Vorschriften für den Monat Elul aus dem Kitzur Schulchan Aruch

Datum: | Autor: Rav Schlomo Ganzfried | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Monat Elul, Selichot, Vorbereitung zu Ehrfurchtsvollen Tagen

Vorschriften für den Monat Elul

Monat Elul, Selichot, Vorbereitung zu Ehrfurchtsvollen Tagen

  1. Vom Anfang des Monats Elul an bis nach Jom-Hakipurim sind die Tage der Gnade. Und wenn auch der Heilige, gelobt sei Er, während des ganzen Jahres die Rückkehr annimmt von denen, die mit ganzem Herzen zu Ihm zurückkehren, so sind dennoch diese Tage für die Rückkehr besonders erwähIt und bestimmt, Tage des Erbarmens und Tage der Gnade zu sein, weil am Rosch Chodesch Elul Mosche zum Berg Sinai hinaufstieg, die zweiten Tafeln zu empfangen, und dort vierzig Tage blieb und am zehnten Tischri, als die Sühne vollendet war, herabkam. Seit damals sind diese Tage als Tage der Gnade geheiligt und der zehnte Tag im Tischri als Tag der Versöhnung. An den meisten Orten ist Gebrauch, am Rüsttag des Rosch-Chodesch Elul zu fasten und die Ordnung des “kleinen Jom kippur” zu beten, um die Herzen zur Rückkehr vorzubereiten. Wenn Rosch-Chodesch auf Schabbat fällt, hält man Jom-Kippur-katon schon vorher am fünften Tag der Woche. Der Arisal schreibt (Schemot 21, 13) “wer es aber nicht beabsichtigt hatte, und Gott fügte es in seine Hand, so bestimme ich für Dich”. ‏לידו ושמתי לך‎ אנה, die Anfangsbuchstaben der Worte ergeben אלול Elul; um zu sagen, dass dieser Monat die Zeit der Gnade ist, die Rückkehr anzunehmen von allen Sünden, die die Menschen im ganzen Jahr begangen haben. Auch ist dies eine Andeutung, dass man in diesem Monat auch für Versehen Rückkehr üben muss. Ferner haben die Erklärer von Andeutungen gesagt, (Dwarim 30, 6) “Der Ewige, dein Gott, wird dein Herz und das Herz deiner Nachkommen beschneiden, אֶת לְבָבְךָ וְאֶת לְבַב זַרְעֶךָ‎, die Anfangsbuchstaben der Worte ergeben Elul. Ebenso, (Schir Haschirim 6, 3) “ich gehöre meinem Trauten an und mein Trauter mir” אני לדודי ודודי לי, ergeben die Anfangsbuchstaben der Worte Elul. Ebenso, (Esther 9, 22) “ein jeder seinem nächsten und Gaben den Armen” אִישׁ לְרֵעֵהוּ וּמַתָּנוֹת לָאֶבְיוֹנִים, ergeben die Anfangsbuchstaben der Worte Elul. Das ist eine Andeutung für die drei Dinge: Rückkehr, Gebet und Wohltätigkeit, deren man sich in diesem Monat befleissigen soll. “Der Ewige wird beschneiden” weist auf Rückkehr hin; “ich gehöre meinem Trauten an” ist ein Hinweis auf das Gebet, das ein Gesang der Liebe; und “ein Jeder seinem Nächsten und Gaben den Armen” soll zu Wohltätigkeit veranlassen. (Das heisst, dass man zuerst seinem Nächsten erstattet, was ihm gebührt, und dann mit seinem eigenen Vermögen Wohltätigkeit übt.)
  2. Man pflegt in diesem Monat Schofar zu blasen; man fängt am zweiten Tag Rosch-Chodesch an und bläst jeden Tag nach dem Schacharit-Gebet ‏תשר”ת‎ (Tekia, Sch’warim-Terua, Tekia); nur am Erew-Rosch-Haschana unterbricht man, um zwischen dem freiwilligen Blasen der Pflicht zu unterbrechen. Der Grund des Blasens in diesem Monat ist, um das Volk zur Rückkehr zu erwecken; denn so ist die Natur des Schofars, zu erwecken und erschrecken. Wie der Schriftvers sagt (Amos 3, 6): “Wird wohl in der Stadt ins Schofar gestossen, und das Volk erschrickt nicht!?” Ferner pflegt man in diesen Ländern vom zweiten Tag Rosch-Chodesch Elul an bis Schemini-Azeret morgens und abends nach dem Gebet den Psalm 27 von David, “der Ewige ist mein Licht und mein Heil” zu sagen; das ist auf Grund des Midrasch: der Ewige ist mein Licht am Rosch Haschana und mein Heil am Jom Hakippurim, denn Er birgt mich in seiner Hütte, das weist auf Sukkot hin.Ferner pflegt man in der Gemeinde Tehillim zu sagen, an jedem Ort seinem Gebrauch entsprechend.Wenn der Elul angefangen, bis Jom Hakippurim, wenn jemand seinem Nächsten einen Brief schreibt, muss er darin am Anfang oder am Ende andeuten, dass er für ihn betet und ihn segnet, er möge das Glück haben, an den Tagen, die kommen. im Buche glücklichen Lebens eingeschrieben und besiegelt zu werden.
  3. Männer von frommen Werken pflegen in diesem Monat ihre Tefillin und ihre Mesusot nachzusehen, und alles, woran etwas Unbrauchbares.‚ auch an den anderen Geboten, gefunden wird, bessern sie aus.

(…)

  1. Vom ersten Tag der Woche vor Rosch-Haschana an und weiter steht man früh auf zu den Gebeten um Verleihung (Selichot). Wenn Rosch-Haschana schana auf den zweiten oder dritten Tag der Woche fällt, fängt man schon am ersten Tag der Woche vorher an. Wenn man früh aufsteht, muss man die Hände waschen und die Beracha über das Händewaschen und die Berachot über die Tora sprechen; und nach den Selichot-Gebeten wasche man seine Hände noch einmal ohne Beracha.
  2. Der Vorbeter, der die Selichot verträgt, hülle sich in ein mit Zizit versehenes Talit ein, bevor er ‏אשרי‎ anfängt. Und weil zweifelhaft ist, ob er über sein Talit die Beracha sagen soll, wenn er es bei Nacht anzieht, oder ob er die Beracha nicht sagen soll, darum nehme er nicht sein eigenes und auch nicht das Talit der Gemeinde, sondern leihe sich ein Talit von einem anderen. Und wenn überhaupt kein Talit vorhanden ist, kann man die Selichot und die “dreizehn Gnadeneigenschaften” auch ohne Talit sagen. Manche Orte haben den Gebrauch, dass derjenige, der Selichot vorbetet, auch Schacharit und Mincha und auch Maariw vorher vorbetet; und er hat den Vorrang vor einem Trauernden, dem Mohel oder einem, der Jahrzeit hat. Es ist gut, beim Sprechen der Selichot zu stehen; und wem es schwerfällt, stehe wenigstens beim Sprechen von ‏א‘ מלך יושב‎ und den dreizehn Gnadeneigenschaften.
  3. Man achte sehr darauf, als Vorbeter, der die Selichot und an den ehrfurchtbaren Tagen vorbete, einen Mann zu erwählen, der würdig und gross an Tora und guten Werken ist, soweit möglich ist, einen solchen zu finden; auch sei er schon dreißig Jahre alt, weil dann die jugendliche Hitze des Blutes bereits ruhig und das Herz demütig geworden ist; auch sei er verheiratet und habe Kinder, weil ein solcher sein Herz ergießt und die Gebete aus tiefster Seele ausspricht. Ebenso achte man sehr darauf, dass der Tokea, der am Rosch-Haschana Schofar blase, und ebenso derjenige, der dem Tokea vorsagt, Männer von Torakenntnis und G’ttesfurcht seien, soweit es möglich ist, solche zu finden. Jedoch ist jeder Israelit für all dieses geeignet, nur sei er der Gemeinde recht; wer aber sieht, dass durch die Sache Streit entstehen würde, halte sich davon zurück, obwohl es dann ein Unwürdiger sein wird.
  4. Ein Trauernder während der ganzen zwölf Monate nach dem Tode seines Vaters oder seiner Mutter sei nicht Vorbeter am Rosch-Haschana und am Jom Hakipurim und nicht Tokea am Rosch-Haschana, ausser, wenn kein anderer so würdig ist wie er. Wenn er sich in den dreissig Trauertagen ob anderer Verwandten befindet, wenn er schon vorher das Gewohnheitsrecht besaß, vorzubeten oder Schofar zu blasen, darf er es, weil Rosch-Haschana oder Jom Hakipurim die Bestimmungen der dreissig Trauertage aufhebt. Wenn er aber nicht das Gewohnheitsrecht besaß und ein anderer da ist, der ebenso würdig ist wie er, erschwere man. Während der ganzen Selichot-Tagejedoch, selbst am Erew-Rosch-Haschana, darf jeder Trauernde Vorbeter sein, nur nicht in den sieben Trauertagen.
  5. Wenn ein Einzelner Selichot sagt, darf er die dreizehn Gnadeneigenschaften nicht als Gebet oder Bitte aussprechen, sondern nur als Lesen in der Tora mit der entsprechenden Melodie und den Tonzeichen. Und ebenso an einer Stelle, wo die dreizehn Gnadeneigenschaften erwähnt sind, wie: “und gedenke uns heute des Bundes der dreizehn Gnadeneigenschaften…” und ähnlich, lasse er aus; ebenso die Bitten in aramäischer Sprache … sage man nur mit zehn Erwachsenen.
  6. Ein Trauernder darf sein Haus nicht verlassen, um in die Synagoge zu gehen, die Selichot zu sagen, ausser am Erew-Rosch-Haschana, weil man da viele Selichot sagt. ‏
  7. Der Vorbeter, der an den ehrfurchtbaren Tagen vorbeten, und ebenso, der Schofar blasen wird, müssen sich drei Tage vor Rosch-Haschana von allem fernhalten, was zur Unreinheit führt. Sie sollen, soweit sie können, die Erklärungen der Gebete und Festgedichte und die Vorschriften für das Schofar-Blasen lernen. Auch sollen sie in Moralbüchern lernen, die das Herz des Menschen erwecken, dass es sich fürchte vor der Ehrfurchtbarkeit des Ewigen und dem Glanze Seiner Majestät, wenn Er kommt, die Erde zu richten. Wenn sich in der Gemeinde kein Tokea findet, der ein Torakundiger ist, soll sie wenigstens darauf sehen, dass derjenige, der vorsagt, ein Torakundiger und in den Vorschriften für das Schofar-Blasen erfahren ist, damit er, wenn beim Blasen irgendein Fehler vorkommen sollte, weiss, was zu tun ist, und dass er auch versteht, das Schofar zu untersuchen, ob es koscher ist.
  8. Viele pflegen an den zehn Tagen der Rückkehr zu fasten; und weil vier Tage fehlen, an denen sie nicht tasten, das ist an den zwei Tagen Rosch-Haschana, am Schabbat und am Erew-Jom-Hakipurim, darum fasten sie dafür vier Tage in den Selichot-Tagen vor Rosch-Haschana, das ist am ersten Selichot-Tag, am Erews-Rosch-Haschana und an noch zwei Tagen dazwischen; für diese wählen sie den zweiten und fünften Tag der Woche. Wenn ihnen auf diese ein Festmahl zu Ehren einer Mizwa fällt, können sie essen und einen anderen Tag dafür fasten; oder wenn man weiss, dass man ein Festmahl zu Ehren einer Mizwa haben wird, faste man vorher einen Tag dafür.
  9. Man pflegt am Erew-Rosch-Haschana nach dem Morgengebet auf den Begräbnisplatz zu geben, sich auf den Gräbern der Frommen niederzuwerfen. und gibt dort den Armen Almosen und mehrt Gebete, die heiligen Frommen, die in der Erde ruhen, zu erwecken, daß sie am Tag des Gerichtes gute Fürsprecher für uns seien; auch, weil es der Ort ist, wo die Frommen begraben sind, ist dieser Ort heilig und rein, und wird das Gebet dort besonders angenommen, weil es auf heiligem Boden verrichtet wird. Und der Heilige, gelobt sei Er, wird um des Verdienstes der Frommen willen Gnade üben; aber man richte sein Verlangen nicht an die Toten, die dort ruhen, weil die Befürchtung nahe ist, daß dies zum Verbot von Totenbeschwörung gehören könnte, sondern man bitte vor dem Ewigen‚ gepriesen sei Er, daß Er sich um des Verdienstes der im Staube ruhenden Frommen willen erbarme. – Wenn man auf den Begräbnisplatz kommt und die Gräber dreißig Tage nicht gesehen hat, muß man die Beracha sprechen: “Der euch nach dem Recht erschaffen…”.Wenn man zum Grab kommt, sage man: “Möge es wohlgefällig sein, daß die Ruhe dessen, der hier begraben, in Ehre sei und sein Verdienst mir beistehe. Wenn man die Hand aufs Grab legt, lege man nur die linke Hand hin und nicht die rechte und sage den Vers (Jes.58,11): Der Ewige geleite Dich allzeit und sättige mit Klarheit deine Sehnsucht und erquicke dein Gebein; daß du gleich einem wohlgetränkten Garten werdest und einer Quelle gleich, deren Wasser nie versiegt. Ruhe in Frieden und schlummere in Frieden, bis der Tröster kommt, der Frieden kündet; und wenn man die Hand hinlegt, denke man beim Vers ‏ובחן‎ daran, daß er fünfzehn Worte gleich der Zahl der Knöchel der Hand enthält.

Man gehe nicht zweimal an einem Tag auf dasselbe Grab. Wenn jemand die Schrift auf dem Grabstein liest, wenn es hervor-tretende Schrift ist, schadet es seinem Gedächtnis (eigentlich: istes schädlich wegen Vergessens); ein Heilmittel ist “Ahawa raba”‎ bis “lejachedcha beahawa” zu sagen.

  1. Am Erew-Rosch-Haschana pflegen alle bis nach Mincha zu fasten; denn dann genießen sie etwas, um nicht unter Kasteiungen in den Jom-Tow einzutreten. Und den ganzen Tag beschäftige man sich mit Tora, der Erfüllung von Geboten und Rückkehr und ganz besonders mit den Verfehlungen zwischen einem Menschen und seinem Nächsten‚ und warte nicht bis Erew-Jom-Hakipurim, sondern beeile sich schon heute, seinen Nächsten um Verzeihung zu bitten.
  2. Man wäscht die Gewänder und schneidet das Haar am Erew-Rosch-Haschana zu Ehren des Jom-Tow; man achte darauf, sich vor der Mitte des Tages zu scheren; man nimmt ein Tauchbad und zieht am Rosch-Haschana die Schabbatgewänder an, um zu zeigen, daß wir auf die Gnade des Ewigen, gepriesen sei Sein Name, vertrauen, daß Er unser Recht dem Lichte gleich erstrahlen lassen wird.
  3. Man pflegt am Erew-Rosch-Haschana die Aufhebung der Gelübde zu machen… Wer nicht versteht, was er in der heiligen Sprache sagt, sage es auf Deutsch, wie er es versteht.

Übersetzung von Rabbiner Dr. Selig Bamberger SZL

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