ich mich für all deine Bemühungen bedanken. Dann entschuldige ich mich für all die Umstände, die ich dir verursacht habe. Und drittens gebe ich dir meinen Segen, dass Haschem dir ein großes Vermögen an Gold gibt, gleich dem Gewicht dieses schweren Riegels.“

Da hellte sich Musas Gesicht auf. Es war bekannt, dass der Segen des großen Mannes in Erfüllung ging.

Keine erdrückende Arbeit mehr, kein frühes Aufstehen mehr, um die Öfen vor dem Morgengrauen zu schüren, und den Teig vorzubereiten! Mit der brennenden Kerze in der Hand begleitete Musa den Raw über die Straße. Während der Raw die Haustüre öffnete, hielt Musa die Kerze in der Hand und schützte sie vor dem Wind. Dann ginger mit dem Raw ins Haus hinein, und ging erst wieder fort, als die Kerze sicher in ihrem Halter steckte. „Ich danke dir sehr, Musa“, sagte der Raw. „Jetzt kann ich mit meinem Gebet beginnen.“

Ein paar Tage später, als Musa am Marktplatz vorbei ging, hielt ihn ein Fremder an. „Sag, mein Freund“ , begann der hochgewachsene Ausländer, „würdest du zwei Monate lang für mich arbeiten, wenn ich dir zehn Münzen pro Tag bezahle?“ „Zehn Münzen?“ meinte Musa ungläubig. „Ich muss zuerst den Besitzer der Bäckerei fragen, ob er mich zwei Monate lang entbehren kann. Erst dann kann ich dir eine Antwort geben.“ Musas Arbeitgeber war einverstanden, und er ging frohlockend zum Fremden zurück, der auf ihn gewartet hatte. „Zwei Monate, also 60 Tage mal zehn Piaster“ , rechnete Musa. „Ich bin einverstanden“, erklärte er seinem neuen Arbeitgeber. „Der Besitzer hat mir zwei Monate Urlaub gegeben“.

„Gut“, meinte der Mann, „dann treffen wir uns morgen früh bei Sonnenaufgang wieder.“ Erst später fiel Musa ein, dass er sich überhaupt nicht erkundigt hatte, welche Art Arbeit er zu verrichten habe, aber der Gedanke an das viele Geld überwog seine Bedenken. Lange vor Morgengrauen war Musa am verabredeten Ort und wartete, um mit seiner neuen Arbeit beginnen zu können. Sie gingen durch gewundene Strassen und Gässchen, bis sie ein reiches Villenviertel erreichten, das Musa noch nie betreten hatte. „Jetzt muss ich dir aber die Augen verbinden,“ sagte der Fremde,“da unser endgültiges Ziel ein Geheimnis bleiben muss.“ Musa war überrascht, doch gab er nach. Der Mann führte ihn durch weitere Straßen und mehrere Treppen hinauf. Dann betraten sie ein Gebäude. Musa hörte, wie sich die Türe hinter ihnen schloss, dann wurde ihm die Augenbinde abgenommen. Musa merkte gleich, dass sie sich im Haus eines reichen Mannes befanden. Die Möbel und Wandverzierungen waren unbeschreiblich schön. Aber der Fremde hatte ihn nicht hierher gebracht, um zu staunen. Stattdessen befahl er ihm: „Folge mir,“ und brachte Musa zu einer steilen Treppe, die in den Keller führte. Hier musste Musa noch mehr staunen. Da standen so viele Säcke, alle ordentlich aufgereiht, alle voll Goldmünzen. „Deine Aufgabe ist es, diese Münzen nach Währungen zu sortieren, und sie in separate Säcke abzufüllen. Zähle die Münzen, und schreibe jeden Sack mit der Gesamtzahl an. Ich werde dir jeden Tag deine Mahlzeiten hierher bringen. Du darfst das Haus nicht verlassen, bis die Arbeit beendet ist.“

Musa begann gleich mit seiner neuen Aufgabe. Über den ersten Sack gebeugt, begann er, Münzen auf verschiedene Haufen zu werfen.

Nach mehreren Stunden musste er ausruhen. Er reckte sich ein wenig und ging hinauf. Er wollte das Haus etwas näher betrachten. Aber oben waren alle Fenster vergittert und mit Fensterläden verschlossen. Er warf einen verstohlenen Blick durch einen dieser Läden, und sah einen reich verzierten Fensterladen, der zum Haus nebenan gehörte, aber das trübe Licht gestattete ihm nicht, die Einrichtung deutlicher zu betrachten. Bald kehrte er zu seiner Arbeit im Keller zurück. Zwei Monate blieb Musa als freiwilliger Gefangener im Haus. Jeden Tag brachte ihm der Fremde zu essen, und kontrollierte die geleistete Arbeit. Als Musa mit dem Sortieren des letzten Sacks voller Münzen fertig war, zahlte ihm der Mann den vereinbarten Lohn, band ihm wieder eine Augenbinde um und führte ihn in die Stadt zurück. Den Rest des Weges ging Musa alleine. Ein paar Tage später, nachdem Musa wieder seine Arbeit in der Bäckerei aufgenommen hatte, wurde seine Aufmerksamkeit auf den öffentlichen Ausrufer gelenkt. Eine Versteigerung wurde angekündigt. Ein Haus im teuren Wohnviertel der Stadt wurde zum Verkauf angeboten, da dessen Besitzer, ein einsamer Ausländer ohne Familie, plötzlich im Schlaf gestorben war, und keine Erben hinterlassen hatte. Musas Herz kam einen Moment lang ins Stocken. War es vielleicht das Haus des unbekannten Fremden, der ihn angestellt hatte, um sein ungeheures Vermögen zu zählen? Er ging hin, um sich das Gebäude anzusehen. Außerhalb des Tors standen Wachen, die ihn nicht näher kommen ließen. Niemand wurde eingelassen. Musa hörte sein Herz pochen. Es schien dasselbe Haus zu sein, doch wie konnte er sicher sein? Dann erinnerte er sich daran, dasser einmal zwischen den Fensterläden hindurch geschaut hatte, un deinen verzierten Fensterrahmen gesehen hatte, der zum Haus nebenan gehörte.

Er betrachtete die umliegenden Häuser. Ja, da war es. Genau dieselben Verzierungen. Es war dasselbe Haus!

Aber war der grosse Schatz noch dort? Musa konnte an nichts anderes mehr denken. Am nächsten Morgen fand er sich bei der Versteigerung ein. Es gab schon viele andere, die zum Bieten gekommen waren, wohlhabende Händler, von denen man sich gut vorstellen konnte, dass sie in einer solchen Villa wohnen würden. Die Versteigerung begann. Als Musa den Preis hinauf trieb, gabes verwunderte Blicke. Schließlich wollte niemand Musa überbieten. Der Stadtrichter fragte ihn, wieviel er bereit sei,- sofort zu bezahlen. „Ein Viertel des Preises heute Abend, den Rest in einem Monat“, antwortete er. „Das ist in Ordnung, aber wenn du die volle Summe am Ende von dreissig Tagen nicht bezahlst, verlierst du alles, was du bezahlt hast“ Musa unterschrieb eine Urkunde und ging weg. Er hatte viel Arbeit vor sich. Er brauchte seine ganzen Ersparnisse und eine ganze Anzahl von Darlehen, um die erste Rate des Kaufpreises zu bezahlen. Am selben Abend war er wieder da, um den versprochenen Anteil zu bezahlen.

„Kann ich jetzt die Schlüssel zu meinem neuen Haus haben?“ verlangte er. Der Beamte schüttelte den Kopf. „Erst, wenn du die ganze Summe bezahlt hast.“ Musa meinte, das Gleichgewicht zu verlieren. Seine Knie begannen zu schlottern, und es wurde ihm schwindlig. Wie um alles in der Welt sollte er den Rest bezahlen können? Nach langem Hin und Her war der Beamte einverstanden, ihm zwei Stunden zur Inspektion des neuen Hauses zu geben.

Nach einer schlaflosen Nacht, in der er sich grosse Sorgen gemacht hatte, ob sich der Schatz noch am selben Ort befände, war Musa am folgenden Morgen zur Stelle.

Zusammen mit den Wächtern machte er sich auf den Weg zu seiner neuen Villa. Die Wachen öffneten ihm die Türe und ließen ihn eintreten. Ein schneller Blick bestätigte, dass die Innenmöblierung noch intakt war. Er schaute über seine Schulter; die Wachen hatten ihn nicht beobachtet. Er ging gleich auf den Keller zu. Noch zwei Stufen, die Türe aufstossen – ja, sie waren da. Auch im düsteren Licht konnte er die Säcke ausmachen, am selben Ort, wo er sie vor nicht sehr langerZeit gelassen hatte. Er war reich! Das konnte nur der Segen des heiligen Raw bewirkt haben, der ihn über Nacht zu einem der reichsten Menschen in Tunis verwandelt hatte. Er setzte sich einen Moment lang hin, um seine Gedanken zuordnen. Er musste sehr vorsichtig vorgehen, um keinen Verdacht auf sich zu lenken. Er öffnete einen der Säcke, und nahm genug Goldmünzen heraus, um die Kosten des Hauses zu decken. Danach verschloss er den Sack wieder und ging wieder hinauf.

Er würde bis zum letzten Tag warten, an dem die Zahlung fällig war.

Dann wollte er den ganzen Betrag in ein anderes Land überweisen, wo sich niemand wundern würde, wie ein armer Bäckergeselle plötzlich zu solchem Reichtum gelangt war. Wieder erinnerte er sich an die Worte von Raw Zarfati: Das Gewicht des metallenen Bolzens in Gold! Es war wahr! Er konnte es kaum fassen.

Dreissig Tage später erhielt Musa die Schlüssel zu seinem neuen Heim. Er eröffnete ein Geschäft und exportierte Textilien. Dabei besuchte er Istanbul (in der Türkei) und kaufte dort ein Lagerhaus. Aus Tunis schickte er dann ganze Ladungen von Stoff in das Lagerhaus. In jeder Ladung waren eine Anzahl Goldmünzen versteckt. Als er schließlich das ganze Vermögen sicher nach Istanbul überwiesen hatte, verliess er Tunis für immer. Alles – dessen war er sich sicher – war nur im Verdienst der Hilfe, die er Raw Zarfati erwiesen hatte.

In Tunis lebte Raw Zarfati weiter, bis er im Jahr 5416 (1656) beschloss, nach Erez Jisrael zu ziehen.

Die Gemeindeführer sandten Briefe in die verschiedenen Städte, die er auf seiner Reise besuchen würde, und baten die jeweiligen Gemeinden, dass sie den Raw willkommen heißen, und ihm die beste Unterkunft zur Verfügung stellen. Eine dieser Stationen war Istanbul. Die ganze Gemeinde war am Hafen versammelt, um den großen Zaddik zu begrüßen.

Ein reicher arabischer Händler, der das Verladen seiner Ware auf ein Schiff beaufsichtigte, erkundigte sich, was hier vorging. Als er hörte, dass ein wichtiger jüdischer Führer aus Tunis angekommen war, fragte er nach dessen Namen. „Raw Zemach Zarfati“ , lautete die Antwort. Der Araber verlor keine Zeit. Er bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge, bis er vor dem Raw zu stehen kam. Er begrüßte ihn sehr herzlich und küsste seine Hand ehrfurchtsvoll. Dann wandte er sich an die Vertreter der jüdischen Gemeinde, und verkündete, dass er den Zadik bei sich als Gast aufnehmen wolle. Raw Zarfati war verwundert. Es schien doch seltsam, dass ihm dieser Mann so viel Gutes erweisen wollte, und er beschloss, ihn danach zu fragen. „Bevor ich Ihre Frage beantworte“, erwiderte Musa, „möchte ich dem Raw einen Teil von meinem Haus und meinen Besitztümern zeigen.“ Es war eine ansehnliche Tour. Gold, Silber und Juwelen, feine Seide, Wandbehänge von großem Wert, kostbare Teppiche – keine Ausgaben waren im Haus gescheut worden.

Danach wandte er sich an den Zadik und fragte: „Weiss der Raw denn nicht, wie ich zu solchem Reichtum gekommen bin?“

„Nein“, erwiderte Raw Zarfati kopfschüttelnd. „Ich bin nicht aus Istanbul“.

„Ich auch nicht“, antwortete der Gastgeber. „Auch ich stamme ursprünglich aus Tunis. Erinnert sich der Raw, dass er vor vielen Jahren viermal nacheinander in einer Nacht zur Bäckerei gegangen war, und den Angestellten gebeten hatte, ihm seine Kerze anzuzünden?“

„Ja, ich erinnere mich. Es fiel ihm sehr schwer, die Türe jedes Mal erneut zu öffnen, aber er tat es dennoch“, erinnerte er sich.

„Ich war jener Angestellte. Der Raw segnete mich, dass ich Gold bekommen würde, so schwer wie der dicke Riegel aus Metall, der die Türe der Bäckerei verriegelte. Und jetzt, sehen Sie nur!“ rief Musa. „Der Segen des Raw ist in Erfüllung gegangen, nicht einmal, sondern mehrfach, und noch mehr. Ich bin einer der reichsten Menschen auf der Welt! Ich zweifle keinen Moment lang daran, dass ich all dies dem Segen des Raw zu verdanken habe. Als ich nun plötzlich erfahren habe, dass sich der Raw hier in Istanbul befindet, sah ich darin meine Chance, ihm meinen großen Dank persönlich auszusprechen.“

Raw Zarfati war sehr froh, als er vom großen Glück seines Gastgebers erfuhr. Aber Musa war nicht zufrieden. „Der Raw hat mich mit dem Gewicht des metallenen Riegels in Gold gesegnet. Sein Segen ist nicht einmal, sondern vielfach Wirklichkeit geworden. Ich möchte dem Raw den Rest schenken, da es mir eigentlich gar nicht gehört.“

„Das ist nicht nötig, Musa,“ erwiderte der Raw. „Behalte alles, was dir Haschem gegeben hat, als Lohn für deine Güte in jener Nacht.“

Aber Musa war fest entschlossen. Er gab seiner Bank Anweisung, Raw Zarfati eine grosse Summe Geld nach Jeruschalajim zu überweisen. Der Raw setzte seine Reise nach Erez Jisrael fort. Als er sich in Jeruschalajim niederließ, konnte er dort ohne Entbehrungen leben, und auch den Armen und Bedürftigen Hilfe anbieten, alles dank der Unterstützung, die er von Musa in Istanbul erhielt.

Dies gibt uns einen kleinen Einblick in die Größe des Lohnes, den jede einzelne gute Tat mit sich bringt. Der Lohn im ‚Olam Haba‘ ist so viel größer als aller Reichtum von Musa auf dieser Welt. Es ist sehr schwer, sich den enormen Reichtum von Musa vorzustellen; um wieviel mehr dann ist der geistige Reichtum, das geistige Vergnügen, das man in der kommenden Welt erleben wird.

Mit Erlaubnis des DJZ-Verlags

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