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Der lichtspendende Leuchter – Der Lohn der Tora

Verarbeitet und übersetzt von Rabbiner Dr. S. Bamberger SZL
Rabbi Jitzchak Abuaw SZL war einer der Rischonim von Chachmei Sfarad, der am Anfang des 14. Jahrhunderts der allg. Zeitrechnung lebte. Wir publizieren ausgewählte Auszüge aus seinem berühmten Werk “Menorat Hamaor” – “Der lichtspendende Leuchter.”

Das irdische Glück – Teil 1

Die Tora ist groß, sie gibt Leben denen, die sie lernen, schon in dieser Welt.

[1] [1]Mächtig ist die Lehre, sie spendet Leben in dieser und in der zukünftigen Welt, wie in Mischle[2] [2] steht, sie sind Leben, für die sie finden, und Heilung für alles Fleisch.

R‘ Joschua ben Levi[3] [3], wer auf dem Wege geht und keinen Begleiter bei sich hat, beschäftige sich mit Tora,[4] [4]”sie ist ein anmutiges Geleite”; hat er Schmerzen am Kopf, lerne er, denn sie ist ein Schmuck für dein Haupt; ebenso für Schmerzen am Hals ist sie ein Geschmeide; [5] [5]sie ist Heilung für deinen Leib und Stärkung für deine Gebeine. Und allem Fleisch bringt sie Genesung.

R‘ Jehuda ben Chija, erkenne, nicht gleicht das Walten des Heiligen, gel. sei Er, den Eigenschaften der Menschen; wenn ein Mensch dem anderen ein Heilmittel gibt, so ist es für eine Sache gut, für eine andere schlecht; aber der Heilige, gel. sei Er, hat Jisrael die Tora gegeben als Heilmittel für alles.[6] [6]

Eine Familie war in Jeruschalajim, deren Jünglinge mit achtzehn Jahren starben;

man berichtete es R’ Jochanan ben Sakkai, und er sagte, vielleicht entstammt sie dem Hause Elis, von dem es heißt[7] [7] alle Nachkommen deines Hauses werden als junge Männer sterben; geht, beschäftigt euch mit Tora, so werdet ihr leben; sie gehorchten und verlängerten damit ihre Jahre, und man nannte sie die Familie Jochanans nach seinem Namen.[8] [8]

[9] [9]Die Worte der Weisen sind gleich Stacheln und eingeschlagenen Spitzen; warum werden die Worte der Tora mit einem Rinderstachel verglichen, wie dieser die Kuh in die Furchen lenkt und dadurch Nahrung für die Menschen hervorbringt, so auch führen die Worte der Tora ihre Schüler von den Wegen des Todes zu denen des Lebens.

[10] [10] וְשַׂמְתָּם wird erklärt, סם תם ein vollkommenes Heilmittel ist die Tora. Wie wenn jemand seinen Sohn geschlagen hat und ihm ein Pflaster aus die wunde Stelle legt, indem er zu ihm spricht, mein Sohn, solange dieses Pflaster aus deiner Wunde liegt, kannst du essen und trinken was dir schmeckt, kalt oder warm baden, ohne etwas Böses fürchten zu müssen: wenn du es aber fortnimmst, entsteht eine Wucherung.

So spricht der Heilige, gel. sei Er, Kinder, Ich habe den bösen Trieb erschaffen und die Tora dafür als Heilmittel;

wenn ihr euch mit ihr beschäftigt, wird jener euch nicht schaden können,[11] [11] fürwahr, wenn du gut handelst, bist du erhaben; wenn ihr aber die Tora vernachlässigt, seid ihr dem bösen Trieb preisgegeben wie es dort weiter heißt, vor der Tür lagert die Sünde; ja, sein ganzes Trachten ist darauf gerichtet, dich zu verführen, denn nach dir ist fein Verlangen, du aber hast die Kraft, über ihn zu herrschen.[12] [12] Einmal verbot die römische Regierung dem Volke Jisrael, Tora zu lernen. Was tat R’ Akiwa?

Er ging und versammelte öffentlich das Volk, saß und erklärte aus der Schrift. Da traf ihn Papus ben Jehuda und sagte zu ihm, fürchtest du dich nicht vor dieser Nation? R’ Akiwa aber antwortete ihm, bist du Papus ben Jehuda, von dem man rühmt, er sei ein großer Gelehrter? Ich will dir ein Gleichnis erzählen, das darauf paßt. Ein Fuchs ging das Ufer eines Flusses entlang und sah, wie die Fische in Scharen von einem Ort zum anderen eilten. Er fragte sie, warum flieht ihr?

Sie sagten, vor den Netzen, welche die Menschen nach uns auswerfen. Er fuhr fort, wollt ihr nicht lieber aufs Trockene kommen, dann können wir zusammenwohnen, wie auch meine Vorfahren mit den eurigen friedlich vereint waren. Sie aber antworteten, dich nennt man das klügste von den Tieren des Waldes? Du bist nicht klug, sondern töricht: wenn wir uns schon hier im Wasser fürchten, dem Orte unseres Lebens, wie werden wir erst auf dem Trockenen ängstlich sein, wo wir sicher sterben werden!

So ergeht es uns, dem Volke Jisrael!

Wenn wir schon jetzt zittern, da wir uns mit der Tora beschäftigen, von der es heißt[13] [13], sie ist dein Leben— und die Länge deiner Tage; wie wird es uns erst ergehen, wenn wir die Tora verlassen! Man erzählt weiter, schon nach ganz kurzer Zeit wurde R’ Akiwa von den Römern ergriffen und ins Gefängnis gebracht; dasselbe geschah aber auch Papus und er kam mit R’ Akiwa zusammen. Da fragte ihn R’ Akiwa, wie kommst du hierher? Er antwortete betrübt, heil dir, R’ Akiwa, du bist um der Tora willen ergriffen worden, aber wehe Papus, ich ward um vergänglicher Dinge willen festgenommen.

Als sie R’ Akiwa [14] zum Tode führten, war gerade die Zeit, das Sch‘ma zu lesen; sie rissen ihm mit eisernen Striegeln das Fleisch vom Leibe, er aber sprach das Sch’ma, die Herrschaft des Himmels anzuerkennen; die Schüler fragten ihn, unser Lehrer, selbst in dieser Stunde erfüllst du das Gebot? Und er antwortete, alle Tage habe ich mich um diesesn Passuk willen gegrämt, du sollst den Ewigen lieben mit deiner ganzen Seele, auch wenn Er dein Leben verlangt, indem ich zu mir sagte, wann werde ich dieser Pflicht genügen können:

da jetzt dieser Augenblick gekommen ist, wie sollte ich das Gebot nicht freudig erfüllen!

Er dehnte das Wort אחד, und mit feiner Vollendung schied seine Seele, da wurde eine himmlische Stimme vernommen, heil dir, R’ Akiwa, deine Seele verließ mit dem Worte „einzig“ den Körper. Die Engel des Dienstes sagten vor dem Heiligen, gel. Sei Er, ist das die Tora und ihr Lohn?;[14] [15] durch deine Hand mögen sie sterben, die nach der Zeitlichkeit dahingehen, deren Anteil am Leben war; mit deinem Gute fülle ihren Leib, und ihre Kinder mögen satt werden, und ihren Überfluß mögen sie ihren Sprößlingen zurücklassen. Der Heilige, gel. sei Er, erwiderte ihnen, ihr Anteil ist im ewigen Leben. Und eine himmlische Stimme rief, heil dir, R’ Akiwa, du gehst ein in das Leben der zukünftigen Welt.[15] [16]

R’ Elieser,[16] [17] “wenn du hören wirst auf die Stimme des Ewigen, deines G-ttes”; das ist aber nicht deinem Belieben anheimgegeben, denn gemeint sind die zehn Gebote, die von G-ttes Stimme dir verkündet worden sind; und tust, was recht ist in Seinen Augen, das sind die Morallehren der Agada: lauschst auf Seine Gebote, die Gesetze der Tora, und hütest alle Seine Satzungen, die Vorschriften für die jüdische Ehe; so werde Ich all die Krankheiten, die Ich auf Mizrajim gelegt habe, von dir fernhalten; der Heilige, gel. sei Er, spricht zu Jisrael, die Lehre, die Ich euch gegeben, bewahrt euch gesund…

“Wer Worte der Tora findet, der hat Leben gefunden”;

trifft er einen Menschen, der mehr Weisheit besitzt, als er hat, und lernt von ihm ein Wort oder einen Abschnitt, so hat er Leben gefunden.

[17] [18] “Der Ewige zeigte ihm ein Holz, er warf es ins Wasser, da ward das Wasser süß”, R’ Natan sagt, es war das bittere Holz des Hardusniabaumes, manche sagen die bitteren Wurzeln des Feigen- oder des Granatapfelbaumes, die Erklärer der im Schriftvers enthaltenen moralischen Anwendungen sagen, Er zeigte ihm das Wort der Tora, denn diese wurde ein Baum des Lebens genannt.

R’ Jizchak ben Aba, die Tora heißt der Baum der Lebenden, da sie allem, was lebt, lieb ist.

R’ Judan, die Tora gleicht dem Baum des Lebens im Garten Eden, wie dieser für alle Kinder der Welt bestimmt ist, so auch die Tora für-alle Lebenden, sie ins Reich der Einigkeit zu führen.[18] [19] “Lehre mich den Pfad des Lebens”, trug R’ Asarja vor, flehte David vor dem Heiligen, gel. sei Er, und der Ewige erwiderte ihm, wenn du um Leben bittest, so schaue auf die Tora, sie ist der Baum des Lebens. “Reiche Freude ist vor deinem Angesichte”, Schrift und Mischna, Talmud, Halachot und Agadot und die Bemerkungen der Weisen.[19] [20] R’ Schimon bar Jochai,[20] [21] gleich den Tagen des Baumes sind die Tage meines Volkes; der Baum ist die Tora; wer ist nun um des anderen Willen erschaffen worden?

Doch die Tora um Jisraels willen. Daraus ergibt sich, da die Tora, die für Jisrael erschaffen worden, immer und in allen Ewigkeiten besteht, so muß das Volk Jirael, das um seiner eigenen Frömmigkeit willen ins Dasein gerufen worden ist, sicherlich unvergänglich sein.[21] [22] “Wie Regen falle meine Ermahnung herab”; unter לֶקַח ist die Tora zu verstehen,[22] [23] eine gute Ermahnung habe Ich euch gegeben, verlasset Meine Tora nicht,[23] [24] erwerbet meine Zurechtweisung und nicht Silber;[24] [25] “höre, mein Sohn, auf die Zurechtweisung deines Vaters und verlasse nicht die Lehre deiner Mutter…”

Wie der Regen der Welt Leben bringt, so auch die Tora.

Der Regen ist aber nicht immer allen Menschen angenehm, wer seine Grube voll Wein hat oder seine Kelter und seine Tenne besorgen muß, grämt sich, wenn es gerade regnet; die Worte der Tora aber gleichen auch dem Tau, “wie Tau riesle meine Rede”, mit diesem freuen sich alle Geschöpfe, so auch mit der Lehre. “Wie Sturmregen aufs Grün”, der herabstürzt und die Pflanzen zur Entfaltung bringt, daß sie mächtig emporsprießen, so wirkt die Tora auf den Menschen ein…. “Wie Landregen aufs Gras”, dieser verleiht den Gewächsen Lieblichkeit und Wohlgeschmack, so erquickt die Lehre den Körper und belebt die Seele. – Die Beschäftigung mit der Tora schützt vor dein Todesengel.

[25] [26] R’ Jochanan, wenn ein Lehrer eine der Zufluchtsstädte aussuchen muß, so begleitet ihn seine Jeschiwa dahin. R’ Jochanan sagte aber doch, die Worte der Tora selbst bilden einen Schutzwall. So heißt es unmittelbar nach der Aufzählung der Zufluchtsstädte,[26] [27] “Bezer in der Wüste”… und dies ist die Lehre. Das ist nur in der Zeit, während er lernt, nachher aber nicht.

Manche sagen, die Tora bewahrt vor dem Tode.

R’ Chisda saß und lernte im Lehrhaus. Am Tage, da er sterben sollte, konnte ihm der Todesengel nicht nahen, da sein Mund nicht aufhörte, Worte der Tora zu sprechen. Da setzte sich der Engel auf die Säule, die das Dach trug, daß diese zerbrach und R’ Chisda durch das Geräusch innehielt, in diesem Augenblick starb er.[27] [28]

Auch R’ Chija vermochte der Todesengel nicht zu nahen: eines Tages erschien er ihm als armer Mann, der an die Tür klopfte. R’ Chija sagte, ich will hinausgehen und ihm Brot reichen. Da sprach der Fremde, über einen Armen erbarmst du dich, warum nicht über mich? Er zeigte ihm einen feurigen Stab, das Abzeichen des Todesengels, und R’ Chija vertraute sich ihm an.

[28] [29]Der Todestag des Königs David war ein Schabbat.

David lernte den ganzen Tag, so daß der Tod nicht hereinkommen konnte. Hinter dem Hause befand sich ein Park, da schüttelte der Engel die mächtigen Bäume, daß ein außergewöhnliches Geräusch entstand. Der König begab sich hinaus, nach der Ursache zu sehen; da gab eine Stufe unter seinem Fuße nach, daß er einen Moment aufhörte und sein Geist von hinnen schied.

[29] [30]Rawa sah R’ Hamenuna lange im Gebet verweilen und sagte von ihm, “sie verlassen das Leben der Ewigkeit, die Tora, und beschäftigen sich mit dein Leben der Stunde”, der Bitte um Ernährung. Und das Gebet wird doch der Opferdienst des Herzens genannt: weil es sich aber auf irdische Dinge bezieht, heißt es nur Leben der Stunde, während die Tora für die Einigkeit vorbereitet: wie unsere Weisen sagen, das Studium der Tora überwiegt alles.

  1. Awot 6 R’ Meir [31]
  2. Pirke Awot 4,22 [32]
  3. Eruwin 54a [33]
  4. Pirke Awot 1,9 [34]
  5. Pirke Awot 3,8 [35]
  6. Rosch Haschana 18a [36]
  7. Schmuel 1 2,33 [37]
  8. Chagiga 3b [38]
  9. Kohelet 12,11 [39]
  10. Kidduschin 30b [40]
  11. Bereschit 4,7 [41]
  12. Brachot 61b [42]
  13. Dewarim 30,20 [43]
  14. Tehillim 17,14 [44]
  15. Tanchuma [45]
  16. Schemot 15,26 [46]
  17. Mechilta Eyod. 15,25 [47]
  18. Tehillim 16,11 [48]
  19. Midrasch Kohelet [49]
  20. Jeschaja 65,22 ??? [50]
  21. Sifre Dewarim 32,2 [51]
  22. Pirke Awot4,2 [52]
  23. Pirke Awot 8,10 [53]
  24. Pirke Awot 1,8 [54]
  25. Makkot 10a [55]
  26. Dewarim 4,43 [56]
  27. Ähnlich Moed Katan 28a [57]
  28. Schabbat 30b [58]
  29. Schabbat 10a [59]