Chanukka – Wochenabschnitt Mikez – Wie können wir die Finsternis dieses Galut besiegen?

Datum: | Autor: Rav Chaim Grünfeld | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
Finsternis

Der Midrasch zitiert zum Beginn dieser Parscha den Passuk (Ijow 28,3): „Kez sam laChoschech“ – „Ein Ende bestimmte Hkb“H der Finsternis“. Und lehrt dazu: Wieso bestimmte Hkb“H der Finsternis ein Ende? Solange es einen ‚Jezer haRa‘ auf dieser Welt gibt, ist es finster auf dieser Welt. Wenn aber in der kommenden Epoche die Menschheit vom “Trieb zum Bösen” befreit wird , so wird keine Finsternis mehr auf dieser Welt herrschen. Laut einer anderen Erklärung bezieht sich der Passuk auf das ‚Choschech‘ von Josef: Hkb“H bestimmte, wie lange Josef in der Finsternis des Gefängnisses schmachten musste – und deshalb: „Wajehi Mikez… uParoh cholem“, sobald das vorbestimmte Ende von Josefs Finsternis kam, sah Paroh sogleich einen Traum (der eine Kette von Ereignissen in Gang brachte, die Josef aus seinem Gefängnis in die Freiheit führten)“.

Noch bevor man Josef ins Gefängnis warf, war schon bestimmt, wann seine Rettung stattfinden wird, denn Haschem bestraft uns erst, nachdem er die “Medizin”, also unsere Hilfe und Rettung, erschaffen und vorbereitet hat[1]. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich dabei um den „Klall“ oder den „Prat“, um das ganze Volk Jisrael oder einen einzelnen Jehudi, handelt. Diesen Grundsatz erklärt uns der Midrasch an dieser Stelle: Noch bevor Hkb“H ‚chalila‘ (G’tt behüte) eine Finsternis durch verschiedene Nöte und Bedrängnisse über den Klall Jisrael bringt – „Kez sam laChoschech“ – ist die Erlösung schon vorbestimmt! Diese Regel gilt aber auch beim „Prat“ von Jisrael, bei jedem einzelnen Jehudi, wie z.B. Josef. Auch bei ihm war schon vor seiner Einkerkerung die Dauer seiner Finsternis festgelegt. Sobald diese Zeit abgelaufen war, stand die Rettung bereits vor der Türe – „und Paroh träumte“.

Die Meforschim fragen, wieso Josef nicht sofort nach seiner Krönung seinen Vater Jakov informierte, dass er noch am Leben sei.

Aber auch hier gilt dieselbe Regel von „Kez sam laChoschech“. Die Zeit, da Jakov von seiner ‚Zara‘ (Leid) erlöst werden sollte, war eben noch nicht gekommen. Also konnte und durfte Josef Jakovs private Finsternis nicht frühzeitig erhellen.

Auch Josef musste diese Regel durch bittere Erfahrung lernen, als er den „Mundschenk“ bat, ihn bei Paroh zu erwähnen, dass er sich seiner erbarme. Als Strafe musste Josef zwei weitere Jahre in seinem Verließ schmachten. Man darf nämlich nicht zur vorzeitigen Erlösung drängen! Schon viele Zadikim versuchten, unsere endgültige Erlösung mit Gewalt herbeizuführen. Sie mussten aber schließlich einsehen, dass dies nicht der richtige Weg ist, weil Hkb“H, der unser Bestes will, alles schon lange vorausgedacht und sorgfältig bis ins kleinste Detail geplant hat. Unsere Pflicht ist es lediglich, uns mit Tefila, Teschuwa (Rückkehr zu G’tt) und Ma’asim Towim (Gute Taten) darauf vorzubereiten. Wir müssen jeden Tag um die Ge’ula bitten, hoffen und geduldig warten, aber wir können und dürfen sie nicht mit Gewalt erzwingen!

Josef verstand nun seine Aufgabe in Mizrajim, für die ihn Haschem nach Ägypten verschleppen ließ.

Er musste dort eine geistige Basis für die Bne Jisrael vorbereiten, die so wie er in Mizrajim gefangen sein werden und später, wenn das Ende ihrer Finsternis nahen wird, daraus erlöst werden sollten. Auch die Erlösung Jisraels aus dem späteren „Galut Mizrajim“ konnte nicht mit Gewalt erzwungen oder umgangen werden. Der Versuch der Bne Efrajim, dem Exil frühzeitig zu entkommen, misslang auf katastrophale Weise. Alle Flüchtenden wurden von den ‚Plischtim‘ umgebracht[2]. Die Aufgabe bestand daher, geduldig abzuwarten und sich geistig auf die Erlösung vorzubereiten, damit man gleich nach dem Ende der Finsternis in der Lage sein wird, das Licht der Ge’ula in sich aufnehmen zu können.

Die erste Mizwa eines Jehudi ist die „Brit Milah“, das Bündnis Jisraels mit G’tt. Damit Jisrael diese auch in der Tuma’t Mizrajim (Unreinheit des antiken Ägyptens) ausführen konnten, verlangte Josef von den Ägyptern, sich als Bezahlung für die staatliche Lebensmittelhilfe zu beschneiden[3]. Es ist äußerst erstaunlich, dass es niemandem im ganzen Land Mizrajim einfiel, sich gegen diese Maßnahme zu stellen. Niemand protestierte oder sträubte sich, weder Politiker, noch Menschenrechtsorganisationen! Ja, nicht einmal Paroh, der oberste Gesetzgeber des ägyptischen Reiches, hatte etwas dagegen einzuwenden! Der Grund liegt auf der Hand, denn „Kez sam laChoschech“. Haschem bereitete jetzt die Rettung aus der Not vor, mit der Jisrael später aus Mizrajim zog, dank des „Sechut“ (Verdienst) der Mizwa von „Brit Milah“. Daher musste jetzt unbedingt die Kraft für die Ausübung der Mizwa in Mizrajim geschaffen werden und niemand konnte sich dagegen stellen.

Später bereitete Mosche Rabenu den Klall Jisrael für den zweiten nötigen „Sechut“ vor, den sie benötigten, um die Finsternis von Mizrajim zu beenden.

Er ordnete noch während ihrer Sklaverei die Schabbat-Ruhe an, damit sie sich wieder an Hkb“H und Seine Gebote zu erinnern. Somit bereitete er sie auf die Mizwa von „Korban Pessach“ vor, die die vollständige Trennung und Loslösung von Götzendienst und die Anerkennung G’ttes symbolisiert.

Die erste Mizwa, die Haschem Jisrael als Volk verkündete, war die Mizwa von „Kidusch haChodesch“ (Bestimmung des Neumonds). Um sich vollends von dem sonnen- und sternenanbetenden Ägyptern abzutrennen, musste Jisrael nicht nur das „Schaf“, die Verkörperung eines der wichtigsten altägyptischen Gottheiten, schlachten und es, anstatt es anzubeten, dem einzigen G’tt darbringen, sondern auch die Überlegenheit Jisraels über allen Sternen und Masalot (Sternbildern), mit „Kidusch haChodesch“ demonstrieren. Ein Volk, das selbst über die Zeit und Geschicke der Gestirne bestimmen kann, wird ganz schnell begreifen, wie lächerlich die Anbetung von Sternen und Sternbildern ist!

Durch diesen Gedankengang wird auch schnell klar, weshalb sich gerade Mosche Rabenu beim Auszug aus Mizrajim persönlich darum kümmerte, die „Gebeine Josefs“ mitzunehmen: Der Auszug aus dem Galut Mizrajim konnte nur durch Mosches und Josefs Vorbereitungen erfolgen.

Die Verdienste von „Dam Pessach“ und „Dam Milah“ waren der krönende Abschluss ihrer beiden Vorbereitungen!

Parschat Mikez wird jährlich (außer dieses Jahr!) am „Schabbat Chanuka“ geleint. Genauso wie im Galut Mizrajim versuchten auch die „Jewanim“ (Hellenisten) eine geistige Finsternis über Jisrael zu bringen. Daher vergleichen Chasal im Midrasch „Jawan“ mit „Choschech“, weil sie die Augen Jisraels mit ihren zahlreichen ‚Geserot‘ (Dekrete) finster machten[4].

Nicht umsonst äußerste sich diese Finsternis insbesondere im Verbot der drei Mizwot „Schabbat, Chodesch und Milah“[5]. Die Philosophie der „Chochmat Jewanit“, der griechischen Kultur und Lebensweise, stand im genauen Gegensatz zum Licht der Torah. Sie wollten Jisrael daher wieder aus dem G’ttesbund reißen, und sie stattdessen zum Götzendienst und zur Unterwerfung unter die Gestirne und Naturgewalten erniedrigen. Sie symbolisieren daher den חֹשֶׁךְ, der aus den Anfangsbuchstaben von חֹ-דֶשׁ, שַׁ-בָּת, כְּ-רִיתַת הַבְּרִית besteht.

Doch sie rechneten nicht mit dem ‚Messirut Nefesch‘ (Selbstaufopferung) von Matitjahu und seinen Söhnen, die um den Erhalt dieser drei Grundpfeiler der Torah mit wahrem Heldenmut kämpften.

Sie werden daher als „Chaschmona’im“ betitelt, die uns den Erhalt von חֹ-דֶשׁ, שַׁ-בָּת, מִ-ילָה (Chascham) bewahrten. So erfüllte sich auch beim ‚Nes Chanuka‘ die Regel von „Kez sam laChoschech“. Nicht nur das alleinige Hoffen und Warten auf die Erlösung brachte die Rettung, sondern ihre mit ‚Mesirus Nefesch‘ gemachten Vorbereitungen zur geistigen Ge’ula setzten der Finsternis ein Ende.

Dennoch gilt „Chanuka“ als Ausnahme aller ‚Galujot‘, weil hier auch die Initiative zur eigenen Erlösung vom Joch ihrer Bedränger, der besonderen Umstände wegen, mit Waffengewalt in die Hand genommen wurde. Um dies als Ausnahme der Regel zu bestätigen, verordneten Chasal keine Erinnerung an die Waffengewalt und Eigeninitiative, sondern konzentrierten sich vollständig auf das Entzünden der „Chanuka-Lichter“. Sie sollen an unsere eigentliche Aufgabe auch in diesem jetzigen „Galut Edom-Jischmael“ erinnern, sich nämlich um unsere geistigen Vorbereitungen durch Torah, Tefila und Ma’assim Towim zu kümmern, um das Licht der Erlösung erstrahlen zu lassen. Die heutige herrschende Finsternis wird dann von alleine ein Ende nehmen – „beKarov beJamenu, Amen“.

  1. Megila 13b
  2. Mechilta 13,17 und Midrasch Schmot Rabba 20,10
  3. Midrasch Rabba Bereschit 91,5 und Tanchuma Mikez 7
  4. Bereschit Rabba 2,4
  5. Megilat Antyuchas

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