Siebzig Jahre Galut Bawel – 14 – Darjawesch und das Ende des Galut Bawel

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Darjawesch
Nach einer Pause schliessen wir mit dem letzten Kapitel die Publikation der spannenden Serie «Siebzig Jahre Galut Bawel» fort.

14. Kapitel: Das Ende des Galut Bawel

Darjawesch (Dareios) II. war der Sohn von Achaschwerosch und Esther Hamalka und bestieg den Thron seines Vaters. In seinem zweiten Regierungsjahr (3408) endeten die 70 Jahre des Galut Bawel. Es war Zeit, das Beit Hamikdasch wieder aufzubauen. Die Jehudim, die bereits vor 18 Jahren mit der Erlaubnis von König Koresch nach Jeruschalajim zurückgekehrt waren, fürchteten sich jedoch davor, ohne Erlaubnis des neuen persischen Königs das Beit Hamikdasch zu bauen. Nachdem sie vor 18 Jahren den Bau begonnen hatten und diesen wieder unterbrechen mussten (siehe Ende 7. Kapitel), hatten sie ihren Mut gänzlich verloren.

Haschem wies sie zurecht, indem die Ernte dieses Jahres nicht qut ausfiel:

Weil ihnen die Mizwa von Bikurim (Erstlingsfrüchte) fehlte, ernteten sie nur wenig, obwohl sie viel gesät hatten. Das Brot sättigte sie nicht, weil die Menachot (Mehlopfer) fehlten, und durch das Unterlassen der Nessachim (Gussopfer) war ihr Wein schwach. Ihre Kleider wärmten sie nicht, da Bigdej Kehuna‎ (Kleider der Koihanim) nicht getragen wurden. Auch der Handel gedieh nicht. – Sie verstanden aber die Warnung von Haschem nicht, bis er sie durch den Nawi Chagai aufklären und zugleich für den Wiederaufbau ermutigen liess.

Am Rosch Choidesch Elul dieses Jahres (3408) sprach Haschem durch Chagai zu Serubawel ben Schealtiel, dem Führer der Jehudim und Jehoschua ben Jehozedek, dem künftigen Kohen gadol, und liess sie wissen, dass die Zeit für den Wiederaufbau gekommen war. Darauf begannen sie am 24. Elul Holz und Steine zu sammeln, um das Beit Hamikdasch weiter zu bauen, auch ohne die Erlaubnis des Königs. Haschem ermunterte die Jehudim weiterhin durch Chagai.

Im Monat Cheschwan (3409) erhielt auch der Nawi Secharja eine Newuah (Profezeiung) von Haschem. Er sollte die Jehudim wieder zur Einhaltung der Tora und Mizwot ermahnen und sie an die Sünden ihrer Väter erinnern, durch die das erste Beit Hamikdasch zerstört wurde.

Am 24. Kislev wurde bereits das Fundament des Heiligtum gelegt.

Sogleich befahl Haschem an diesem Tag dem Nawi Chagai, die Kohanim über ihre Kenntnisse der Gesetzte der Tum’a vetahara (rituelle Unreinheit und Reinheit) zu prüfen.

Es dauerte nicht lange, bis die Feinde der Jehudim ihre Arbeit bemerkten. Tatnai, der königliche Aufseher über Erez Jisrael, sandte bald darauf einen Brief an Darjawesch, in welchem er ihm darüber berichtete. Er schrieb, dass die Jehudim behaupten, eine ausdrückliche Erlaubnis von seinem Grossvater Koiresch erhalten zu haben. Darjawesch befahl seinen Dienern sofort, in der Bibliothek und den Archiven in Bawel nach einer solchen schriftlichen Erlaubnis zu suchen. Doch man fand dort nichts.

Darauf suchte man in Madai und wurde fündig.

In einem ledernen Beutel befand sich eine Schriftrolle, in der geschrieben stand, dass Koresch ihnen nicht nur die Erlaubnis zum Aufbau des Beit Hamikdasch gegeben hatte, sondern dass sie auch die Geräte, die Newuchadnezar nach Bawel verschleppt hatte, zurücknehmen durften.

Doch seine Fürsten mahnten ihn: „Koresch hat doch seine Erlaubnis widerrufen!“ „Hat er sie denn für immer widerrufen?“, erwiderte der brave Darjawesch, „wer sagt euch denn, dass er dies heute nicht wieder erlaubt hätte, wenn er noch leben würde?!“

Auf vorbildliche Weise unterstützte Darjawesch den Aufbau des Beit Hamikdasch und schickte Geld aus der königlichen Kasse.

Ausserdem sandte er Tiere, Wein, Mehl und Öl für die Darbringung der Korbanot. So konnte der Dienst im Beit Hamikdasch ohne Unterbruch durchgeführt werden. Er befahl auch, für ihn Korbanot darzubringen und für sein Leben und das Leben seiner Kinder zu Haschem zu beten. Wer jedoch den Bau behindern würde, dem drohte der König mit der Todesstrafe; sein Haus würde zerstört werden.

Die Jehudim schätzten den König sehr, sodass seine Regierungszeit wie bei einem jüdischen König ab dem Monat Nissan gezählt wurde. Chasal nannten ihn einen „Melech Koscher“ und er wurde daher unter drei Namen bekannt: ‏Koresch‎ – wie der richtige König Koiresch, den Haschem „meinen gesalbten König” nannte, Artachschasta – so wurden alle persische Könige genannt, und Darjawesch – sein richtiger Name'“.

Trotz aller Freundschaft fürchtete sich Darjawesch vor einem Aufstand der Jehudim.

Er befahl deshalb, das Beit Hamikdasch nicht höher als 60 Ellen‎ zu bauen. Ausserdem musste die Wand auf diese Weise gebaut werden: Nach je drei Reihen Marmorblöcken musste eine Reihe aus Holz und ohne Kalkbeschichtung kommen. So könnte er im Fall einer Rebellion der Jehudim das Beit Hamikdasch leicht verbrennen.

Nach dreieinhalbjähriger Bauzeit, am 3. Ador im Jahre 3412 war das zweite Beit Hamikdasch fertiggestellt. In grosser Freude wurde es eingeweiht und die Kohanim und Lewijim wurden wieder für die Ausführung der heiligen mr» im Beit Hamikdasch in Gruppen eingeteilt. Sie brachten bei der Einweihungs-Feier 100 Stiere, 200 Widder und 400 Schafe dar. Ausserdem brachte man 12 Ziegenböcke als Schuldopfer für jeden Schewet (Stamm) dar, die vielleicht während des 70 jährigen Exils oder noch vor der Zerstörung des ersten Beit Hamikdasch Götzen gedient hatten.

Der darauffolgende Pessach wurde schon in Tahara (ritueller Reinheit) gefeiert.

Trotzdem war die Freude der Zadikim ein wenig getrübt. Sie wussten nämlich, dass wenn alle Jehudim nach Erez Jisroel zurückgekommen wären und richtige Teschuwo gemacht hätten, das Volk die endgültige Erlösung verdient hätte. Das zweite Beit Hamikdasch war wiederum nur ein zeitweiliges Heiligtum – es stand 420 Jahre (3408-4828).

Doch unsere Hoffnung bleibt ungetrübt; wir warten jeden Tag

auf das dritte Beit Hamikdasch, das für immer bestehen wird.

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