זֹאת תּוֹרַת הָעֹלָה הִוא הָעֹלָה עַל מוֹקְדָה עַל הַמִּזְבֵּחַ כָּל הַלַּיְלָה עַד הַבֹּקֶר וְאֵשׁ הַמִּזְבֵּחַ תּוּקַד בּוֹ – „Dies ist die Lehre des Korban Olah: Sie ist das Ganzopfer auf der Brandstätte des Misbeach die ganze Nacht bis zum Morgen, und das Feuer des Misbeach brenne auf ihm“ (6,2).
Chasal ziehen hieraus ihre bekannte Lehre: „Sot Torat haOlah“ – wer die Torah und Halachot des Korban Olah lernt, „hi haOlah“ – dem wird es angerechnet, als ob er ein solches Korban dargebracht hätte[1]. Der Ba’al haTurim fand außerdem in den Endbuchstaben (Passuk 1-2) der Worte משה לאמר צו את das Wort תורה, welches auf die Wichtigkeit des Torahlernen andeutet.
Torahlernen gleicht dem Darbringen von Korbanot
Die Ba’ale Tosfot deuten diese Andeutung so: „Der Klall Jisrael wird zum vermehrten und eifrigen Torahlernen aufgefordert“[2]. Weshalb diese Aufforderung gerade an dieser Stelle angedeutet wird, dürfte mit der erwähnten Lehre zusammenhängen: Nachdem wir im langen Galut (Exil) leider kein Bet haMikdasch besitzen, erinnert uns der Passuk an die auch heutzutage vorhandene Möglichkeit, dass jeder Jehudi durch das Lernen dieser Parschiot diese Korbanot darbringen kann.
Außerdem kann diese Aufforderung zum vermehrten Torahlernen gerade an dieser Stelle auch als Appell an uns gedeutet werden, diesen Teil der Torah, der von den Halachot und Begriffe der Korbanot und Awodat Bet haMikdasch handelt, nicht zu vernachlässigen, obwohl er heutzutage leider nicht aktuell (Halacha leMa’aseh) ist.
Torahlernen mit Demut
Der Be’er Mosche schreibt, dass die Art und Weise des Torahlernen dem Darbringen eines Korban gleichen soll, wie es darüber in Tehilim heisst (51,19): „Siwche Elokim Ruach nischbara – die Korbanot G’ttes sind ein gebrochenes Gemüt, ein gebrochenes und zerknirschtes Herz verschmäht Er nicht“. Man darf sich also mit seinem Wissen und der Kenntnis der Torah nicht brüsten[3].
Ferner lernen Chasal, dass so wie die Torah beim Berg Sinai „beEmah, beJir’ah beRetet, ubeSeah“ gegeben wurde, der Mensch auch beim Lernen vor G’tt, Angst, Ehrfurcht, Zitter und Schweiss aufbringen muss[4].
Der Ba’al Schem Tov sZl. trat einmal in einem Bet haMidrasch ein, wo eine Gruppe Talmide Chachamim im eifrigen ‘Pilpul haTorah‘ (Diskussion, Torahlernen) beschäftigt waren. „Das Bet haMidrasch ist voller Torah!“ bemerkte der Zadik, und die Lernenden fühlten sich über dieses Lob geehrt. „Ihr versteht nicht, was ich meine“, wies er sie zurecht. „Der Sohar haKadosch warnt davor, dass die Torah, die ohne „Jir’ah und Ahawa – ohne Ehrfurcht und Liebe zu Haschem“ gelernt wird, nicht zum Himmel aufsteigt, da sie kein Wohlgefallen vor Hkb“H findet[5]. Ihr lernt zwar sehr fleißig, doch euer Herz ist voller Stolz über euer Können und die Unwissenheit der Anderen. Ihr lernt „schelo liSchma“ (mit unlauterer Absicht) und deshalb steigt eure Torah nicht zum Himmel empor. Und deshalb ist euer Bet haMidrasch voller Torah!“[6]
Torahlernen liSchma
In diesem Sinn wird auch der erwähnte Passuk gedeutet: „Sot Torat haOlah“, dies ist die Torah, die zum Himmel emporsteigt und Wohlgefallen vor G’tt findet, „hi haOlah al Mokdah al haMisbeach“, wenn das Torahlernen einem auf dem Misbeach dargebrachten Korban gleicht, bescheiden und demütig ist, „Kol haLaila ad haBoker“, wenn mit Fleiss und Schweiss Tag und Nacht gelernt wird, „We’Esch haMisbeach tukad bo“, und mit wie Feuer flackernder Furcht und Zittern vor G’tt – dann ist dies eine echtes und vollkommenes Olah, ganz dargebrachtes Opfer – „liSchma“ –, und so ein Korban findet Wohlgefallen vor Haschem „Olah re‘ach nicho‘ach Ische laSchem“ (1,9).
Obige Zeilen sollten uns ein wenig über die Art und Weise unseres Torahlernens nachdenken lassen: In früheren Tagen, als in vielen Ländern das Einhalten der Mizwot und das Torahlernen verboten oder erschwert wurden und sich Jehudim dafür „Mosser Nefesch“ waren, kam ihr Torahlernen eindeutig einem Korban gleich. Wer im Verborgenen die süssen, g’ttlichen Worte in sich aufnahm, verschwendete keinen Gedanken an Stolz und ähnliche krumme Gedanken. Im fahlen Licht einer schwächlich brennender Kerze, vergass man die Welt um sich und versank in die Tiefe der Torah, selbst dann wenn man nur ein zerfetztes Exemplar einer Gemara besass. Nichts konnte einen in diesen Stunden stören, nicht die beißende Kälte oder der nagende Hunger, ja selbst die Müdigkeit war wie weggeblasen.
Torahlernen heutzutage
Heutzutage hingegen, da man sich Baruch Haschem mit vollem Bauch, satt und bequem in wohliger Wärme, vor einem wunderschönen gedruckten Sefer, in einem hellerleuchtenden Zimmer, mit den besten ‘Magide Schiurim‘ (Lehrer) und anderen technischen Hilfsmethoden, ungestört der Torah widmen kann, fehlt leider dabei des Öfteren der dem Korban gleichende Charakter! Gestern war man müde und unkonzentriert, heute wird man fortwährend von Telefonaten, SMS und dringenden Geschäften gestört. Morgen wird ein drittes Problem auftauchen. Und wenn man schon endlich lernt, wie sieht dieses aus? Wo ist die Liebe und die Ehrfurcht zu G’tt und der Torah? Verloschen das Feuer der Emsigkeit und Hingabe! Wer spricht schon von „Torah liSchma“ – wer weiss überhaupt noch, was das bedeutet?
Rabbi Grünfeld lernt Torah
Zur 170. Jahrzeit (14. Adar 5609) unseres Ahnen Rabbi Scha’ul Jecheskel Grünfeld sZl. (Verfasser des Magen Scha’ul, Schüler des Chatam Sofer und Jismach Mosche aus Uhely) besuchten wir ausser dessen Grab in Michalovce (Slowakei) auch seine „Krejtschme“ (Schenke), die heute noch steht. Der Ururgroßvater sass im Hinterzimmer und lernte Tag und Nacht ununterbrochen Torah, mit lauter Stimme und voller Konzentration. Die durchfahrenden Nochrim – die Schenke befindet sich auf der Durchfahrtsstraße zwischen Michalovce und Ungwar – pflegten sich selbst vom Schnapps zu bedienen, um ihn nicht zu stören, und legten das Geld auf die Theke.
Jahre später fuhr dort einmal der Sigeter Raw sZl. („Aze Chajim“) mit seinem damals jungen Sohn, der spätere Satmarer Rebbe sZl. vorbei. „Wir wollen uns hier ein Zimmer anschauen, in dem man noch den Geruch riechen kann, von einem Jid der Tora liSchma lernte“, erklärte der Raw .
Leider ist es uns heute nur schwer nachvollziehbar, wie man in früheren Zeiten jahrelang in nur einem Zimmer, mit nur wenigen Leuten um sich und mit nur ein paar jüdischen Bücher, fleissig und innig lernen konnte – ja überhaupt so abgeschnitten von der Welt leben konnte. Aber so wuchsen damals die wahren und großen Talmide Chachamim auf, die ganz Scha“ss beherrschten, in die wahre Tiefe der Torah eindrangen, und innig mit G’tt verbunden waren!
- Midrasch Wajikra Rabba 7,3 ↑
- Moschaw Skenim ↑
- Be’er Mosche (-Ozerov) P. Zaw 3. Siehe ferner Sota 5b ↑
- Berachot 22a ↑
- Tikune Sohar S.32b ↑
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Gemäss Be’er Mosche (-Koschnitz) P. Noach u.a. ↑