Aus dem Sefer“Scha’rei Jemei Pessach“ von Rav Jehuda Tschesner, Rav in Ofakim
1. Tora-Lernen in der Schavuot-Nacht
Es ist ein Minhag in Klall Israel, der auf dem Sohar–Buch basiert, die ganze Schavuot–Nacht wachzubleiben und sich mit der Tora zu beschäftigen.
Es werden dafür zwei verschiedene Gründe gebracht. Der Magen Avraham schreibt, dass wir damit einen Fehler von Klall Israel verbessern wollen. Denn Klall Israel verschlief an jenem Morgen, als G-tt die Tora geben wollte. Rav Chaim Palagi bringt hingegen, dass wir im Gegenteil, als Andenken an jene Nacht vor der Kabbalat HaTora, wach bleiben. Denn auch der Klall Israel blieb damals während der ganzen Nacht wach und beschäftigte sich mit der Tora, um sich dadurch auf die Kabbalat Hatora vorzubereiten.
2. Was lernt man?
Es gibt verschiedene Bräuche, was in dieser Nacht gelernt werden soll. Einige lernen den ‚Tikkun Leil Schavuot‘, wie der Schlah schreibt. Er schreibt, dass sich ein Minjan Leute versammeln soll und von der Tora, Neviim und Ketubim, von den sechs Bänden der Mischna, vom Sefer Jezira, Sohar und den Tarjag (613) Mitzvot des Rambam lernen soll.
Andere sind der Meinung, dass man in der Schavuot-Nacht keine Mischna lernen soll.
Wieder andere finden, dass man sich in dieser Nacht mit dem Lernen beschäftigen soll, das man normalerweise lernt.
Es wird auch der Brauch gebracht, das ganze Sefer Tehillim zu sagen, wahrscheinlich weil David Hamelech, der das Sefer Tehillim verfasst hatte, an diesem Tag starb.
3. Hauptsache
Die Hauptsache ist jedoch, dass man fleißig lernt und jeden Moment dieser Nacht für das Tora-Lernen ausnützt. Man soll deshalb etwas auswählen, das man gerne lernt, sodass man nicht dazu kommt, die Zeit für unnütze Dinge zu verwenden.
Es wird gebracht, dass man während der ganzen Nacht, und nach anderen Meinungen sogar bis nach der Tefillat Mussaf, darauf achten soll, kein unnötiges Gespräch zu führen.
4. Segula
Im Schulchan Aruch des Arisal wird gebracht: „Jeder, der in dieser Nacht überhaupt nicht schläft und sich mit der Tora beschäftigt, kann beruhigt sein, dass er während des ganzen kommenden Jahres am Leben bleiben und keinerlei Schaden erleiden wird.“
Rav Chaim Palagi fügt hinzu, dass man den Verdienst haben wird, Kinder und Enkel zu bekommen, die Talmidei Chachamim sind und dass man dadurch große Dinge in den oberen Welten bewirkt.
5. Schlafen während des Davenens
Einige Posskim schreiben jedoch, dass ein Mann der sich bewusst ist, dass er während des Davenens einschlafen wird, falls er die Nacht hindurch wach bleibt, sich nach dem Lernen – solange seine Kräfte es zulassen – eher schlafen legen soll.
6. Lernen nach dem Morgengrauen
Man muss das Tora-Lernen nicht unterbrechen, um eine Person zu finden, die einen mit der Birkat Hatora motzi sein kann. Man muss auch das Dawenen oder Lernen nicht unterbrechen, um sich nach dem Morgengrauen die Hände zu waschen.
7. Morgengebet nach einer schlaflosen Nacht
Weil bei verschiedenen Brachot der ‚Birkot Haschachar‘ Zweifel bestehen, ob man sie sagen kann, wenn man eine ganze Nacht wach geblieben ist, soll man sich nach Möglichkeit von einer anderen Person, die während der Nacht während mindestens einer halben Stunde geschlafen hat, mit folgenden Brachot motzi sein lassen: Bracha über Zizit (sofern man nicht ein Tallit oder ein anderes Zizit anzieht); Bracha über das Händewaschen; Elokai Neschama; Birkat Hatora (Jevarechecha und Eilu Devarim werden persönlich gesagt) und die Bracha Hama’avir Scheina. Bei den anderen Birkot Haschachar bis ‚Gomel Chassadim Tovim‘ kann man sich, wenn man möchte, auch von einer anderen Person motzi sein lassen.
Falls man nicht durch eine andere Person joze sein kann, muss zwischen verschiedenen Brachot unterschieden werden.
Die Bracha über das Händewaschen kann gesagt werden, nachdem man vor dem Dawenen auf der Toilette und zum Händewaschen verpflichtet war.
Birkat Hatora kann gesagt werden, falls man am Tag zuvor geschlafen hat, oder man kann beim Sagen der Bracha ‚Ahava Rabba‘ die Kavana haben, joze zu sein. In diesem Fall soll unmittelbar nach dem Davenen etwas gelernt werden.
Bei den anderen zwei Brachot ‚Elokai Neschama‘ und ‚Hama’avir Scheina‘ besteht eine Meinungsverschiedenheit, ob sie gesagt werden können oder nicht.
Aus der Jüdischen Zeitung (Schweiz)