Wochenabschnitt Pinchas – Die Wichtigkeit auf den Wegen seiner Vorfahren zu gehen

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Vorfahren

„Pinchas ben Elasar ben Aharon haKohen wandte meinen Grimm von den Kindern Jisrael ab, als er in ihrer Mitte eiferte. Darum sage zu ihm: Ich gebe ihm meinen Bund des Friedens…“ (41,11-12)

Chasal berichten:

„Als Pinchas seinen Speer in die Hand nahm, um den sündigen Simri zu töten, wollten ihn die Mal’achim daran hindern. Sie betrachteten diese Tat als Selbstjustiz, als Einmischung in G’ttes Gerichtszuständigk

eit. Da sagte ihnen Haschem: „Lasst von ihm ab, er ist ein Kana’i ben Kana’i – ein Eiferer, der Sohn eines Eiferers“[1].

Pinchas hatte das Recht, Simri zu töten, weil er gänzlich „leSchem Schamajim“, für G’tt eiferte. Die Halacha sagt zur Missetat des Simri: „Wer sich mit einer Nochrit vergeht – Kana’in pog’in bo, Halacha we’en morin ken“ – „Eiferer strafen ihn, aber es wird dafür keine (offizielle) Erlaubnis erteilt“[2]. Da aber niemand die Gedanken von Pinchas kannte, wollten die Mal’achim – die sich für G’ttes Ehre einsetzten – ihn aufhalten. Erst als Hkb“H selbst von Pinchas bezeugte, dass er ein echter Kana’i sei, ohne jegliche Nebengedanken, liessen die Mal’achim von Pinchas ab.

Weshalb nannte Haschem den Pinchas einen „Sohn von Eiferern“?

Weil er von Levi abstammte, der zusammen mit Schimon die Einwohner der Stadt Sch’chem tötete, um die Missetat ihres Fürsten zu rächen, der ihre Schwester geschändet hatte. Was aber wird mit der Erwähnung seiner Abstammung an dieser Stelle bezweckt? Welchen Unterschied machte es, ob Pinchas “auch“ der Sohn von Kana’im war oder nur selbst ein Eiferer war?

Der Maharsch“o erklärt, dass Chasal dies aus dem Passuk lernten: „Pinchas, der Sohn von Elasar, der Sohn von Aharon haKohen wandte meinen Grimm von den Kindern Jisrael ab als er in ihrer Mitte eiferte“, wobei unklar ist, auf wen sich die Worte „wandte meinen Grimm ab“ beziehen – auf Aharon oder auf Pinchas.

Deshalb erklären Chasal, dass der Passuk sich absichtlich so ausdrückt, weil er sich auf beide bezieht.

Pinchas, wie auch seine Vorfahren, eiferten für G’tt. Dadurch erhält die Tat von Pinchas eine andere Bedeutung: Pinchas folgte mit seinem Eifer und mit seiner Da’at Tora (Verständnis der Tora), dem Weg seiner Vorfahren, und ahmte ihre Haschkafa (Weltanschauung) und ihren Weg der ‘Awodat Haschem‘ (G‘ttesdienst) nach.

Der vom ‘Schewet Schimon‘ (Stamm Schimon) abstammende Rascha (Frevler) Simri hingegen folgte dem Weg seiner Väter nicht. Er kämpfte nicht wie sie gegen Frevel und Sünde, ergriff nicht das Schwert G’ttes, um dem Bösen Einhalt zu gebieten, wie es sein Stammesvater Schimon in Sch’chem tat. Im Gegenteil, der Fürst von Schimon, sündigte schamlos vor den Augen aller – genau mit derselben Missetat der Unzucht, die sein Vorfahre bekämpft hatte!

Die Bedeutung des Weges der Vorfahren, der Nachahmung ihrer Minhagim (Bräuche) und die Übernahme ihrer Denkweise, finden wir auch in der Geschichte von den Töchter von Zlofchod (27,1): „Es näherten sich die Töchter von Zlofchod, der Sohn von Chefer… der Sohn von Menasche, aus den Familien von Menasche ben Josef“.

Raschi wundert sich:

Warum muss der Passuk erneut schreiben, dass sie zur Familie von „Menasche ben Josef“ gehörten, die Abstammung von Menasche war ja bereits erwähnt worden? Er antwortet: „Die Torah möchte damit betonen, wie sehr Josef haZadik Erez Jisrael liebte. Aus diesem Grund hatte er darauf bestanden, dass seine Gebeine von Mizraim nach Erez Jisrael gebracht werden sollen, um dort begraben zu werden[3]. Genauso liebten auch seine Nachkommen – die Töchter von Zlofchod – das Heilige Land und wollten daher unbedingt einen Erbbesitz erhalten“.

„Wir lernen daraus“, schreibt Raw Mosche Feinstein sZl., „für wie wichtig die Torah die Nachahmung der guten Taten der Vorfahren ansieht. Es ist nicht so, wie man eigentlich annehmen würde, dass jede eigene, noch nie dagewesene Leistung, die ideale und die größte Tat ist. Wer so denkt, ist von sich, von seiner eigenen Bedeutung und seinen Errungenschaften derart eingenommen, dass er sich schon an der Spitze seines Leistungspotenzials sieht – und sich damit begnügt und zufrieden gibt. Viel größer ist jedoch die Nachahmung der Taten früherer Generationen, der Versuch, den überaus gewaltigen Madregot (geistige Stufen) unserer Vorfahren näher zu kommen. Mit diesem Ziel vor Augen, wird sich der Mensch mit dem bereits Erreichten nie zufrieden geben. Denn er empfindet nie, dass er seinen Väter und Mütter würdig ist. Er wird immer versuchen seine Leistungen zu steigern und sich noch mehr zu verbessern“[4].

So verstehen wir auch die Argumente der frommen Töchter von Zlofchod, die Mosche Rabenu gegenüber erwähnten, ihr Vater habe nicht der Gemeinschaft Korachs angehört, sondern „starb wegen seiner eigenen Sünde“.

Korach wollte ebenfalls nicht seinen Vorfahren folgen und sich mit seiner Aufgabe als Levi zufrieden geben. Seine Gier nach anderen, fremden Zielen trieb ihn ins Verderben. Und deshalb liess Jakov Awinu nicht zu, dass man ihn bei der Aufzählung von Korachs Abstammung erwähnte[5], da Korach nicht auf seinem Weg wandelte.

Die Familie von Zlofchod aber versuchte in den Fußstapfen ihrer Vorfahren zu gehen und ihre Taten weiter zu führen.

  1. Sanhedrin 82b
  2. ibid.
  3. Siehe Bereschit 50,25 und Schmot 13,19
  4. gemäss Darasch Mosche 27,1
  5. siehe Raschi 16,1 – und in meinem Artikel zur Parschat Korach

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