Unser Lehrer, der Rav von Brisk SZ”L, achtete darauf, dass der Etrog, den er am Sukkot-Fest verwendete, ganz sicher nicht aus einer Kreuzung (mit einer nah verwandten Fruchtart wie der Zitrone) entstanden ist. Leute, die ihm nahe standen, sorgten dafür, dass man ihm jedes Jahr einen Etrog aus einem wilden Wald in Marokko mitbrachte, um eventuellen Betrugsversuchen durch Händler vorzubeugen.
Kurz vor dem Sukkot-Fest 5718 (1957) reiste wie jedes Jahr ein Sondergesandter nach Marokko, um einen Etrog für unseren Lehrer von dort zu bringen. Bei der Ankunft auf dem Flughafen von Lod wurde der Bote jedoch von Zollbeamten aufgehalten, die ihm den Etrog abnahmen. In jenem Jahr wurde als Präventivmaßnahme gegen Pflanzenkrankheiten ein Importstopp für landwirtschaftliche Erzeugnisse verhängt; jegliche aus dem Ausland eingeführten pflanzlichen Erzeugnisse wurden konfisziert. Dies geschah am Vorabend von Sukkot; ein Bote kam in Jerusalem an und teilte unserem Lehrer mit, dass der Etrog vom Zoll konfisziert wurde.
Unser Lehrer verstand die Situation und bat mich, mich bei den Behörden für die Freigabe des Etrogs einzusetzen.
Aber er beschränkte sich nicht auf eine einzige Bitte. Damit ich meine Aufgabe nicht vernachlässige, führte er ein Gespräch mit mir und erklärte mir ausführlich, was für eine grosse Wohltat es für ihn wäre, wieviel Freude es ihm bereiten würde, wenn ich ihm diesen Etrog beschaffen würde und er die Möglichkeit hätte, das Gebot mit einem Etrog zu erfüllen, der ganz sicher nicht durch Kreuzung gezüchtet wurde. Er bat mich, meine Aufgabe selbst zu erledigen, es nicht anderen zu überlassen, und ich tat alles, was in meiner Macht stand, damit er seinen Etrog am Beginn des Sukkot-Festes in seinen Händen halten konnte. Ich versprach ihm, dass ich mich bemühen würde, und sagte, dass ich hoffte, ihm den Etrog noch vor Beginn des Festes übergeben zu können.
Ich ging zum Flughafen in Lod und sprach den Angestellten an, der den Etrog konfisziert hatte, und bat ihn, ihn freizugeben. Ich erzählte ihm vom Rav von Brisk, erklärte ihm, wie wichtig der Etrog für ihn sei und wie besorgt der Rabbi darüber sei, dass er den Etrog noch immer nicht in Händen halte. Der Bedienstete verstand mich und sagte, dass er den Etrog gerne freigeben würde, dazu aber nicht befugt sei. Als ich ihn fragte, wer diese Befugnis habe, sagte er, dass ein anderer Beamter sie habe. Ich ging zu dem anderen, aber er schickte mich zu einem dritten und so weiter. Auch wenn ich die Bürokratie des Staates Israel bisher nicht vollumfänglich kannte, erhielt ich nun eine lehrreiche Lektion in diesem Bereich.
So verging eine Stunde und noch eine Stunde.
Die leitenden Beamten dort gaben sich zwar sehr hilfsbereit und begegneten mir als Mitglied der Knesset mit Respekt, sahen aber keine Möglichkeit, mir wirklich zu helfen. Stunden vergingen, der Feiertag rückte näher. Ich kam zu dem Schluss, dass die Befugnis, den Etrog zu importieren, in den Händen des Flughafenchefs lag und niemand sonst dies tun könne. Ich habe ihn auf dem Flughafen gesucht, aber er war nicht da. Ich rief bei ihm zu Hause und an allen anderen Orten an, an denen ich ihn vermutete, aber vergeblich.
Während ich von einem Sachbearbeiter zum anderen rannte, musste ich gleichzeitig unseren Lehrer über den Stand der Dinge am Laufenden halten. Die Kommunikation zwischen uns wurde durch einen ihm nahestehenden Menschen aufrechterhalten, den ich per Telefon anrief, und der zum Haus unseres Lehrers gehen musste (der keinen Telefonanschluss hatte) und ihm mitteilte, was er von mir gehört hatte. Die Spannung im Haus unseres Lehrers erreichte einen Höhepunkt. Jedes Mal, wenn ich anrief, teilte mir der „Verbindungsmann“ mit, dass unser Lehrer mich bat, keine Mühen zu scheuen und zu versuchen, ihm diesen Etrog zu besorgen, weil es für ihn um das Wesentliche der Erfüllung des Gebots ging.
Es war schon spät, und die Zollstellen am Flughafen schlossen nach und nach.
Als mir klar wurde, dass ich den Etrog am Vorabend des Festes nicht mehr bekommen würde, kehrte ich nach Jerusalem zurück, ging zu unserem Lehrer nach Hause und sagte ihm, dass alle Fristen verstrichen seien – und ich die Freigabe des Etrog heute nicht mehr erwirken könne.
Es ist schwer, den großen Kummer unseres Lehrers zu beschreiben. Selbst wenn ich literarisch überaus begabt gewesen wäre, wäre ich unfähig, seinen großen Schmerz zu beschreiben. Sein Gesicht war buchstäblich schwarz vor Kummer und Schmerz.
Schließlich wandte er sich an mich und sagte: „Auch wenn ich am (ersten) Tag des Festes keinen Etrog haben werden, der frei von dem Verdacht der Kreuzung ist, ist es mir sehr wichtig, dass ich ihn zumindest an den Halbfeiertagen benutzen kann.“ Er ermutigte mich, energisch zu handeln, und bat mich, es immer wieder zu versuchen, damit er den Etrog so früh wie möglich bekommt. Das habe ich getan, was ich konnte, aber nichts half.
Die Zeit verging, ich versuchte immer wieder, den Flughafenchef zu erreichen – vergeblich.
Er war in Urlaub gefahren und ich konnte ihn nicht finden – weder am Ende des ersten Urlaubstages noch am ersten Halbfeiertag. Ich bat seine leitenden Mitarbeiter um Hilfe, um herauszufinden, wo er seinen Urlaub verbrachte, aber sie hatten keinen Erfolg.
Stunden und Tage vergingen, und in der Zwischenzeit kamen jede halbe Stunde Boten unseres Lehrers zu mir, um zu fragen, ob es irgendwelche Fortschritte gegeben hätte; ich antwortete, dass ich hier und da etwas vorankommen würde, aber immer noch nicht wisse, was passieren wird. Die Anspannung, Trauer und Schmerz unseres Lehrers waren unbeschreiblich. Er kam nicht zur Ruhe und hatte immer wieder neue Ideen, wie er den Etrog vom Zoll zurückbekommen könnte.
Schließlich fand ich den Leiter des Flughafens – ich weiß nicht mehr, ob er gerade in Israel oder im Ausland war.
Ich habe mit ihm gesprochen und ihn gebeten, den Angestellten am Flughafen eine klare Anweisung zu geben, den Etrog freizugeben. Er antwortete mir, dass er meiner Bitte gerne nachkommen würde, dazu aber auch nicht befugt sei. Ich fragte ihn, wer diese Befugnis habe, und er antwortete, dass sie nur der Landwirtschaftsminister hätte.
Dies geschah an Hoschana Raba, dem letzten Tag des Sukkot-Festes). Ich machte mich auf die Suche nach dem Landwirtschaftsminister, der damals Herr Kadisch Lus war und im Kibbuz Degania lebte. Ich rief den Vorstand des Kibbuz an und erfuhr, dass Lus krank war und ein paar Stunden zuvor ins Krankenhaus gebracht worden war. Es war klar zu sehen, dass der Himmel mit uns Krieg führte… Lus wurde in das Hadassah-Hospital in Jerusalem eingeliefert. Ich beeilte mich, dorthin zu gelangen, während unser Lehrer ständig über den Stand der Dinge am Laufenden gehalten wurde. Ich betrat die Station und traf seinen behandelnden Arzt am Eingang zu seinem Zimmer. Ich bat ihn um Erlaubnis, den Patienten zu sprechen, aber er lehnte dies ab.
Ich sagte, dass ich unbedingt reingehen müsse, da ich mich um eine dringende und sehr wichtige Angelegenheit kümmern würde.
Ich versprach, nicht länger als drei Minuten im Zimmer zu bleiben, also trat der Arzt herein und fragte ihn, ob er bereit sei, mich zu empfangen; er antwortete, ich könne eintreten.
Ich ging hinein und erzählte ihm kurz, worum es ging. Er war sehr beeindruckt von meiner Geschichte und antwortete, dass er sofort bereit sei, das zu tun, dass er aber keinen offiziellen ministeriellen Briefkopf habe, auf den er die Anweisung schreiben könne; ohne einen solchen Briefkopf wäre eine solche Anweisung unwirksam .
Ich sagte ihm, dass er das Formular in Kürze erhalten würde. Ich rief beim Landwirtschaftsministerium in Tel Aviv an und bat darum, dass man mir ein offizielles Formular des Ministeriums durch einen Boten schicke, wie vom Minister angeordnet. Nach einiger Zeit kam ein Bote herein und übergab mir das Formular.
Ich ging sofort zu Kadisch Lus, und er schrieb darauf die klar und deutlich formulierte Anweisung, den Etrog ohne weitere Verzögerung Rabbi Lorenz zukommen zu lassen.
Ich rief den Flughafenangestellten an, der für die Freigabe von beschlagnahmten Gegenständen zuständig war, und teilte ihm mit, dass es einen klaren schriftlichen Befehl von Herrn Kadisch Lus zur Freigabe des Etrogs gab. Er sagte, dass auf die Ankunft meines Boten warten und ihm den Etrog aushändigen werde.
Ich teilte unserem Lehrer freudig mit, dass ich einen Brief (mit der Anweisung) erhalten und bereits einen Boten nach Lod geschickt hatte, und dass er in Kürze in der Lage sein würde, den Etrog zu besorgen. Der Bote machte sich sofort auf den Weg nach Lod, doch als er dort ankam, stellte er fest, dass das Büro schon geschlossen war. Der Beamte, mit dem ich sprach, wartete in der Tat auf meinen Boten – aber in der Zwischenzeit hatten sie das Büro, in dem der Etrog aufbewahrt wurde, geschlossen.
Ich zitterte vor Angst.
Unser Lehrer sagte mir, dass er das Gebot auch dann erfüllen könne, wenn der Etrog erst kurz vor Schmini Atzeret eintreffe, da es für sehr wichtig sei. Aber es war mir klar, dass er den Etrog nicht mehr erhalten würde. Alle Fristen waren bereits verstrichen. Ich erinnerte mich an alles, was unserem Lehrer in all den Tagen seit dem Sukkot-Abend widerfahren war – und nun musste ich ihm mitteilen: kein Etrog! Ich ging hinein, zitternd und besorgt: wie kann ich ihm diese Nachricht überbringen?
Ich war bei ihm zuhause angekommen, aber er empfing mich völlig unerwartet mit einem Lächeln und fragte: „Nun, Rabbi Schlomo, kein Etrog?“
“Kein Etrog”, antwortete ich.
Ich konnte mich nicht zurückhalten und fragte ihn: „Warum lächelt der Rabbi?“
Ich habe sehr offen mit unserem Lehrer gesprochen. Ich erzählte ihm, wie ich vor Angst zitterte und nicht wusste, was ich sagen sollte; und ihn plötzlich gut gelaunt antreffe! Vielleicht hat der Raw einen anderen Etrog aus Marokko bekommen? Was hat sich in diesen wenigen Stunden für ihn geändert?
Unser Lehrer antwortete: „Ich werde dir eine Geschichte erzählen, welche dir zu verstehen hilft, warum ich mir jetzt keine Sorgen mehr mache.”
“As me ken nischt – is men potur!” – “Wenn man keine Möglichkeit hat [eine Pflicht zu erfüllen], ist man von der Pflicht befreit!“
Eine Dreiviertelstunde lang saß unser Lehrer da und erzählte mir die folgende Geschichte:
“Ein Einwohner von Brisk hatte sich mehrfach mit folgendem Anliegen an mich gewandt: Seine sehr alte Mutter wohnte in einem Ort namens Rogawe, weit weg von Brisk, und er hatte das Gefühl, dass er das Gebot, seine Mutter zu ehren, vernachlässigen würde. Es ist für ihn völlig unmöglich, oft nach Rogawe zu fahren, da er in Brisk seinen Lebensunterhalt bestritt.”
“Ich habe ihn gefragt“, sagte unser Lehrer, „wie ich ihm helfen kann.”
Der Mann antwortete: „Ich möchte, dass sie zu mir kommt und bei mir lebt. Ich habe sie jahrelang angefleht, aber ihre Antwort lautete stets “Nein”. Deshalb bitte ich den Raw, mit ihr zu sprechen; es ist sehr gut möglich, dass sie auf den Raw von Brisk hören wird.“
Ich sagte ihm, dass ich seiner Meinung war und schlug vor, dass er das nächste Mal, wenn sie zu Besuch käme, mich gemeinsam mit ihr besuchen sollte.
Als sie dann zu Besuch kam, schaute sie bei mir gemeinsam mit ihrem Sohn vorbei. Ich sprach sie an und sagte: „Ihr Sohn möchte das Gebot erfüllen, seine Mutter zu ehren. Dieses Gebot ist unschätzbar wichtig, und jedem, der bei der Erfüllung eines solchen Gebotes mithilft, wird auch ein großes Verdienst zuteil. Meiner Meinung nach sollten Sie hierher umziehen. Ihnen wird es auch materiell gut gehen und ihm wird es geistig gut gehen, wenn er das Gebot, seine Mutter zu ehren, auf die bestmögliche Weise erfüllt.“
Die alte Frau sagte zu mir: „Rabbi! Sie können von mir verlangen, was Sie wollen, nur nicht, dass ich Rogawe verlassen soll. Das kann ich nicht tun!“
Ich fragte sie: “Warum können Sie das nicht? Warum sollte es so schwer für sie sein, mit einem guten Sohn zusammenzuleben, der sich um sie kümmern will?”
Sie antwortete: „Rabbi! Ich will Ihnen eine Geschichte erzählen: Mein Großvater war sehr arm, aber er hatte immer einen großen Wunsch: dass er eines Tages in seinem Leben einen eigenen Etrog haben würde (In Litauen herrschte Armut, und nicht jeder hatte einen eigenen Etrog).
„Großvater hatte sein ganzes Leben lang Geld gesammelt, um sich eines Tages, im hohen Alter, einen eigenen Etrog zu kaufen.
Dieses Geld verstaute er in einem Sack, und immer, wenn er eine kleine Münze für Lebensmittel sparte, legte er sie in diesen Sack. Auf diese Weise sammelte er jahrzehntelang Münze für Münze. Als er schon ein alter Mann war, dachte er sich, dass er bereits genug Geld hätte, um einen Etrog zu kaufen. Er nahm den Sack und ging mit seiner Frau in die Stadt Vilna zu einem Etrog-Händler.
Als sie mit dem Geld ankamen, setzte er sich hin und zählte das Geld, Münze für Münze, aber der Betrag, den er zählte, reichte noch immer nicht für einen Etrog.
Mein Großvater und meine Großmutter waren sehr enttäuscht und verließen den Etrog-Händler mit leeren Händen. Als sie den Laden schon längst hinter sich gelassen hatten, sagte meine Großmutter: “Wir sind jetzt beide alt. Wir haben immer davon geträumt, einen Etrog zu kaufen, der uns gehören würde – wenn nicht jetzt, wann dann? Wir haben unser eigenes Haus – wozu brauchen wir ein Haus? Wir werden es verkaufen und uns eine Ein-Zimmer-Wohnung in der Gegend besorgen, und mit dem Geld, das wir für das Haus bekommen, können wir wahrscheinlich einen Etrog kaufen.“
Das taten sie auch: Sie verkauften das Haus, bekamen, was sie bekamen, und gingen zurück zum Etrog-Händler in Vilna.
Der Händler war erstaunt über den Betrag, den sie in den Händen hielten, und sagte, dass sie für das Geld, das sie nun zur Verfügung hätten, keinen gewöhnlichen Etrog bekommen würden, sondern einen, den noch nie jemand zuvor gehabt habe. Er versprach, dass er meinem Großvater etwas Besonderes mitbringen würde, wenn er Etrogim einkaufen ging. Und tatsächlich, er hielt sein Wort und brachte ihnen einen ganz besonderen Etrog. Sie waren sehr zufrieden damit und gingen zu ihrer Wohnung.
In der Zwischenzeit hatte sich in der Stadt herumgesprochen, dass mein Großvater einen prächtigen Etrog gekauft hatte, den sonst niemand hatte. Die Juden des Ortes waren von der Neugierde gepackt und kamen zum kleinen Mietshaus. Während der Großvater lernte, zeigte die Großmutter ihnen in der Küche den Etrog. Er ging von Hand zu Hand, und jeder bewunderte seine Schönheit – bis er jemandem herunterfiel und sein Pitem abbrach … und der Etrog damit untauglich wurde, um mit ihm das Gebot zu erfüllen!
Die Großmutter fiel sofort in Ohnmacht.
Als sie wieder zu sich kam, wollte sie ihrem Großvater erzählen, was geschehen war, aber sie befürchteten, dass die plötzliche Nachricht ihn einen solchen Schock versetzen würde, dass sogar seine Gesundheit davon Schaden nehmen würde, und so beschloss sie, ihn zuerst schrittweise auf eine solche schmerzliche Nachricht vorzubereiten.
Sie ging in das Zimmer, in dem ihr Großvater saß, und begann, ihm Geschichten und Gleichnisse zu erzählen. Er verstand nicht, was sie von ihm wollte und fragte, warum sie ihm all diese Geschichten erzählte – war etwas passiert? War ein Unglück geschehen? Vielleicht war – G-tt behüte – eines der Enkelkinder gestorben? – fragte er.
Großmutter hatte keine andere Wahl, als ihm zu sagen, was passiert war.
Als der Großvater hörte, was geschehen war, erhob er sich von seinem Platz und sagte: “As me ken nischt – is men potur!” “Wenn man keine Möglichkeit hat [eine Pflicht zu erfüllen], ist man von der Pflicht befreit!” Und er fügte hinzu: „Derselbe Herr der Welt, der befohlen hat, den Etrog am Sukkot-Fest zu halten, sagte auch, dass es verboten ist, zu zürnen.“
Als die alte Frau ihre Geschichte beendet hatte,“ fuhr unser Lehrer fort, „erklärte sie mir, warum sie Rogawe nicht verlassen wollte.
“Jeden Tag“, sagte sie, „gehe ich an dem Haus vorbei, das mein Großvater und meine Großmutter verkauft hatten, um den Etrog zu kaufen, und die Freude, die ich dabei empfinde, ist so groß, dass sie mich wirklich belebt. Deshalb bleibe ich in Rogawe – weil ich auf diese Freude nicht verzichten kann.
Und solange ich lebe, wohne ich in der Nähe des Hauses meiner Großeltern – das Haus, das für einen Etrog verkauft wurde.”
Nachdem ich diese Geschichte von ihr gehört hatte, konnte ich natürlich nicht mehr von ihr verlangen, Rogawa zu verlassen.
“Hast du die Geschichte verstanden?” – fragte mich unser Lehrer und fügte hinzu: “As me ken nischt – is men potur!”
Als ich dachte, dass ich noch eine Chance hatte, liess ich keinen Stein auf dem anderen. Und wie du weißt, hatte ich Angst, war angespannt, fühlte Schmerz und Leid. Was auch immer du dir darunter vorstellen kannst, was ich durchgemacht habe – meine Qualen waren größer als du denkst. Aber nachdem wir alles getan haben – und, wie ich mir sicher bin, du hast alles getan – „wenn es keine Möglichkeit gibt – ist man von der Pflicht befreit!“ Warum sollte ich mich weiter grämen?
Dies ist der Grund, wieso ich jetzt ruhig und gut gelaunt bin; denn “As me ken nischt – is men potur!”
Die Geschichte, die unser Lehrer mir erzählte, hielt er für äußerst wichtig; alle Einzelheiten blieben in meinem Gedächtnis. Die darin beschriebenen Ereignisse haben mich sehr beeindruckt. Immer wieder zu Sukkot erzähle ich es meiner Familie, damit sie die Stärke des Wunsches unseres Meisters verstehen, die Gebote ganz sicher vollständig und genau zu erfüllen, und gleichzeitig über die Selbstaufopferung hören, die Juden bei der Erfüllung des Gebots vom Etrog an den Tag legten. Am wichtigsten ist es aber, zu wissen, dass wir frei sind, wenn wir gar keine Möglichkeit haben, das Gebot zu erfüllen, und dass wir in einer solchen Situation verpflichtet sind, zur Ruhe und zum Seelenfrieden zurückzukehren.