1. Kapitel: (2924-3327) – Der Beginn des Galut Bawel
Nachdem König Dawid alle Feinde der Juden besiegt hatte, starb er im Jahre 2924 im Alter von siebzig Jahren. Sein ganzes Leben lang hatte er den sehnlichsten Wunsch gehegt, ein Beit Hamikdasch (Tempel) für Haschem in Jeruschalajim zu bauen. Er kaufte den Har Habajit (Tempelberg) und bereitete viel Geld für den Bau des Beit Hamikdasch vor.
Als nach seinem Tod sein Sohn Schlomo den Thron bestieg, begann dieser im Monat ljar des Jahres 2928 mit dem Bau des Beit Hamikdasch. Nach siebenjähriger Arbeit wurde es im Monat Cheschwan des Jahres 2936 beendet. Es stand 410 Jahre lang. Leider wurde es dann wegen der vielen Sünden der Jehudim durch Newuchadnezar, den König von Bawel, im Jahre 3338 am 9. Aw zerstört. Bereits in den letzten Jahren des ersten Beit Hamikdasch wussten die Chachamim, dass es nicht mehr lange stehen wird. Sie sahen, dass die Jehudim sündigten, und dass man sie nicht zurückhalten konnte. lm damaligen König Jehoijakim, der im Jahr 3316 über das Königreich Jehuda regierte, fanden die Sünder ein schlechtes Vorbild.
Drei Jahre wartete Haschem darauf, dass die Jehudim Teschuwa (Rückkehr zu G’tt) machen, lm vierten Regierungsjahr von Jehoijokim (3320) wurden sie durch Jirmijahu Hanawi (Prophet) gewarnt. Als dies auch nicht half, kam die Zeit der Strafe – Newuchadnezar. Dieser hatte sich gegen den König von Aschur empört (3319) und zerstörte dessen Hauptstadt, die berühmte Stadt Ninive. Danach nahm er das ganze Land ein, besiegte weitere Könige und eroberte ihre Länder. So gelangte das kleine Land Bawel (Babylonien, liegt im heurigen Irak), das bisher unter der Herrschaft von Aschur war, an die Spitze der Macht. ‚Bawel` wurde ein neues, grosses Königreich.
Welchen Verdienst hatte Newuchadnezar, dass er so gross wurde?
Chasal (unsere Weisen) erzählen, dass Newuchadnezar, bevor er König wurde, der Schreiber des früheren Königs von Bawel, Meroidach Bal’adon war. Einmal, als Chiskijahu, der König von Jeruschalajim, todkrank gewesen war und wieder gesund wurde, wollte ihm der König von Bawel ein Geschenk schicken, um den Grund dieses Wunders zu erfahren. In einem Brief, der mit dem Geschenk mitgeschickt wurde, schrieb der König als Begrüssungsworte: “Friede dem König Chiskijahu! Friede der Stadt Jeruscholajim! Friede ihrem grossen G’tt!“ Während der Brief geschrieben wurde, war Newuchadnezar, der eigentliche Schreiber des Königs, nicht anwesend. Als er dann später erfuhr, wie die anderen Schreiber die Begrüssung im Brief formuliert hatten, rief Newuchadnezar: „Ihr habt ihren G’tt einen grossen G’tt genannt und trotzdem zuletzt erwähnt? Er hätte als erster geschrieben werden müssen!“ Sofort lief er dem Boten nach, der sich bereits auf dem Weg befand, um den Brief zu korrigieren. Darauf sagte Haschem: „Drei Schritte lief Newuchadnezar wegen meiner Ehre, daher gebe ich ihm Ehre (Königtum) für drei Geschlechter!
Newuchadnezar zog in seinem zweiten Regierungsjahr (3320) gegen Jeruschalajim.
Der König Jehoijokim versprach, ihm untertänig zu sein, damit er ihn nicht tötet. Doch hielt er sein Versprechen nur drei Jahre und rebellierte im Jahr 3324 gegen Newuchadnezar. Zwei Jahre später kam Newuchadnezar wieder nach Jeruscholajim und liess Jehoijokim in Ketten legen. Danach wurde der gefangene König mit anderen Jehudim und einem Teil der um des Beit Hamikdasch nach Bawel gebracht. Unter den Gefangenen befanden sich auch Daniel, Chananja, Mischael und Asarija, die damals noch Kinder waren. Da Jehoijokim sehr schwächlich war, starb er nach auf dem Weg nach Bowel. Newuchadnezar setzte den Sohn von Jehoijokim, der Jehoijochin hiess, als König über Jeruscholajim ein (3327).
Dies war 11 Jahre vor der Zerstörung des Beit Hamikdasch. Der neue König war genauso schlecht in den Augen von Haschem, wie sein Vater es gewesen war. Seine Regierungszeit dauerte nur drei Monate und zehn Tage. Am Ende dieser drei Monate begab sich Newuchadnezar zum dritten Mal nach Jeruscholajim. Er schlug sein Lager ausserhalb der Stadt auf und bemühte sich gar nicht erst, in die Stadt zu kommen. Als die Mitglieder des Sanhedrins dies sahen, begaben sie sich zu Newuchadnezar und fragten ihn traurig: „Ist schon die Zeit gekommen, dass das Beit Hamikdasch zerstört wird?“ „Nein“, antwortete Newuchadnezar, “es ist noch nicht soweit! Wenn ihr mir euren König ausliefert, damit ich ihn nach Bawel mitnehmen kann, so werde ich die Belagerung abbrechen.“ Darauf eilten die Mitglieder des Sanhedrins zum König Jehoijochin und erzählten ihm, was ihnen Newuchadnezar gesagt hatte. „Jetzt überlege dir gründlich, was du zu machen gedenkst!“ schlossen sie ihre Worte.
Als Jehoijochin dies hörte, entschloss er sich, dem Wunsch Newuchadnezar’s nachzukommen.
Er nahm die Schlüssel des Beit Hamikdasch und stieg auf das Dach des Beit Hamikdasch. Dort wandte er sein Gesicht dem Himmel zu und rief: „Herr der Welt, bis jetzt haben wir das Beit Hamikdasch gehütet und die Schlüssel befanden sich in unseren Händen. Aber jetzt ist der Feind stärker, als wir. Er will den König und auch das Beit Hamikdasch nehmen. Deshalb gebe ich Dir die Schlüssel zurück und Du handle nach Deinem Willen.“ Danach warf er die Schlüssel des Beit Hamikdasch gegen den Himmel hinauf. Sie kamen nicht mehr hinunter! Manche sagen, dass plötzlich die Gestalt einer Hand erschien und die Schlüssel in Empfang nahm. Als die Fürsten von Jehudo dies sahen, wussten sie, dass die Schechina (G’ttliche Präsenz) das Beit Hamikdasch verlassen hatte und der Feind siegen wird. Darauf warfen sie sich vor Schmerz von ihren Hausdächern hinunter und starben. Nach seinem Abschied vom Beit Hamikdasch trat Jehoijochin aus dem Scha’ar Hanizuz hinaus, dem letzten Tor an der Nordseite des Beit Hamikdasch. Daher wurde es später auch Scha’ar Jechonja genannt“. Er begab sich mit seiner Mutter und seinen Dienern in die Gefangenschaft von Newuchadnezar.
Dieser liess einen weiteren Teil der Schätze des Beit Hamikdasch und der silbernen und goldenen Geräte, die Schlomo Hamelech hergestellt hatte, und das ganze Vermögen von Jehoijochin, beschlagnahmen und liess alles nach Bawel bringen. Auch das Sanhedrin, viele andere grosse Chachamim von Jehudo und alle Kriegsleute verschleppte er samt ihrem Vermögen. Zurück blieb nur noch das einfache Volk, das nun arm an Tora war. Ihrer Führung entrissen, mussten sie dem Ende des Beit Hamikdasch und ihrer endgültigen Vertreibung entgegensehen. Jetzt nutzte ihre Reue nicht mehr, ihr Urteil war bereits besiegelt. „Ach, warum haben wir nicht auf die Warnungen unserer Propheten gehört, die uns fortwährend dazu ermahnten, nicht mehr zu sündigen?!“ – klagten sie. Unsere Chachamim sagen, dass es eine grosse Gnade von Haschem war, das Sanhedrin mit den anderen Weisen vor allen anderen Jehudim in das Galut Bawel zu bringen. Denn sie gründeten in Bawel gleich nach ihrer Ankunft Lehrhäuser, in denen sie Tora lehrten. Als dann nach der endgültigen Zerstörung des Beit Hamikdasch auch das einfache Volk nach Bawel vertrieben wurde, fanden diese bereits Orte der Tora in Bawel vor. So blieb die Tora auch nach der Zerstörung des Beit Hamikdasch (Churban Habajit) bestehen. Die vertriebenen Chachamim kamen in die Stadt Nehardea und bauten dort eine Synagoge aus Erde und Steinen auf, die sie von Jeruschalajim mitgenommen hatten. Dies wird in Tehillim angedeutet: „Denn es liebten Deine Knechte ihre Steine und ihren Staub …. „ Unter den Chachamim, die mit Jehoijochin vertrieben wurden, befanden sich auch Mordechai, der zum Sanhedrin gehörte, und der Prophet Jecheskel.
Fortsetzung folgt ijH.
Mit freundlicher Genehmigung des Verlegers Hr. S. Beck (Zürich). Bestellungen des Buches «70 Golus Bowel» unter +41 44 241 43 89.