Siebzig Jahre Galut Bawel – 3 – Drei Zadikim im Feuerofen

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
im Feuerofen

Wir setzen fort – mit Blick auf das nicht mehr weit entfernte Purim 5779 – die Publikation der spannenden Serie «Siebzig Jahre Galut Bawel».

3. Kapitel (3340) – Drei Zadikim im Feuerofen

Nach kurzer Zeit begann sich König Newuchadnezar Gedanken über die Größe und Stärke des späteren „Melech Hamoschiach“ zu machen, von dem ihm Danijel in der Deutung seines Traumes erzählt hatte. „Wie kann ich nur verhindern“, dachte sich dieser Bösewicht, „dass die Bne Jisrael nach vielen Geschlechtern eine solche Größe erreichen? “ So dachte er, bis er auf die Idee kam, einen großen Götzen zu errichten, entsprechend dem Götzen, den er im Traum gesehen hatte. Ganz aus Gold liess er den Götzen anfertigen, 60 Ellen hoch und sechs Ellen breit. Diesen stellte er in einem Tal auf, das ’Duro’ hiess. Doch sobald der Götze aufgestellt wurde, fiel er wegen seiner Größe um. Als man ihn nochmals aufstellte, fiel er wieder um. Nach einigen Versuchen ließ der König alles Gold und Silber, das er aus Jeruschalajim geraubt hatte, ins Tal bringen. Dort ließ er das Gold und Silber einschmelzen und als Sockel für das Götzenbild giessen.

Nachdem der Götzenbau beendet war, ließ Newuchadnezar alle Fürsten und Adelige der ganzen Welt einladen, um am Einweihungsfest des Götzen teilzunehmen. Mit grossem Pomp und schönen Gesängen ließ er das Fest feiern, um alle Teilnehmer in Staunen zu versetzen. Er wollte, dass die ganze Welt sich vor diesem Götzen bücke und ihn verehre. Er ließ von jedem Volk der Welt drei Menschen auswählen, die sich vor den Götzen hinstellen, und sich dann auf ein Zeichen hin gleichzeitig vor dem Götzen blicken mussten „Wer sich nicht bückt“, rief Newuchadnezar, „wird in einem Feuerofen verbrannt!“

Newuchadnezar hatte absichtlich das Tal ’Duro’ ausgewählt, weil in diesem die Gebeine der Bne Efrajim‎ verstreut herumlagen, die zu früh aus Mizrajim hinauszogen und von den ’Pelischtim’ getötet wurden. (Andere sagen, dass dort viele Jehudim getötet wurden, die nach der Zerstörung des Bet Hamikdosch ins Galut Bawel geführt wurden). Er wollte, dass die Jehudim endlich ihre Hartnäckigkeit, mit der sie Haschem verehrten, aufgeben, wenn sie die Gebeine ihrer Brüder sehen und sich vor dem Götzen bücken. So hoffte dieser Bösewicht, die Jehudim langsam mit den Nichtjuden und Götzendienern zu vermischen, damit sie nie aus ihrem Galut erlöst werden. Dann werden sie auch nie durch den ’Melech Hamoschiach’ erlöst werden. Daher wählte er keine einfachen Jehudim aus, sondern drei der Großen und aus vornehmer Familie stammenden: Es waren Chananja, Mischael und Asarja!

Chananja, Mischael und Asarja fragten Danijel um Rat. Dieser schickte sie aber zu Jecheskel Hanawi[1].

Jecheskel meinte, dass sie flüchten sollten. Doch die drei Zadikim erwiderten: „Wenn wir uns verstecken, wird man dies vielleicht nicht bemerken, und man wird meinen, dass sich die Jehudim zum Götzen bückten. Wir werden hingehen und uns vor allen Augen nicht bücken!“

Als sich die vom König Auserwählten vor dem Götzen versammelten und sich alle Schaulustigen auf ihren Plätzen befanden, erklang eine herrliche Musik mit schönem Gesang. Sofort fielen die Auserwählten aller Völker der Welt auf ihr Gesicht und bückten sich vor dem Götzen. Nur Chananja, Mischael und Asarja, die nicht zusammenstanden, sondern sich absichtlich zwischen den anderen verteilten, damit man sie besser bemerkte, blieben stehen und verneigten sich nicht. Als Haschem sah, wie alle Völker der Welt dem Götzen dienen, wollte Er die Welt vernichten. Nur im Verdienst dieser drei Zadikim blieb sie bestehen!

Als Newuchadnezar vernahm, dass sie sich nicht bückten, ließ er die drei Zadikim vor sich bringen und rief: „Habt ihr denn nicht auch in eurem Land Götzen gedient? “ Darauf antworteten Chananja, Mischael und Asarja: „Du bist unser König, und wir folgen dir daher in allem, in dem du unser König bist, wir bei den Gesetzen und Steuern, ausser wenn sie den Gesetzen und Befehlen unserer heiligen Tora widersprechen, die uns vom König aller Könige gegeben wurden!“

Außer sich vor Wut schrie Newuchadnezar: „Ich gebe euch noch eine Gelegenheit! Sobald die Musik ertönt, sollt ihr euch vor dem Götzen bücken und ich vergebe euch eure Sünde. Weigert ihr euch, so werdet ihr im Feuerofen verbrannt!“ „Wir fürchten deinen Ofen nicht“, erklärten die drei Zadikim, „Haschem kann uns davor retten, so wie er unseren Vater Awraham vom Feuerofen rettete. Aber auch wenn Er uns nicht rettet, werden wir uns nie vor deinem Götzen bücken! „

Das Gesicht des Königs färbte sich dunkel vor Zorn. Er befahl sofort, die drei zu fesseln, und ließ sie von starken Soldaten bewachen. Ein grosser Feuerofen wurde aufgeheizt und zwar siebenmal heißer als gewöhnlich.

Dies war die Nacht von Jom Kippur, der auf Schabbat fiel, und die Zadikim trugen ihre festlichen Jom Tov-Kleider. (Nach einer anderen Meinung war es die Nacht von Pessach). Die ganze Nacht hindurch wurde der Ofen geheizt, und die drei Zadikim dawenten zu Hkb“H und sagten Tehilim: „Nicht wegen uns Haschem, nicht wegen uns! Sondern wegen Deines Namens gib die Ehre! Wegen Deiner Gnade, wegen Deiner Wahrhaftigkeit! Warum sollen die Völker sagen, wo ist denn ihr G-tt!“

Am Morgen darauf wurden Chananja, Mischael und Asarja von sieben Dienern des Königs ohne Erbarmen in den brennenden Ofen hineingestoßen. Weil die Hitze des Ofen so stark war und die Soldaten so eifrig dem Befehl des Königs nachkamen, stiessen sie die Zadikim in den Ofen ohne aufzupassen, und vier von ihnen wurden selbst verbrannt.

Sofort schickte Hkb“H den ‚Maloch Gawriel‘, damit er den Ofen von draussen erhitze und von drinnen kühle. Als Newuchadnezar den ‚Maloch Gawriel‘ sah, begann er zu zittern und rief: „Dies ist doch der Engel, den ich beim Krieg von ‚Sancheriw‘ gesehen habe, der sein ganzes Heer verbrannte!“ Dann rief er seine Ratgeber und schrie: ”Wir haben doch drei mit Fesseln gebundene Männer in den Ofen hineingeworfen, weshalb sehe ich dann vier Männer, die ohne Fesseln im Feuer herumspazieren?“

Tatsächlich spazierten die drei Zadikim im Feuer umher‚ und der ’Maloch Gawriel’ ging hinterher, wie ein Talmid hinter dem Raw. Das Feuer hatte nur ihre Fesseln verbrannt, sie aber blieben unversehrt.

Da schritt Newuchadnezar zum Eingang des Ofen und rief: שדרך, מישך und עבד נגו, Diener des obersten G-tt‚ kommt und geht hinaus! G-tt hat euch bereits erlöst mit Seinen Wundern!“ Doch die Zadikim erwiderten: “Wir gehen erst mit der ausdrücklichen Erlaubnis des Königs hinaus, damit niemand sagen kann, dass wir aus dem Ofen geflüchtet sind. Wir sagten dir bereits, dass wir die Befehle des Königs befolgen So wie wir auf den Befehl des Königs in den Ofen gingen, gehen wir auch erst auf den Befehl des Königs hinaus!“ Darauf befahl ihnen Newuchadnezar aus dem Ofen zu kommen. Gleich danach begannen sie Haschem zu loben und ihm zu danken. Sofort versammelten sich alle Generäle, Befehlshaber und Ratgeber des Königs und bestaunten die drei Männer, die lebendig aus dem Feuerofen traten. Sogar ihr Haar wurde nicht versengt, ihre Jom Tov-Kleider blieben schön und kein Brandgeruch umhüllte sie.

Wo war Danijel während dieser Geschehnisse?

Er ging weg! Damit waren alle drei einverstanden: Haschem wollte, dass Danijel nicht beim Wunder des Feuer’s dabei ist, damit man nicht sagt, dass die drei Zadikim im Verdienst von Danijel gerettet wurden. Danijel ging weg, weil er befürchtete, dass er als Götze verbrannt werden wird, da er in den Augen von Newuchadnezar ein Götze war und an ihm deshalb der Possuk “die Gussbilder ihrer Götter sollt ihr im Feuer verbrennen” in Erfüllung gehen wird. Newuchadnezar wollte, dass Danijel weggeht, damit er ihn nicht verbrennen muss und die Menschen sagen werden: „Seht wie dieser seinen Götzen verbrennt! „

Aber auch den Danijel versuchte Newuchadnezar zum Götzendienst zu verleiten. „Hättest du meinen Götzen gesehen, der reden kann, so hättest auch du dich zu ihm gebückt“‚ meinte der König. Er hatte nämlich den heiligen Tzitz des Kohen Gadol tief in den Mund des Götzenbildes hineingesteckt und deshalb konnte der Götze reden. Darauf sagte Danijel: „Würdest du mir erlauben, zum Götzen hinauf zu klettern, damit ich ihn auf den Mund küssen kann, mit dem er so gut redet?“ „Ja, natürlich!“ antwortete der König. So stieg Danijel auf das Götzenbild hinauf und beschwor den Tzitz : “Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut und bin ein Bote von Haschem. Hüte dich davor, dass durch dich nicht der heilige Name von Haschem entweiht wird. Ich befehle dir, zu mir hinauf zu kommen!“ Danijel näherte sich dem Mund des Götzen, als ab er ihn küssen möchte und der Tzitz kam aus dem Mund des Götzen hervor und ließ sich von Danijel verschlingen. Danach schwieg der Götze und kein Laut drang aus seinem Mund. Hkb“H liess einen starken Wind blasen, der das riesige Götzenbild umstiess. Es fiel auf sein Gesicht. Jetzt mussten alle Versammelten einsehen, dass der Götze nur ein Stück Gold war. Sie zerbrachen ihn in Stücke und machten Glocken daraus, die sie an den Hals ihrer Hunde und Esel hängten. Wenn die Glocken läuteten, riefen sie: “Seht doch, zu wem wir uns gebückt haben!“

Nach diesen Geschehnissen verstanden Newuchadnezar und alle versammelten Menschen, dass Haschem der einzige und wahre G-tt ist. Die Selbstaufopferung von Chananja‚ Mischael und Asarja verursachte eine grosse Heiligung des G-ttlichen Namens. Newuchadnezar stand vor den Augen aller Menschen auf und rief: „Gelobt sei der G-tt von שדרך, מישך und עבד נגו, der seinen Engel schickte, um seine Knechte zu retten, die Ihm vertrauten. Sie kamen dem Befehl des Königs nicht nach und gaben ihr Leben weg, um sich nicht zu einem Götzen zu bücken! Deshalb erlasse ich einen königlichen Befehl, dass der Körper jedes Menschen, der etwas Schlechtes über den G-tt von שדרך, מישך und עבד נגו, sagt, zerstückelt und sein Haus zum öffentlichen Misthaufen gemacht wird. Denn es gibt keinen anderen G-tt außer Ihm, der eine solche Rettung vollbringen kann!“

Newuchadnezar versäumte nicht, die drei Zadikim zu oberen Befehlshabern über Bawel zu ernennen. Außerdem schickte er einen Brief in alle Länder der Welt, in dem er die Größe von Hkb“H lobte und verbreitete. Nach diesem Wunder begann der König Hkb “H so zu loben, dass er beinahe das Sefer Tehillim, das Dawid Hamelech geschrieben hat, in den Schatten stellte, weil er noch mehr Lob über Hkb“H sagen wollte als Dawid. Daher kam ein ‘Maloch’ und versetzte Newuchadnezar einen Schlag auf den Mund. Das Lob dieses Bösewichts gefiel Hkb“H gar nicht. Er sagte zu Newuchadnezar: „Gestern sagtest du (zu den drei Zadikim), wer ist der G-tt, der euch aus meiner Hand retten kann, und jetzt willst du mich loben? Ich interessiere mich weder für dich noch für deine Lobreden!“

Diese Wunder waren für die Jehudim eine Schande! Nach diesen Geschehnissen, war das Götzendienen in den Augen der Nichtjuden sinnlos geworden. Jetzt wunderten sie sich sogar über die Jehudim, die in Erez Jisroel Götzen gedient hatten: ”Ihr habt einen solchen G-tt und bückt euch zu einem Götzen?!“ Die Schande war so gross, dass von den drei Zadikim, durch die das große Wunder geschah, nichts mehr gehört wurde. (Sie werden nicht mehr im T’nach erwähnt).

Wohin gingen sie?

  • Manche sagen, dass der Bericht über ihr Leben beendet ist, und man deshalb nichts mehr von ihnen hört.
  • Andere sagen, dass sie zu gingen, um Tora zu lernen und nichts mehr mit den anderen Jehudim Bawels zu tun hatten.
  • Einige sagen, dass sie nach Erez Jisroel gingen und heirateten.
  • Eine andere Ansicht ist, dass sie durch ’Ajin Hora’ starben, nach den großen Wundern, die durch sie geschahen.
  • Eine weitere Ansicht ist, dass sie durch den Speichel der der Nichtjuden starben. Als alle vor dem Götzen versammelten Nochrim die Wunder von Haschem sahen, spuckten sie auf Chananja, Mischael und Asarja mit der Anklage: „Ihr habt einen solchen G-tt und habt in eurem Land Götzen gedient?!“ Darauf sagte Klall Jisroel: „Dir, Haschem gehört die Gerechtigkeit und uns bleibt die Schande!“ (Sie ertranken im vielen Speichel der Nochrim, oder sie starben einfach von dieser Beschämung.)
Chasal sagen, dass an diesem Tag sechs Wunder geschahen:

1) Der Ofen war tief in den Boden gebaut und die Zadikim wurden von oben in ihn hineingestossen. Hkb“H hob den Ofen aus der Erde, so dass er nun auf dem Boden stand und sie hinausgehen konnten. Ein Teil der Wand des Ofens fiel ein, damit alle Menschen in den Ofen hineinschauen konnten und das Wunder sahen.

2) Der Kalk der Wände des Ofens schmolz, obwohl der Ofen von innen kalt war.

3) Die Männer, welche die drei Zadikim in den Ofen stießen, wurden vom Feuer verbrannt. 4) Auch vier andere Diener, die dem Newuchadnezar bei der Verbrennung der Zadikim halfen, wurden vom Feuer verbrannt.

5) Das riesige Götzenbild von Newuchadnezar fiel um.

6) Jecheskel Hanawi belebte die Toten im Tal ‚Duro‘.

Während Chananja, Mischael und Asarja im Ofen waren, sprach Haschem zu Jecheskel Hanawi: „Geh und belebe die Toten im Tal ‚Duro‘!“ (siehe zu Beginn des Kapitels). Jecheskel ging ins Tal, und der gleiche Wind, der das grosse Götzenbild umwarf, belebte danach die Toten Bne Efrajim. Alle durften wieder aufstehen außer einem, der zu seiner Lebzeit Geld gegen Zins an andere Jehudim geliehen hatte. Manche sagen, dass die wiederauferstandenen Bne Efrajim vor Haschem ein Lied (“Schira”) sangen und danach gleich wieder in ihren vorherigen Zustand zurückkehrten. Andere sagen, dass sie später nach Jeruschalajim gingen und dort heirateten. Rabbi Jehuda ben Betera war ein Nachkomme von ihnen.

Sie begaben sich zuerst zu Newuchadnezar und schlugen ihm ins Gesicht. (Manche sagen, dass Newuchadnezar sich Essgeräte aus ihren Gebeinen angefertigt hatte. Als die Gebeine belebt wurden, begannen sich die Essgeräte von Newuchadnezar zu bewegen und schlugen ihm beim Essen ins Gesicht). Als Newuchadnezar seine Diener fragte, was dies bedeute, antworteten sie: „Der Freund (Jecheskel Hanawi) van Chananja‚ Mischael und Asarja belebt die Toten im Tal ’Duro’!“

Der Zweck dieser Auferstehung war es, die Jehudim zu ermutigen, die im Galut Bawel bereits den Mut verloren hatten. Haschem zeigte ihnen, dass Er sie wieder nach Erez Jisroel zurückbringen wird, so wie er die toten ’Bne Efrajim’ belebte.

Fortsetzung folgt ijH.


Mit freundlicher Genehmigung des Verlegers Hr. S. Beck (Zürich). Bestellungen des Buches «70 Galut Bawel» unter +41 44 241 43 89.

  1. Hanawi = Prophet

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