Schabbat-Gesetze in Kürze – Kiddusch, Kabbalat Schabbat und Hawdala

Datum: | Autor: Rav Binjomin Posen | Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag
kiddusch

Folge 1: Kiddusch, Kabbalat Schabbat und Hawdala

Das Anzünden der Schabbat-Lichter und‏ ‎ Kabbalat Schabbat

  1. Männer haben die gleiche Verpflichtung wie Frauen, Lichter anzuzünden; ‎der Brauch ist jedoch, diese Mitzwa der Frau zu überlassen. Es ist eine Verschönerung der Mitzwa[2], ‎dass der Mann die Lichter herrichtet. Wenn die‏ ‎Frau aus irgendeinem Grunde nicht anzünden kann, fällt die Verpflichtung auf den Mann.‎ Männer, die über‏ Schabbat verreist sind, müssen an ihrem Aufenthaltsort anzünden (z.B. im Hotelzimmer). Auch‏ ‎die Bachurim, die auswärts lernen, müssen Lichter anzünden und haben sich ihrer Pflicht durch das Anzünden ihrer Mutter nicht entledigt.
  2. Wenn man die Schabbat-Mahlzeit ‎am Freitagabend nicht in der eigenen Wohnung isst (z.B. ein Ehepaar, das bei den Eltern eingeladen ist,) ‎ gibt es verschiedene Bräuche in Bezug darauf, ob man zuhause anzündet, ‎‎oder dort, wo man isst. Wenn man in der eigenen Wohnung anzündet, muss man darauf achten, dass die Lichter noch brennen,‏ ‎wenn man nach Hause kommt, da man sonst eine “vergebliche” Bracha‏[3] gesagt hat. Dasselbe gilt für das Jom-Kippur Licht, welches noch brennen‏ muss, wenn man von “Kol Nidrei” ‎nach Hause kommt.‏
  3. Eine Frau nimmt unter normalen Umständen mit ihrem Anzünden den Schabbat auf sich[4]‎, die anderen Familienmitglieder dürfen jedoch noch ‏Arbeiten verrichten. Wenn die Frau ausdrücklich den Schabbat noch nicht auf sich nehmen möchte[5], ist dies möglich; man soll aber nur in dringenden Fällen von dieser Erlaubnis Gebrauch machen. Weil für die Frau der Schabbat mit der Beracha[6] beginnt, zündet sie die Lichter an, bevor sie (mit bedeckten Augen) die Beracha macht. Für Jomtow‎ gibt es verschiedene Bräuche in Bezug darauf,‎ ob man die Beracha vor dem Anzünden oder (wie am Schabbat‎) nachher macht. Ein Mann, der Lichter anzündet, ist damit noch nicht ‏מקבל שבת‎ und soll – wie gewöhnlich bei Mitzwot‎ – die Beracha vorher sagen.
  4. Die früheste Zeit zum Anzünden ist Plag Hamincha‎ (1¼ Stunden vor dem Sonnenuntergang‎ – entsprechend der Länge des Tages berechnet). In den meisten ‏Luchot[7] ist diese Zeit angegeben. Besonders im Sommer muss man darauf achten, nicht zu früh anzuzünden. Die späteste Zeit, wenn man mit (am Schabbat verbotenen) Arbeiten‎ aufhören muss, ist einige Minuten vor dem Sonnenuntergang.
  5. Wenn die Gemeinde schon “Bo’i beschalom”[8] gesagt hat, müssen alle aufhören, ‏Melachot[9] zu verrichten, auch wenn es noch lange vor Sonnenuntergang ist. In einer Stadt mit mehreren jüdischen Gemeinden‎ kann jede ihre eigenen Zeiten festsetzen; ein Privatminjan jedoch, auch wenn dort regelmäßig gedawent wird, muss sich nach der Haupt-Gemeinde richten[10].
  6. Auch nach dem die Gemeinde schon ‏den Schabbat auf sich genommen hat, darf man[11] noch Mincha dawenen, man soll das aber nicht in der Schul[12] tun.

Kiddusch und Hawdala ‎

  1. Auch Frauen sind haben die Verpflichtung von Kiddusch gleich wie Männer. Deshalb können sie Kiddusch nicht von einem Minderjährigen hören.
  2. Am besten ist es, Kiddusch über Wein oder Traubensaft zu machen. Sind diese nicht vorhanden oder aus gesundheitlichen Gründen nicht benutzbar, soll man am Freitagabend Kiddusch über Challot machen. In diesem Fall muss man sich vor Kiddusch die Hände waschen[13] und im Kiddusch‎ dann ‏den Segensspruch auf Brot[14] statt des Segensspruch auf den Wein[15] sagen. Am Schabbat-Morgen kann man Kiddusch über Challot nicht machen. Anstelle von Wein oder Traubensaft kann man‎ ein Getränk, das im betreffenden Land viel getrunken wird[16], wie Bier oder Fruchtsäftе (nicht Limonade) benützen. Im Notfall kann auch Kaffee mit Milch benützt werden; nur soll dieser angenehm warm sein, aber nicht zu heiß, damit man ihn schnell trinken kann. Ob man mit Schnaps ‏seine Pflicht erfüllen kann‎ ist, ist fraglich, da man nur wenig davon trinken kann. Der Kiddusch-Wein soll nicht längere Zeit unbedeckt stehen. Wenn man von einem Becher getrunken hat[17], kann der Rest erst für Kiddusch‎ gebraucht werden, wenn man etwas frischen Wein hinzugegeben hat.
  3. Einer der Tischgenossen soll ein “Mundvoll”[18]‎ (den grössten Teil eines Rewiit[19]) ohne grossen Unterbruch trinken. Es ist eine Verschönerung der Mitzwa2‏, dass alle vom Kiddusch-Becher‎ etwas trinken.
  4. Am Freitagabend darf man vor Kiddusch‎ weder essen noch trinken. Dasselbe gilt für Schabbat-Morgen, wenn man schon gedawent hat. Vor dem Dawenen jedoch darf man ohne Kiddusch trinken (nicht essen), da die Verpflichtung, Kiddusch‎ zu machen, erst nach dem Dawenen eintritt (wegen der Verpflichtung, Kiddusch am Ort der Mahlzeit zu machen‎ siehe 11). Jemand, der aus gesundheitlichen Gründen vor dem Dawenen essen muss, soll zuerst Kiddusch‎ machen. Dies ist auch für Frauen der beste Weg, wenn sie vor dem Dawenen essen wollen.
  5. Man erfüllt nur dann die Pflicht von Kiddusch,‎ wenn man am gleichen Ort, möglichst im gleichen Zimmer, auch isst[20]. Man muss mindestens ein “Olivengross”[21] essen, und zwar Brot (Challa) oder “Mesonot”[22];‎ ‎Früchte genügen nicht. Wenn man z.B. bei einem Empfang Kiddusch‎ ‎hört und nicht beabsichtigt, dort Kuchen zu essen, darf man auch kein “Lechajim” trinken, da man mit dem Kiddusch‎, den man hörte, seine Pflicht nicht erfüllt hat. Wenn man Kiddusch‎ in der Sukka‎ gemacht hat und es fängt an zu regnen, soll man dort noch mindestens ein “Olivengross” Brot essen.
  6. Wenn man am Freitag abend den Kiddusch‎ nicht gemacht hat, kann man dies den ganzen ‏Schabbat‎ nachholen, jedoch ohne “Wajechulu”[23] zu sagen. Dies kann bei einem Kranken oder bei einem unwissenden Gast der Fall sein, der am Schabbat bei Tag eingeladen ist. Man kann ihn “Motzi”‎ sein mit ‏Kiddusch[24], auch wenn man selbst schon Kiddusch‎ gemacht hat. Wenn der Gast es aber kann, ist es in diesem Fall besser, wenn er den Kiddusch‎ für sich selbst macht.
  7. Es ist eine Pflicht, den Segensspruch auf Brot (hamotzi lechem min haaretz)‎ auf zwei Challot zu machen, möglichst bei allen drei Schabbat-Mahlzeiten‎ Auch Frauen sind dazu verpflichtet. Am Freitagabend schneidet man die untere Challa an, bei den anderen ‏Schabbat-Mahlzeiten‎ und am Jomtow‎ die obere.
  8. Es gibt verschiedene Bräuche in Bezug darauf,‎ ob die Tischgenossen ihren eigenen ‏Segensspruch auf Brot machen. Am besten ist es jedoch, wenn sich alle von demjenigen, der die Challot anschneidet, ihrer Pflicht entledigen lassen, oder wenn sie zusammen mit ihm die Beracha sagen, wenn die Challot noch ganz sind.
  9. Die Verpflichtung von Hawdala‎ gilt auch für Frauen; sie sollen sich jedoch lieber von einem Mann “Motzi”[25] sein lassen. Wenn alle Männer Hawdala bereits gehört haben, ist es besser, dass die Frauen selbst Hawdala machen, als dass ein Mann sie “Motzi” ist. In diesem Fall sollen sie die Segensspruch auf das Licht[26]‎ weglassen.
  10. Wenn kein Wein vorhanden ist, kann man über ‏das landesübliche Getränk16‎ (siehe 8) Hawdala machen.
  11. Man darf vor Hawdala nichts essen oder trinken (außer Wasser), auch wenn man schon das “Ata chonantanu”[27] oder “Gesegnet, Der trennt zwischen Heiligem und Profanem”[28] gesagt hat. Befindet man sich bei Eintritt der Nacht noch mitten in der Mahlzeit, darf man fertig essen, auch wenn es sich in die Nacht hinzieht. Im Birkat Hamason muss man in diesem Fall noch ”‏Finde Wohlgefallen – רצה”‎ einschalten. Auch am Ausgang von Jom Kippur‎ oder Tischa Be’aw‎‎ (wenn er auf Sonntag fällt) muss man vor dem Essen Hawdala ‎machen.
  12. Bevor man – nach Eintritt der Nacht – Melachot verrichtet, muss man davor entweder “Gesegnet, Der trennt zwischen Heiligem und Profanem”28‎ oder im Dawenen “Ata Chonantanu” sagen. Wenn unmittelbar nach Schabbat ein Jomtow folgt, sagt man “Gesegnet, Der trennt zwischen Heiligem und Heiligem”[29]. ‎
  13. Wenn man am Schabbat-Ausgang‎ keine Hawdala gemacht hat, kann man dies bis Dienstagabend nachholen, ohne die Segenssprüche auf Gewürze und Licht zu sagen.

Fortsetzung folgt ijH.


  1. Viele Begriffe, welche in der Originalausgabe in hebräischer Sprache stehen, wurden zumeist transliteriert und manchmal übersetzt; alle Fußnoten stammen von der Redaktion von Beerot Jitzchak.
  2. הידור מצוה
  3. ברכה לבטלה
  4. ist ‏מקבל שבת
  5. שבת‎ מקבל sein will
  6. vor dem Lichter-Zünden
  7. jüdischer Kalender mit Angabe der halachisch relevanten Zeiten
  8. ‏בואי בשלום‎ – Letzte Strophe der “Lecha Dodi”-Hymne, welche seinerseits fast am Ende von Kabbalat Schabbat steht.
  9. Melachot – am Schabbat verbotene Arbeiten, im weiteren nur Melachot genannt.
  10. In konkreten Fällen sollte im Zweifelsfall eine rabbinische Autorität angefragt werden, insbesondere gilt es für heutige Verhältnisse in Deutschland (Red.).
  11. Einzelne Person
  12. Synagoge
  13. ‏ידים‎ נטילת
  14. ברכת המוציא‎
  15. ‏בורא פרי הגפן‎
  16. חמר מדינה
  17. כוס פגום
  18. ‏מלא לוגמיו
  19. ‏רביעית – das “Viertel” von einem “Lug” (Volumeneinheit). Es bestehen Meinungsverschiedenheiten bez. des Volumens des für die Bestimmung der Volumenmasse maßgeblichen Volumens eines Hühnereis. Demzufolge ist ein Rewiit gemäß den Autoritäten unserer Zeit Chason Isch und Raw Chajim Na’e 149.3 bzw. 86.4 ml.
  20. קידוש במקום סעודה
  21. ‏כזית‎
  22. ‏מזונות – Backwaren aus Getreide, die kein Brot sind und deren Beracha “bore mine mesonot” ist
  23. ‏ויכולו‎ – Bereschit 2,1
  24. D.h., für ihn den Kiddusch machen, wodurch der Gast seine Pflicht erfüllt.
  25. ihrer Pflicht entledigen lassen
  26. ‏ברכת בורא מאורי האש
  27. ‏אתה חוננתנו‎ – Einschaltung im Maariw-Gebet nach Schabbat-Ende, durch welche Schabbat von Wochentagen getrennt wird.
  28. ברוך המבדיל בין‎ קודש לחול 28
  29. ברוך המבדיל בין קודש לקודש

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